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Das Koalitionsabkommen der Dreierkoalition ist eine Zumutung, wie in den letzten Tagen hier an Hand etlicher Beispiele gezeigt worden ist. Es wimmelt in jenem Konvolut von unklaren und unverdauten Schlagworten, die alles oder nichts bedeuten können, von Leerformeln, Widersprüchlichkeiten, Banalitäten und gezählten 178 "Evaluierungs"-Ankündigungen (auf Deutsch bedeuten diese entweder: "Wir sind uns da total uneinig" oder "Nix Genaueres wissen wir nicht, was wir überhaupt wollen"). Die Summe all dieser Dinge macht das Programm mit seinen vielen angekündigten Mikro(über)regulierungen, vielen unfinanzierbaren Versprechungen und ohne ein einziges wirklich mutiges – dabei eigentlich dringend notwendiges – Projekt einer strukturellen Einsparung zu einer einzigen Zumutung. Das Programm wurde wohl vor allem deshalb auf so viele Seiten ausgestreckt, damit kein Bürger es sich antut, die 211 Seiten auch wirklich zu lesen. Doch kaum hat sich die neue Regierung so kleiderlos demaskiert, tun es ihnen die Freiheitlichen gleich. Sie haben jetzt den Österreichern eine ähnliche Zumutung präsentiert, die in ihrer Unprofessionalität ebenfalls schockiert. Das sei in der Folge im Detail analysiert. Da die Grünen, die zweite Oppositionspartei, sowieso nur Tag und Nacht schreien können: "Klima, Klima, Klima!", ist das Urteil nicht übertrieben: Die österreichische Parteienlandschaft und ihr intellektueller Zustand sind derzeit ein wirkliches Drama.
Nichts anderes als eine ähnliche Zumutung wie das Koalitionspapier ist der von der FPÖ jetzt als Petition unter die Menschen gebrachte "Entschließungsantrag" zum Beschluss eines "Verbotsgesetzes für den politischen Islam". Abgesehen davon, dass es reiner Politaktionismus ist, für etwas eine Petition zu veranstalten, was mit genau der gleichen Wirkung auch ein paar freiheitliche Abgeordnete beantragen können, ist das Ganze auch inhaltlich eine Zumutung.
Denn es erweckt wie das Schlagwort von der "Festung Österreich" den Eindruck, eine Lösung für ein zweifellos riesiges und ungelöstes Problem der Österreicher bringen zu können, also in diesem Fall für die verheerenden Folgen der rapiden Islamisierung des Landes. Was aber dieser juristische Pfusch in keiner Weise kann.
Denn man kann rechtlich nicht etwas verbieten, was man nicht einmal zu definieren imstande ist! Das gilt im konkreten Fall für die beiden Formulierungen "Politischer Islam" und "Islamisten", die zahllose Male in verschiedenen Zusammensetzungen in dem FPÖ-Papier vorkommen. Auch wenn diese Worte schon tausendfach in journalistischen Texten oder Politikerreden verwendet worden sind, werden sie von den Freiheitlichen in ihrem Antrag nie präzise definiert. Nicht zu sagen, was unter den verwendeten und zentralen Begriffen überhaupt zu verstehen ist, geht zwar in einer Rede problemlos und ist in Medien geradezu die Tagesordnung, das ist in einem Gesetzestext aber völlig inakzeptabel. Das ist eine schwere Unprofessionalität der Freiheitlichen.
Ein solches unbestimmtes Verbotsgesetz würde entweder von den Gerichten zu Recht als unanwendbar behandelt, selbst wenn es ein Verfassungsgesetz sein sollte. Oder aber jeder Richter entscheidet völlig willkürlich, wen er eigentlich als "Islamisten" behandeln, was genau er als "politischen Islam" verbieten will.
Sehr oft werden die "Muslimbrüder" als Inbegriff des "politischen Islams" bezeichnet. Diese Geheimorganisation will ihre Ziele zwar auf demokratischem Weg erreichen, aber die eigentlichen Ziele sind dann gar nicht mehr demokratisch: Die Muslimbrüder wollen die dauerhafte Herrschaft des Islam, seines Rechtssystems, der Scharia (die mehr ein Unrechtssystem ist), ihre steinzeitlichen Strafen und die dauerhafte Degradierung aller Nichtmuslime zu weitgehend rechtlosen und jederzeit unter den billigsten Vorwänden verfolgbaren Untertanen durchsetzen (zu letzterem Aspekt: Siehe etwa Pakistan). Die Muslimbrüder wollen auf demokratischem Weg an die Macht kommen – diese dann aber nie wieder abgeben: wie etwa der Muslimbruder Erdogan in der Türkei, der einfach Kirchen in Moscheen verwandelt hat und, so wie Diktator Putin, Oppositionelle einsperrt. Ob sie das Ganze nun Kalifat nennen oder nicht, ist im Ergebnis absolut sekundär.
Die Gleichsetzung des Begriffs "politischer Islam" mit den Muslimbrüdern wäre zwar theoretisch brauchbar, damit das freiheitliche Verbotsgesetz juristisch seriös wird. Aber die Muslimbrüder kommen in dem FPÖ-Text gar nicht vor. Außerdem wäre das sowieso eine gewaltige Einschränkung auf eine einzige Organisation; denn die Muslimbrüder sind nur Sunniten, womit die besonders bedrohlichen Schiiten zwischen Libanon und Iran ohnedies nicht erfasst wären. Außerdem führen (oder veröffentlichen) die Muslimbrüder keine Mitgliederliste, weshalb jeder, der öffentlich als Muslimbruder bezeichnet wird, dagegen mit Erfolg klagen kann. Was viele von ihnen auch schon getan haben.
Wie auch immer. Die Muslimbrüder sind jedenfalls auch kein taugliches Objekt, um erkennen zu können, wer eigentlich mit dem von den Freiheitlichen verlangten Gesetz gemeint ist.
Die von den Freiheitlichen in ihrem Vorschlag für ein "Verbotsgesetz für (eigentlich gemeint: gegen) den politischen Islam" verwendeten Ausdrücke "Islamist" und "politischer Islam" teilen zwar irgendwie in gute und in schlechte Moslems, ohne dass man aber die Trennlinie erkennen könnte. Tatsache ist, dass die in unseren Augen wirklich guten Muslime nur eine kleine Minderheit sind. Das wären diejenigen, die sich klar und dauerhaft (also nicht nur solange, bis die Moslems durch ihren Geburtenfreudigkeit die Mehrheit bilden) der europäischen Rechtsordnung unterordnen, die Männer und Frauen wirklich gleich behandeln, die unter Religionsfreiheit auch die Freiheit verstehen, vom Islam zu einer anderen Religion wechseln zu können, die auch in einem mehrheitlich islamischen Staat alle Christen, Juden oder Atheisten gleich behandeln würden.
Sie stellen aber eben nur eine kleine Minderheit unter den Moslems dar. Das sieht man etwa bei Wahlen: Von Algerien bis Ägypten haben fast immer Gruppierungen gewonnen, sobald demokratische Wahlen möglich geworden sind, die einen islamischen Staat wollen. Um das zu verhindern, stürzte dort dann rasch eine Militärdiktatur wieder die Parlamente.
Das wirklich Fatale: Selbst die radikalsten Muslime können sich bei ihren Taten auf zahllose Zitate aus dem Koran berufen. Egal, ob sie wie die Moslembrüder "nur" politisch um die irreversible Schaffung eines islamischen Staates kämpfen wollen oder ob sie gleich mit Messer, Autos und Bomben die verbliebenen "Ungläubigen" dezimieren wollen.
Und noch schlimmer: Während die Christen penible Mitgliederlisten – Taufregister genannt – führen, gibt es so etwas im Islam nicht. Wir wissen also gar nicht, wer ein Moslem ist. So hat es beispielsweise die ausgeschiedene Justizministerin Zadic stets verschwiegen, ob sie noch dazugehört.
Bei den Moslems gibt es auch sonst kein äußeres Zeichen der Zugehörigkeit, wie es etwa die Beschneidung bei männlichen Juden ist. Es gibt zwar bei einem Teil der Frauen das Kopftuch – viele Frauen tragen aber keines, und sind doch eindeutig Musliminnen.
Blickt man ins Lexikon, dann ist "ein Muslim (arab. muslim, "der sich Ergebende") eine Person, die sich durch bewusste Hingabe an den Willen Gottes (Allah) zum Islam bekennt." Auch diese "bewusste Hingabe" ist rechtlich nicht fassbar.
Dennoch bedeutet sie im Islam Katastrophales: Denn der Wille Gottes ist jedenfalls im Koran zu finden (nach mehrheitlicher Auffassung auch in anderen Texten). Und dort stehen die fürchterlichsten Dinge wie Mordaufrufe gegen Christen und Juden, wie die Schlechterstellung von Frauen, wie das Handabhacken bei Dieben.
Damit ist der Islam als ganzer, damit ist auch ein rein religiöser Islam (wie ihn manche imaginieren) ein viel größeres Problem als jede andere Religion. Denn es gibt keinen abgrenzbaren politischen Islam, der ganze Islam ist politisch.
Die entscheidende Grundfrage, was der "politische Islam" oder der Islamismus zum Unterschied von einem nicht politischen Islam eigentlich ist, bleibt also auch bei den Freiheitlichen unbeantwortet. Damit ist der ganze FPÖ-Vorschlag unbrauchbar.
Unbrauchbar ist aber auch sonst vieles, was die Partei gerne in ein solches Gesetz hineinschreiben würde.
Irgendwann gibt man es auf, sich weiter durch diesen freiheitlichen Antrag zu kämpfen. Er ist, höflich ausgedrückt, in seiner rechtlichen, sprachlichen, logischen Qualität in die gleiche Kategorie wie das Koalitionsabkommen zu reihen. Einziger Vorteil: Er ist nur drei Seiten lang.
Man geniert sich als Österreicher für beides. Denn beides beansprucht für sich, ein ganz zentrales Dokument zu sein.
PS: Natürlich schwirrt bei diesem Verbotsgesetz-Vorschlag auch der freilich nie ausgesprochene Gedanke an das "Bundesverfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP" durch den Raum. Der große Unterschied ist halt, dass die NSDAP im Unterschied zum "politischen Islam" eine klar und konkret fassbare Organisation gewesen ist. Und dass es eben sprachlich ein Verfassungsgesetz "über das Verbot der" und nicht "für die" NSDAP gewesen ist. Aber gewiss: 1947 hat man halt noch Deutsch gekonnt. Wenn man aber schon bei so grundlegenden Definitions- und Sprachaspekten scheitert, dann ist damit auch der unterschwellige, wenn auch unausgesprochene Versuch gescheitert, jenes alte Verbotsgesetz zu relativieren.