Das Dahinsiechen der Zeitungen, die drei Jahrhunderte als zentrales Kulturgut und vierte Gewalt im Staat gegolten haben, hat sich dramatisch beschleunigt. Die Entwicklung erinnert an das Aussterben der Pferdekutschen. Dabei sind das ständige Dünner- und Teurerwerden der Zeitungen nur die oberflächlichen Krisenzeichen. Viel umwälzender ist das, was österreichische Verleger im Geheimen derzeit als Reaktion auf die Flucht der jungen und mittelalterlichen Landsleute vom Papier in die Welt des Internets vorbereiten. Der Hauptgrund, warum der Plan noch nicht öffentlich angekündigt worden ist: Die Verleger trauen einander nicht. Jeder fürchtet, wenn einer vorprescht, könnten die anderen verabredungswidrig im letzten Moment abspringen (so wie vor Jahrzehnten die "Kronenzeitung" das "Kleine Volksblatt" ausgetrickst hat: Beide hatten geheim vereinbart, am gleichen Tag auf das kostengünstige, aber bei vielen Lesern unbeliebte Großformat umzusteigen – dann hat das am vereinbarten Morgen aber nur eine getan, was der ÖVP-Zeitung schwer schaden sollte …).
Die Verleger sind zu Recht misstrauisch gegen die Konkurrenz, ist das doch keine Branche der noblen Umgangsformen. Sie müssen aber auch vorsichtig sein, weil gleichzeitige Veränderungen von Gerichten als kartellartiges Verhalten bestraft werden könnten. Dennoch scheint ziemlich sicher: Die Verleger werden es tun. Weil sie es tun müssen.
Die wichtigste Maßnahme wird im gänzlichen Wegfallen der Sonntag-, Montag-, Dienstag- und voraussichtlich auch Mittwoch-Zeitungen bestehen. Denn diese Ausgaben sind die teuersten: Da gibt es am wenigsten Anzeigen; zugleich kommen am Wochenende die Drucker, die Vertriebsmitarbeiter und die Journalisten als Folge der kollektivvertraglichen Regelungen besonders teuer.
An diesen papierfreien Tagen werden die Leser dann nur noch via Internet bedient.
Für eine solche Entwicklung gibt es prominente internationale Vorbilder. Denn auch in anderen Ländern geht es wirtschaftlich längst ans Eingemachte. So erscheint die "New York Times" während der ersten Wochenhälfte nur noch online. Dabei ist die NYT wirtschaftlich noch durchaus in den schwarzen Zahlen. Dabei gilt sie als die weltweit führende Zeitung. Dabei hat sie schon über elf Millionen Internet-Abonnenten. Das ist aber rund 20 Mal so viel wie die Zahl der verbliebenen Print-Abonnenten.
Dieser Teilrückzug aus dem Papier ist für eine Zeitung vom globalen Rang der NYT doppelt vorteilhaft: Denn Online-Abonnenten laufen ihr weltweit zu. Die kostentreibenden Print-Abonnenten sind hingegen fast nur in den USA relevant. (Kleiner diesbezüglicher Hinweis in eigener Sache: Auch dieses – im Vergleich gewiss mikroskopische – Tagebuch hat als reines Online-Medium eine überraschend globale Präsenz. Google-Analytics zeigt Zugriffe aus 191 Ländern; nur 61 Prozent aller Zugriffe kommen aus Österreich.)
Freilich ahnen die österreichischen Zeitungs-Verleger die Gefahr des "New York-Times"-Modells: Denn gewöhnt man die derzeit noch treuen Papier-Leser einmal noch mehr ans Internet, dann besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in der zweiten Wochenhälfte Informationen nur noch übers Internet holen und auf die Papierzeitung ganz verzichten werden. Damit würde der Tod der Zeitungen gleichsam automatisch noch mehr beschleunigt werden.
Zwar träumen die österreichischen Verleger davon, dass die Abonnenten eines Online- oder eines gemischten Online/Print-Abos fast so viel zahlen wie derzeit für das Print-Abo. Das aber ist eine totale Illusion. Denn in der Realität herrscht im Internet sehr verbreitet das (zumindest anfangs auch von vielen Zeitungsverlagen selbst praktizierte) Prinzip "Content is free".
Dieses Prinzip wird in Österreich insbesondere durch den frei zugänglichen Internet-Auftritt des ORF noch zusätzlich forciert. Auf orf.at liest man im Wesentlichen die wichtigsten Nachrichten gratis. Der ORF hat in raffinierter Weise sein Internet-Angebot ausgebaut – ganz im Gegensatz zu dem, was er bei der völlig verunglückten Medienreform der Ministerin Raab zu tun versprochen hatte.
Zwar schäumen die Verleger hinter vorgehaltener Hand über die zahllosen Privilegien und gebrochenen Versprechen des ORF. Doch im Gegensatz zu früheren Zeiten fühlen sie sich heute sogar schon dazu zu schwach, um deswegen einen offenen Konflikt mit dem ORF zu wagen. Stattdessen hofft jede einzelne Zeitung auf irgendwelche Brosamen vom Tisch des Zwangsgebührenmillionärs, etwa auf Einladungen zu Pressestunden, etwa auf eine gelegentliche Erwähnung, etwa auf mitternächtliche Übertragung eines einmal jährlich stattfindenden Zeitungs-Events (wie die Wahl des Sportlers oder Österreichers des Jahres, wie die "Romy"-Wahl, wie ein regionaler Faschingsumzug).
Es wird daher für die Zeitungen extrem schwer sein, die Online-Leser zu zahlenden Abonnenten zu machen. Deren Zahl wird wohl weit unter jener der Abonnenten liegen, wie es sie in den Zeiten der Print-Blüte gegeben hatte.
Die 20 traurigsten Fakten zur Lage der österreichischen Printmedien:
- Keine einzige österreichische Zeitung wäre heute ohne die Gelder überlebensfähig, die aus Steuermitteln auf dem einen oder anderen Weg an sie fließen.
- Binnen nur zehn Jahren ist die tägliche Auflage der bezahlten Papier-Tageszeitungen in Österreich um ein Drittel gefallen (von 1,8 Millionen auf 1,2 Millionen).
- 2013 haben noch 70 Prozent der erwachsenen Österreicher eine gedruckte Zeitung gelesen, zehn Jahre später nur noch 51 Prozent.
- Aber auch wenn man die Leser der Printzeitungen mit den Lesern des Online-Auftritts der gleichen Zeitung zusammenzählt, ist deren Totalreichweite von 70 auf 60 Prozent gesunken.
- Auch die Vergleichswerte in anderen Ländern geben den Verlagen keine Hoffnung. Denn fast überall wird heute sogar noch weniger Zeitung gelesen. Anderswo sind Zeitungen viel mehr am Kiosk gekauft worden. Diese Gewohnheit können die Käufer noch viel leichter aufgeben, als sie ein Zeitungsabo kündigen können. (Lediglich die Schweizer und die Skandinavier lesen noch etwas mehr eine Zeitung als die Österreicher: Offenbar haben die Zeitungen für kleinere Staaten eine relativ(!) höhere Identitätsbedeutung als für große).
- Lediglich bei den über-50-Jährigen Österreichern liest noch die Mehrheit eine Tageszeitung aus Papier.
- Bei den über-70-Jährigen sind es sogar noch drei Viertel.
- Die jungen Erwachsenen lesen hingegen nur noch zu einer Minderheit Papierzeitungen, je jünger desto weniger.
- Aber auch wenn man die auf Papier und im Internet gelesenen Zeitungen addiert, gibt es dramatische Verluste. Binnen zehn Jahren ist ihre Zahl von 1,8 auf 1,4 Millionen gefallen. Vor allem die Jüngeren lesen im Internet kaum noch die Texte der Tageszeitungs-Redaktionen.
- Der Rest informiert sich aus anderen Internet-Medien. Fragt man die Österreicher nach ihrer Hauptnachrichtenquelle im Internet, so liegen die "Sozialen Medien" mit 15 Prozent an der Spitze. Bei den Jungen sind diese "Sozialen Medien" sogar zu unglaublichen 42 Prozent Hauptnachrichtenquelle.
- Im Schatten dieses gewaltigen Leserverlustes werden die Verlage durch die Verluste an Werbeeinnahmen noch mehr getroffen.
- So gingen die Einnahmen der Republik aus der Werbeabgabe von 2022 auf 2023 um 2,6 Millionen Euro zurück (obwohl das konjunkturell ein gutes Jahr war), die aus der Digitalsteuer stiegen hingegen gleichzeitig um 7 Millionen.
- Der weltweite Trend geht in die gleiche Richtung: In den letzten fünf Jahren sind die Werbeeinnahmen aller Zeitungen der Welt aus dem Papier-Geschäft von 35 Milliarden auf 21 heruntergerasselt, die aus dem Online-Geschäft, das sie verzweifelt hochzuziehen versuchen, hingegen nur geringfügig gestiegen (von 10,6 auf 11,9 Milliarden).
- Die hochentwickelten amerikanischen Kommunikationsplattformen wie Google und Amazon kassieren weit mehr Werbegeld als alle klassischen Medien der Welt zusammen (Zeitungen plus Linear-TV und -Radio). Gegenüber den Zeitungen alleine sind deren Umsätze sogar mehr als acht Mal so groß.
- Auch im ORF sind die Werbefenster nicht mehr ausgebucht (ganz abgesehen davon, dass die relativ teuersten Plätze rund um die ZiB praktisch nur noch Medizinartikel für ältere Menschen füllen; das ist aber an sich logisch, da auch das Durchschnittsalter der ZiB-Zuschauer im Pensionistenalter liegt).
- Eine besonders üble Folge der Zeitungsagonie ist, dass sie immer empfänglicher für Bestechungskorruption wird.
- Es gibt eine direkte Korrelation zwischen dem Erfolg einer politischen Partei bei Wahlen und der Größe des Anteils ihres Werbeaufwands, den sie in Internet-Medien investiert. Bei den Zeitungen ist die Korrelation viel weniger evident.
Einige klare Folgerungen aus diesem Megatrend für die Zukunft:
- Nichts spricht dafür, dass es bald zu einem Stillstand des Zeitungssterbens kommen würde.
- Das Alter wird immer höher steigen, ab dem Zeitungslesen noch zu den Gewohnheiten zählt.
- Häufige Formen des Zeitungssterbens werden unter den Stichwörtern Fusion oder Mutationsausgabe laufen.
- Die Ankündigung von "Medienminister" Babler, die "Wienerzeitung" in Print wiederbeleben zu wollen, ist angesichts dieser Trends und angesichts des Abgangs sämtlicher Qualitäts-Redakteure aus der "Wienerzeitung" eine absurde und naive Idee, um Steuergeld zu verbrennen.
So wenig der technologische Trend aufhaltbar gewesen wäre, so eindeutig ist doch, dass die österreichischen Zeitungsverlage dramatische Fehler gemacht haben:
- Die Redaktionen drängen sich inhaltlich und ideologisch mit wenigen Einzelausnahmen immer enger zu einem linksliberal-grünen Mainstream zusammen. Ursache dieser Entwicklung ist einerseits innere Verunsicherung in einer unsicher gewordenen Branche (jeder einzelne Journalist hofft, vor Tadel sicher zu sein, wenn er dasselbe tut, was alle anderen auch tun…). Andererseits sind praktisch alle sogenannten Journalistenausbildungsinstitutionen von linksradikalen Lehrkräften geführt, was ebenfalls jeden geistigen Pluralismus verhindert.
- Dadurch fühlen sich immer mehr Österreicher bürgerlicher und konservativer Prägung von den allermeisten Zeitungen immer öfter abgestoßen. Sie haben einen inneren Widerwillen entwickelt, für etwas zu zahlen, was ihnen regelmäßig Ärger bereitet. Jene überflüssigen Ausbildungsinstitutionen haben viele Journalisten geradezu dazu angestiftet, Leser, Seher und Hörer erziehen zu wollen, was Menschen jeder politischen Richtung verärgert.
- Journalisten beschäftigen sich so gut wie alle überdies viel zu sehr mit Themen aus ihrer eigenen gesellschaftlichen Blase. Sie haben kaum Empathie für die oft völlig unterschiedliche Lebenswelt ihrer Seher, Hörer, Leser.
- Während die Redaktionen oft im Gleichschritt marschieren, haben sich die Geschäftsführungen auf das Gegenteil verlegt. Jeder Verlag konzentriert sich auf das Halten der eigenen Abonnenten und die Aktivitäten der eigenen Anzeigenabteilung im Wettbewerb mit der Konkurrenz, statt gemeinsame Schlüsse aus der gemeinsamen Todesgefahr zu ziehen.
- Die Verlage haben deshalb auch keine gemeinsame österreichische – oder europäische – Plattform für Anzeigen/Werbungs- Verkauf und -Abwicklung entwickelt und schimpfen lieber auf die viel kreativere und erfolgreichere amerikanische Konkurrenz, welche heute der Online-Welt genau mit solchen Dienstleistungen hilft.
- Die Verlage haben bis heute auch keine funktionierende gemeinsame Online-Technik für das Leserpublikum entwickelt, etwa solche für Micropayment, also für die Möglichkeit, interessante Einzelartikel aller Zeitungen und kostenpflichtigen Onlineplattformen um einen geringen Cent-Betrag zu kaufen. Gäbe es das, könnten die Leser Texte mit (hoffentlich) ganz verschiedenen politischen und ideologischen Perspektiven erwerben und vergleichen.
- Die Verlage haben auch nicht verstanden, dem zwangsgebührenfinanzierten ORF, der sich gesetzwidrig im Internet wie eine Tageszeitung verhält und dort überdies die Leser nicht mit Werbung belästigen muss, eine ähnlich attraktive gemeinsame Nachrichtenseite gegenüberzustellen, auf der die (im Grundsatz ohnedies überall gleichen!) Nachrichten zu finden sind. Sie betreiben statt dessen jeder aufwendig eigene Nachrichtenseiten, obwohl deren nachrichtlichen Inhalte alle aus der APA stammen (die Notwendigkeit der Verbesserung der von Jahr zu Jahr schlechter werdenden APA wäre übrigens eine eigene große Analyse wert).
- Ohne gemeinsame Nachrichtenseite haben die Verlage natürlich auch nicht die Chance ergreifen können, auf einer solchen Seite attraktive Anreißer zu den exklusiven eigenen Texten, Reportagen, Analysen, Recherchen, Kommentaren, Features jeder Zeitung zu vermarkten.
- Sie haben, statt irgendwelche kreative Ideen zu entwickeln, immer nur bei der Politik um noch mehr Geld angeklopft.
- Sie haben als Lieblingsbeschäftigung, ständig über die bösen Hightech-Amerikaner zu schimpfen – statt zu begreifen, dass etwa Google in seinem Werbe-Hauptgeschäft nichts anderes ist als eine gemeinsame Plattform zum Werbungsverkauf für all jene meist kleinen Medien, die, wie dieses Tagebuch, keine eigene Anzeigenabteilung haben, die stattdessen ihre Werbeflächen fast aufwandfrei über Google füllen (in diesem Tagebuch gibt es für die zahlenden Abonnenten absolut werbefreie Seiten, die Google-Inserate und einige wenige direkt verkaufte Sujets werden nur von den Nicht-Abonnenten gesehen).
Die Google-Inserate in vielen mit den Zeitungen konkurrierenden Online-Medien sind nicht nur für diese vorteilhaft. Sie haben noch einen weiteren, auch für die Leser wichtigen Vorteil, der aber in der politischen Diskussion völlig verschwiegen wird: Die Online-Werbeflächen werden von Google in einer Art Versteigerungsverfahren an die Werbenden verkauft und durch eigene Google-Algorithmen in den mitmachenden Medien platziert, die wieder je nach Zahl der Zugriffe bezahlt werden. Dadurch können weder die Werbenden bestimmen, auf welchen Seiten ihre Sujets erscheinen, noch haben die Online-Medien eine Mitsprache, welche Werbung bei ihnen erscheint (Sie können im Vertrag mit Google nur generell bestimmte Typen von Inseraten ausschließen, etwa solche für Waffen). Dadurch ist es im Unterschied zur österreichischen Medienrealität absolut unmöglich, dass ein Inserent Einfluss auf die Inhalte eines Mediums nehmen kann.
Zeitungen sind für solche Einflüsse hingegen umso anfälliger, je notleidender sie sind. Und das sind sie ja heute alle. Dabei geht es genauso um Einfluss durch Politiker über freihändig von ihnen vergebene Inserate und "Kooperationen" aus Steuergeldern, wie auch um die Wünsche werbender Unternehmen. Dabei geht es nur selten direkt um plumpe Gefälligkeitsartikel für die Inserenten, aber viel stärker darum, dass negative Aspekte kaum geschrieben werden.
Das ist eine Art vorweggenommenen Gehorsams: Über die großen und intensiv werbenden Möbel- und Handelshäuser etwa wird man in klassischen Medien mit Sicherheit erst dann etwas Kritisches lesen, wenn sie schon knapp vor der Insolvenz stehen. Ähnlich erfreut sich auch jeder Wiener Bürgermeister seit Jahrzehnten einer wohlwollenden Behandlung. Ganz zufällig ist die am meisten von den Regierungskollegen werbende Ministerin Gewessler in den Medien immer sehr gut weggekommen. Solche gute Behandlung genießen auch die Wohnbaustadträte, die ein wichtiges Werbevolumen zu vergeben haben, wie einst ein gewisser Werner Faymann in dieser Funktion erkannt hatte …
Trotz – oder gerade wegen all dieser Phänomene sei eindringlich betont: Für eine funktionierende Demokratie ist eine ausreichende Anzahl an gebildeten Journalisten unverzichtbar, die ohne wirtschaftliche Not und ohne Abhängigkeit von kommerziellen oder politischen Bestechungsinseraten recherchieren, analysieren, kommentieren. Die aber auch den Mut zu eigenständiger Vielfalt haben, und sich nicht wie eine Herde Schafe in ihrer ideologischen Position eng zusammendrängen. Diese Herde könnte man auch Mainstream nennen.
Daher klingt es auch positiv, wenn im Koalitionsabkommen eine ganze Reihe von Förderungen für die Zeitungen ins Auge gefasst ist. Jedoch spricht aus Sicht der Bürger auch etliches massiv gegen noch mehr Steuergeld für die Zeitungen. Zumindest muss vorher etliches geklärt werden:
- Die Budgetnot müsste jedenfalls zu einem dreifachen Überdenken jedes Euros führen, der da für Medien ausgegeben wird;
- VOR jeder Medienförderung muss eine verfassungsrechtliche Regelung fixiert werden, die ganz, ganz strenge Regeln verlangt, wie Geld aus öffentlichen Zwangsmitteln an Medien fließen darf.
- Diese Regeln müssen auf die absolute Gleichberechtigung aller Medien abzielen. Es muss darum gehen, jede Möglichkeit der Medienbeeinflussung durch Inserate, also der Korruption zu stoppen. Diese Regeln müssen nicht nur für alle Gebietskörperschaften gelten, sondern auch für Kammern, für alle sonstigen öffentlich-rechtlichen Gebührenkassierer, für alle Unternehmen in öffentlichem (Teil-)Besitz, aber auch für alle Bezieher öffentlicher Subventionen, wie es etwa die NGOs sind. Ziel muss sein, die Gefahr total auszuschließen, dass es weiter irgendein Hintertürl gibt, durch das Politiker steuern können, welches Medium öffentliche Gelder bekommt und welches nicht.
- Bei Inseraten und Kooperationen muss durch ein unabhängiges Gremium streng geprüft werden, ob es überhaupt eine objektive Notwendigkeit gibt, öffentliche Gelder auszugeben, um über ein bestimmtes Thema zu informieren. Ebenso ist beim Inhalt der Inserate vorweg zu kontrollieren, dass da inhaltlich keine versteckte Parteien- oder Politikerwerbung drinnensteckt.
- Gleichzeitig muss die Vergabe der Inserate und Werbespots durch eine unabhängige Schaltagentur optimiert werden, welche die preisgünstigsten Wege sucht, die Zielgruppe möglichst intensiv und breit anzusprechen.
- Auch die allgemeine Medienförderung, die es seit den Zeiten Bruno Kreiskys gibt, muss so gestaltet sein, dass einzelne Politiker nach Erlass des Gesetzes nichts beeinflussen können. Auch diese Medienförderung muss plattformunabhängig erfolgen (also für Papier wie Online wie Radio wie Fernsehen); und es dürfen keine ideologischen Bedingungen damit verknüpft werden:
- wie es das Vorhandensein der von der Gewerkschaft verlangten Redaktionsstatute wäre, die auf direktem Weg zu einer Rätediktatur führen könnten wie im ORF;
- wie es ein "Desinformations"-Verbot wäre (denn um überhaupt beurteilen zu können, was Desinformation ist und was nicht, müsste die Regierung im Besitz der absoluten Wahrheit sein – die nur totalitäre Diktatoren vorgeben zu haben);
- oder wie es die im Koalitionsprogramm vorgesehene Einschaltung der schwer linkslastigen "Concordia" wäre.
Bis diese Bedingungen zur Herstellung der Bestechungs- und Korruptionsfreiheit erfüllt sind, wäre es besser, wenn vorerst kein einziger öffentlicher Euro an ein Medium fließt. Denn der diesbezügliche Filz zwischen manchen Medien und der Politik ist in Österreich übler und ärger als in fast jedem anderen Land. Besonders arg hat es in der letzten Bundesregierung übrigens nachweislich die grüne Umweltministerin Gewessler getrieben, die mehr Geld zusätzlich an Zeitungen fließen hat lassen als jeder andere Minister. Aber noch weit größer sind die Bestechungssummen, die vom Imperium der Gemeinde Wien an Medien fließen.
Freilich ist der zentrale Doppelwunsch zumindest vorerst ein utopischer:
- dass in die Medienwelt Sauberkeit einkehrt;
- und dass gleichzeitig der demokratiewichtige Journalismus überleben kann.
Denn die Gier der Medien auf Steuergeld und die Gier der Politik, sich wohlwollende Medien zu schaffen, ist zu groß, ist schier unersättlich. Dies gilt umso mehr, je mehr beide in einer schweren wirtschaftlichen Krise stecken. In einer solchen Krise ist einem die eigene Glaubwürdigkeit egal.
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