Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Die dreifaltige Antwort auf die wachsende Bedrohung Putin

Von Woche zu Woche wird deutlicher, dass der russische Machthaber Putin eine Bedrohung für das ganze freie Europa ist. Bis auf etliche links- und rechtsradikale Parteien, die teilweise von Moskau finanziert werden, ist sich daher inzwischen ganz Europa einig, dass dringend viel mehr zur raschen Verbesserung der europäischen Verteidigungsfähigkeit gemacht werden muss. Dem stehen jedoch gleich neun riesige Strukturprobleme im Weg. Zugleich wird nicht erkannt, welche dreifaltige Strategie in Wahrheit die weitaus beste Antwort auf die russische Bedrohung wäre.

Beweise für die russischen Aggressionsakte gegen die gesamte EU gibt es jedenfalls genug. Das zeigen die Zerstörungen von wichtigen Unterseekabeln. Das lassen die Cyber-Angriffe auf viele politisch, wirtschaftlich oder militärisch wichtige Datennetzwerke erkennen. Das beweisen Drohnen-Spionageflüge über westliche Kasernen. Das beweist die massive Steigerung der Propaganda russischer Agenten, die sich in westliche Internet-Foren und soziale Medien eingeschlichen haben (und siehe die im PS stehende Vermutung).

So grotesk können die russischen Propaganda-Behauptungen gar nicht sein, dass es nicht einige schlichte Gemüter gäbe, die sie dennoch glauben. Um nur eine mir gerade aktuell zu Ohren gekommene "Argumentation" eines deutschen Putin-Propagandisten zu zitieren: Er rechtfertigte Putins Angriffskrieg mit der Behauptung, dass die Ukraine "korrupt" sei. Er unterschlägt dabei alles Wichtige:

  • dass mit absoluter Sicherheit die Korruption in Russland, speziell in seiner Armee (wie während der kurzzeitigen Prigoschin-Revolte bekannt geworden ist) weit größer ist als die in der Ukraine;
  • dass Ukraine-Präsident Selenskyj selbst mehrmals sehr energisch durchgegriffen hat, als er auf Fälle von Korruption gestoßen ist;
  • dass es auch in absolut jedem westlichen Land Fälle von Korruption gibt;
  • dass etwa in Österreich in den Jahren, als die SPÖ in Opposition war, von einigen einschlägigen linken NGOs die Vorwürfe, wie korrupt Österreich wäre, mit großer Intensität verbreitet worden sind (wobei sie allerdings den weitaus größten Eiterherd an Korruption nie erwähnten, nämlich das Imperium der Gemeinde Wien, …);
  • dass es vor allem eine wirklich irre Argumentation ist, angebliche oder wirkliche Korruption in einem Land würde einem anderen Land auch nur eine Sekunde das Recht geben, dort einzumarschieren und Hunderttausende Menschen zu ermorden;
  • dass – wenn solche Argumentationen ernst zu nehmen wären – andere Länder dann auch das Recht hätten, Österreich für korrupt zu erklären und hier einzumarschieren;
  • und dass es absolut frei von jeder Logik ist zu behaupten, dass angebliche oder wirkliche Korruption das Recht und die Pflicht der Weltgemeinschaft reduzieren würde, einem wider alles Völkerrecht angegriffenen Land mit allen Mitteln beizustehen.

Aber lassen wir das. Wahnwitzige Menschen, die Sympathien für die Nazis hatten, hat es ja auch im zweiten Weltkrieg etwa in Amerika oder England gegeben. So gibt es heute eben auch die Putin-Idioten hierzulande.

Kehren wir zur Bedrohung Europas, zur Bedrohung der EU zurück. Es gibt gewiss keine Gewissheit, ob oder wann Russland direkt angreifen wird. Aber:

  1. Tatsache ist, dass kein Land der Welt derzeit so wie Russland (und die Ukraine) komplett auf eine Kriegswirtschaft und eine Kriegsgesellschaft umgestellt worden ist.
  2. Tatsache ist, dass nach einem (wie auch immer zustande kommenden) Ende des Ukraine-Kriegs eine große Krise droht, wenn man das Land wieder auf Vorkriegswirtschaft umstellen will; das geht nicht auf Knopfdruck, die Fabriken sind nun einmal fast alle auf Kanonen, Drohnen und Munition umgestellt.
  3. Tatsache ist, dass es für die eigene Machtabsicherung des Putin-Clans weit effizienter ist, wenn er die eigene Bevölkerung weiter durch einen Krieg unter Druck halten könnte.
  4. Tatsache ist, dass es gerade in den nächsten Jahren für Putin günstig erscheinen könnte, diese lästigen Europäer auf Vordermann zu bringen, da diese nicht mehr auf die Unterstützung durch den amerikanischen Präsidenten rechnen können.
  5. Tatsache ist, dass es für die in Moskau herrschende Partie extrem gefährlich ist, wenn die Bevölkerung, zumindest die in den Städten, sehnsuchtsvoll nach Westen blicken und dort eine viel größere Freiheit und einen viel höheren Lebensstandard der Menschen sehen kann.

Niemand kann prophezeien, was wirklich geschieht. Aber verantwortungsvolle Politik sollte sich jedenfalls auf Wahrscheinlichkeiten vorbereiten und die Bedeutung all dieser Tatsachen erkennen.

Verantwortungsvolle Politik sollte auch Lehren aus der Vergangenheit ziehen. So glaubten etwa im Jahr 1938 insbesondere die Regierungen von Frankreich und Großbritannien, dass man Hitler durch Verhandlungen, durch Diplomatie, durch Konzessionen, durch das Opfern von Ländern und Gebieten (damals hießen die Opfer Österreich und Tschechoslowakei, heute ist es die Ukraine) beruhigen könnte. Einige Länder (insbesondere Frankreich) hatten die eigene Armee schwer vernachlässigt. Und überall herrschte die Stimmung: Wir wollen doch nicht für Danzig sterben, da wir gerade die schwere Weltwirtschaftskrise zu überwinden beginnen. Bis es dann zu spät war und auch das Sterben für Paris oder Dünkirchen nichts mehr half.

In der EU, von Helsinki bis Rom, von Warschau bis London hat man zum Glück erkannt, dass es zwar spät, aber nicht zu spät ist, dass die Signale aus Moskau und aber auch Washington ernst zu nehmen sind. Man ist bereit zu gigantischen Investitionen in die eigene Sicherheit.

Europas Sicherheit ist natürlich auch die Sicherheit Österreichs. Das sei jenen gesagt, die ernstlich meinen, dass ein Aggressor, der so viele so oft feierlich beschworene Grundprinzipien des Völkerrechts brutal gebrochen hat, wie das allgemeine Gewaltverbot, wie das Verbot, irgendein Land zu erobern, wie das Budapester Memorandum des Respekts für die ukrainischen Grenzen, dass ein Aggressor, der das alles bricht, ausgerechnet vor dem österreichischen Schild "Aber wir sind neutral, uns darfst du nicht angreifen" Respekt haben wird. So dumm können Menschen doch nicht sein, das wirklich zu glauben. So blöd kann sie die russische Propaganda doch gar nicht gemacht haben. Würde man meinen.

Die befürchtete russische Aggression kann auf vielfältige Arten laufen. Sie braucht nicht unbedingt einen direkten Panzerangriff. Sie braucht aber sehr wohl die eigene eklatante militärische Überlegenheit. Ist die jedoch einmal klar, kann sie sich etwa auch in Form einer Erpressung abspielen, die ohne Blutvergießen zum Erfolg kommt.

  • Man kann sich beispielsweise anschauen, wie das in der Ukraine abgelaufen war: Man erklärt eine Regierung nach der anderen für "Nazi" und verlangt ihre Ablösung durch ein befreundetes Regime.
  • Man kann sich auch Belarus anschauen: Dieses theoretisch selbständige Land ist von Moskau durch intensiven Geheimdienst-Terror und über einen gefügig gemachten Präsidenten, der ebenfalls Demokratie wie die Pest hasst, zu einem völlig willenlosen (und verarmten) Instrument und Sklavenstaat gemacht worden.
  • Man schaue sich die Ereignisse 1989 bis 1992 an: Russland könnte erklären, dass alle damals unterzeichneten Verträge, Rückzüge und Anerkennungen von nationaler Unabhängigkeit nichtig wären, weil man das damals nur in einem Moment der Schwäche unterschrieben habe.
  • Moskau könnte die damaligen Entscheidungsträger Gorbatschow und Jelzin für gekaufte Agenten des Westens erklären, deren Aktionen als irrelevant rückgängig zu machen sind (auf eine Lüge mehr oder weniger wird es ja auch nicht mehr ankommen).
  • Russland könnte auf eine dieser Behauptungen gestützt verlangen, dass seine Truppen zum Schutz der eigenen gefährdeten Sicherheit wieder überall stationiert sein müssen, wo sie einst waren – , etwa im Jahr 1989, etwa im Jahr 1950, wo bei uns der Grenzfluss Enns hieß. Erst nach 1955 war es die March in Sichtweite von Wien.
  • Russland könnte den Europäern innen-, wirtschafts- oder sicherheitspolitische Vorschriften machen.

Mit anderen Worten: Ist die militärische Überlegenheit einmal etabliert, dann kann jede Erpressung umgesetzt werden, welchen Inhalt, welche konkreten Lügen immer sie umfasst.

Daher haben alle, wirklich alle europäischen Länder und Regierungen, denen die eigene nationale Freiheit und Unabhängigkeit wichtig sind, das gleiche Anliegen: Sie wollen solchen Entwicklungen vorbeugen. Das wollen alle bis auf Ungarn, das offenbar schon die Entwicklung zu einem zweiten Belarus freiwillig vorwegzunehmen beginnt. Die Regierung Orbán unternimmt diese Annäherung an Russland offenbar aus Zorn, weil die europäische Linke Ungarn völlig zu Unrecht, aber mit großem Erfolg auf die Anklagebank gesetzt hat.

Die anderen Europäer außer Ungarn haben jedenfalls erkannt, dass der Wahrscheinlichkeit dieser Bedrohung nur gemeinsam entgegengetreten werden kann. Das ist umso dringlicher, als ein amoklaufender Präsident in Washington den Europäern den Schutzmantel entzieht, unter dem sich der Westen Europas 80 Jahre und der Osten 35 Jahre wohl und sicher gefühlt haben.

Die Europäer begehen bei diesem grundsätzlich absolut richtigen Schritt aber leider ein paar gravierende Denkfehler:

  1. Es ist irrsinnig, die notwendige Aufrüstung nur durch Schulden auf die Zukunft zu finanzieren (solange ihnen halt überhaupt noch jemand Geld borgt, was aber derzeit noch der Fall ist). Zwar ist zusätzliches Schuldenmachen in der Stunde der Not nicht auszuschließen, aber absolut zwingend wäre es, die Rüstung statt dessen primär durch Beschneidung eines irrwitzig metastasierenden Wohlfahrtsstaates zu finanzieren. Wir können doch nicht glauben, dass wir die eigene Freiheit zum Nulltarif bekämen beziehungsweise dass es möglich wäre, alle Lasten auf kommende Generationen umzuschichten und selbst noch das Leben zu genießen.
  2. Viele der Fabriken, die Europa für die Herstellung seiner Verteidigungsfähigkeit braucht, sind noch gar nicht gebaut. Kann man etwa die darniederliegenden VW-Fabriken rasch in moderne Waffenproduktionsstätten umwandeln?
  3. Die Europäer werden das viele nun aufgenommene Geld nicht sinnvoll in neue Kanonen (usw.) stecken können, wenn sie nicht auch viel mehr Menschen bereitstellen können, um diese Kanonen (usw.) zu bedienen. Das aber geht nur, wenn sie abgeschaffte Militärdienstpflichten wieder einführen beziehungsweise die Zeiten des Wehrdienstes spürbar verlängern.
  4. Viele Länder Europas sind in Sachen Wehrpflicht noch mit einem viel unangenehmeren Problem konfrontiert: mit der rapide gewachsenen Zahl der Moslems unter den eigenen Bürgern. Unter den Jungen haben die Moslems einen besonders hohen Anteil, und unter den Wehrdienern – vor allem aus den städtischen Räumen – einen noch viel größeren. Gehen die autochthonen Österreicher doch mit viel größerer Wahrscheinlichkeit zum Zivildienst, den die Austrotürken verachten. Kann jemand glauben, dass eine zu einem guten Teil aus Moslems bestehende Truppe wirklich für Österreich kämpfen wird? Gehen doch längst schon unter den Präsenzdienern Sprüche herum, dass man nur im Dienste des Islams oder im Interesse der Türkei die gewonnenen militärischen Fähigkeiten einzusetzen bereit ist (das berichten immer besorgter werdende Offiziere).
  5. Die Wehrbereitschaft der Menschen wird auch zweifellos angesichts der rapiden Entwicklung zu einem Richterstaat nicht gerade wachsen, wo immer mehr Menschen das Gefühl bekommen, eine abgehobene Klasse von Juristen habe begonnen, die Demokratie auszuhebeln. Sollen sie für diese überhebliche Elite kämpfen?
  6. Eine gemeinsame europäische Verteidigung braucht auch gemeinsame Kommandostrukturen. Siehe die USA mit der besten Armee der Welt: Das Land ist zwar sehr föderalistisch aufgebaut – aber natürlich gibt es keine eigene Armee Floridas, Kaliforniens oder Maines. Das würde gar nicht funktionieren.
  7. Ein besonders gravierendes Problem: An der Spitze der Abschreckung einer Atommacht wie Russland muss auch eine eigene europäische Atomwaffe stehen. Frankreich hat zwar eine solche: Aber ist es bereit, damit auch die Sicherheit Deutschlands, Litauens oder Bulgariens zu garantieren? Oder will es nur, dass die Deutschen dafür zahlen, aber dass die letzte Entscheidung in Frankreichs Händen bleibt?
  8. Das Problem mit den skurrilen Österreichern, die weiter irgendwie "neutral" sein wollen, aber gleichzeitig sehr wohl den europäischen Schutz brauchen, sei angesprochen, aber hier nicht weiter ausgeführt.
  9. Und das größte Problem: Die Mittel, die jetzt bereitgestellt werden, brauchen bis zu zehn Jahre, bis Europa voll zur Selbstverteidigung imstande ist.

Was also angesichts all dieser Probleme tun? Gar nichts tun und halt hoffen, dass eh nichts passiert, darf keine Option mehr sein. Dazu sind die Wahrscheinlichkeiten viel zu schlimm.

Es scheint nur folgende dreigeteilte Strategie sinnvoll und möglich zu sein:

  • Erstens sollte Europa an der Überwindung, an der Milderung all dieser neun Problempunkte arbeiten (also beispielsweise seine Ungarn-Politik komplett ändern, was am leichtesten von allen Punkten ginge).
  • Zweitens sollte Europa zumindest versuchen, die Zähne zusammenzubeißen und mit den Amerikanern trotz aller Trumpschen Provokationen ein Einvernehmen zu suchen. Insgeheim sollte man dabei daran denken, dass ja auch diese Präsidentschaft einmal zu Ende geht, dass deshalb in der Zwischenzeit keine Brücken verbrannt werden sollten.
  • Drittens muss sich Europa aber auch der aktuell allerwichtigsten Strategie bewusst werden oder bleiben: Die besteht eindeutig darin, verstärkt auf die Ukraine zu setzen. Diese ist – zum Glück für Europa – auch nach drei Jahren noch immer voll entschlossen, für die eigene Freiheit zu kämpfen. Für diesen Kampf braucht die Ukraine nur eines: Waffen, Waffen, Waffen. Das hat einen entscheidenden Vorteil: So lange der Krieg in der Ukraine tobt, ist Russland außerstande, einen wirklichen, über die Provokationen gegen Tiefseekabel und europäische Infrastruktur hinausgehenden Krieg gegen den Westen zu führen. Daher ist es jedenfalls schlauer, primär der Ukraine bei ihrem Krieg mit Waffen, Waffen, Waffen zu helfen, als alles, was jetzt produziert wird, zehn Jahre lang zu horten, bis Europas Selbstverteidigungsfähigkeit hergestellt ist.

PS: Vorerst ist es nur eine Spekulation, die in etlichen Geheimdiensten läuft – es wäre aber jedenfalls keine allzu große Überraschung mehr, sollte sich herausstellen, dass auch die Lahmlegung des weltweiten Flugverkehrs durch Ausschaltung des Londoner Flughafens Heathrow ein Werk russischer Saboteure wäre. Manches deutet daraufhin, dass der Brand in einem Umspannwerk nicht nur eine Kettenreaktion nach einem Kurzschluss oder Ähnlichem gewesen ist, dass es sich vielmehr um einen absichtlich herbeigeführten Brand handelt, sei es durch Brandstifter vor Ort, sei es durch elektronische Sabotage aus der Ferne. Die Briten haben jedenfalls sehr bald ihre Polizeieinheiten alarmiert, die auf die Untersuchung von Terroranschlägen spezialisiert sind. Die Handschrift der Brandlegung deutet jedenfalls ganz und gar nicht auf islamische Täter. Diese attackieren immer nur gezielt Menschen, die sie für Ungläubige halten. Die russischen Terroristen haben sich hingegen ganz auf das Anrichten großer Sachschäden mit noch größerer Folgewirkung spezialisiert, wie es eben Heathrow wäre. Überdies ist Heathrow das wichtigste Kommunikationszentrum des Inselstaats Großbritannien. Überdies ist Großbritannien nach Wegfall der USA der weitaus wichtigste militärische Helfer der Ukraine. Überdies sind ohne Großbritannien alle Versuche Europas, eine militärische Abschreckungsmacht zu entwickeln, zum Scheitern verurteilt. Vielleicht ist es eben doch ein Wolf, wenn es ausschaut wie ein Wolf, wenn es sich verhält wie ein Wolf, und wenn es heult wie ein Wolf.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2025 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung