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Wie kann er nur! Das ist doch undiplomatische Einmischung! So tönt es durch ganz Deutschland und Umgebung, seit der amerikanische Vizepräsident auf der Münchner Sicherheitskonferenz den Europäern, speziell den Deutschen, einen glasklaren Spiegel vors Gesicht gehalten hat. Dabei geht es bei der Wendung der amerikanischen Politik um noch viel fundamentalere Fragen als bloß die deutsche Wahl. Denn Vance hat die gesamten amerikanischen Sicherheitsgarantien für die europäischen Nato-Länder in Frage gestellt, weil die Europäer nach den vielen dramatischen Einschränkungen der Meinungsfreiheit nicht mehr auf dem Boden der gemeinsamen Werte stehen, die eine gemeinsame Verteidigung rechtfertigen würden. Das kündigt nun in der Tat für Europa eine epochale Katastrophe an. Steht doch die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur der letzten 75 Jahre auf dem Fundament der amerikanischen nuklearen Abschreckungsgarantien, steht Europa doch ohne diese ziemlich nackt da, als moralinsaurer und verlogener Zwerg.
Europa ist ein Zwerg, dessen Führer von Moskau bis Washington niemand mehr ernst nimmt. So hat JD Vance bei seinem Besuch in Deutschland zwar die AfD-Chefin Weidel getroffen, aber nicht den deutschen Bundeskanzler. So hat Präsident Trump nach seinen Telefonaten mit dem russischen Diktator Putin zwar sofort den ukrainischen Präsidenten Selenskyj angerufen, aber offenbar bis heute keinen europäischen Staats- oder Regierungschef.
In seiner ersten Periode hatte Donald Trump die Bereitschaft zur Verteidigung Europas erstmals für den Fall in Frage gestellt, dass die Europäer nicht ihre oft beschworene Verpflichtung erfüllen, zwei Prozent ihres Wirtschaftsprodukts für die Verteidigung auszugeben (die USA geben 3,4 Prozent aus). Darauf – vor allem unter dem Schock der russischen Ukraine-Invasion – haben die Europäer ihre Rüstungsausgaben zwar ein wenig, jedoch nicht annähernd im verlangten wie notwendigen Umfang angehoben.
Jetzt aber ist eine zweite, viel fundamentalere Begründung für die Verabschiedung Trumps von Europa hinzugekommen: Wir haben keine gemeinsamen Werte mehr.
Aber die deutschen Regierungsparteien samt CDU scheren sich kaum um diese epochale Abwendung, sie kränken sich vielmehr nur über die Kritik der Amerikaner an der undemokratischen "Brandmauer" der anderen Parteien gegen die "Alternative für Deutschland". Das kann man zwar zweifellos als Einmischung in den deutschen Wahlkampf ansehen – aber oft genug haben europäische Parteien auch selbst ausländische Politiker als Wahlkampfhilfe beigezogen. Das war dann ja genauso Einmischung.
Vor allem aber sollte sich die deutsche Regierung über die Töne aus Washington nicht wundern. Waren doch umgekehrt die Deutschen mindestens so einseitig bei ihren Einmischungen in den amerikanischen Wahlkampf gewesen – und zwar blöderweise praktisch geschlossen gegen den späteren Wahlsieger. Hat doch etwa der sozialdemokratische deutsche Bundespräsident den amerikanischen Präsidenten sogar einen "Hassprediger" genannt, um nur eine der deutschen Freundlichkeiten für die Amerikaner zu nennen. Fast die gesamte deutsche Linke hat den Antiamerikanismus (ähnlich wie den Antisemitismus) zu ihrem zweiten Ich gemacht, eine Einstellung, die früher nur ganz links und rechts außen zu finden gewesen ist.
Vor allem schmerzt die mainstreamigen Europäer aber etwas, was sie natürlich nie zugeben würden: dass Vance mit vielen seiner Vorwürfe schlicht und einfach Recht hat. Deshalb ignorieren sie die Hauptbotschaften der Vance-Rede:
Vance generell: "Für viele von uns auf der anderen Seite des Atlantiks sieht es zunehmend so aus, als würden alte, etablierte Interessen sich hinter hässlichen, sowjetisch anmutenden Begriffen wie ,Fehlinformation‘ und ,Desinformation‘ verstecken, weil sie einfach nicht ertragen können, dass jemand mit einer alternativen Sichtweise eine andere Meinung äußert, geschweige denn anders wählt oder – Gott bewahre – eine Wahl gewinnt."
Der amerikanische Vizepräsident fordert die Sicherheitskonferenz dazu auf, nicht nur nachzudenken, gegen wen der Westen sich verteidigen müsse, sondern auch, "was wir überhaupt verteidigen sollen". Er zeigte sich überzeugt, "dass es keine Sicherheit gibt, wenn man Angst vor den Stimmen, den Meinungen und dem Gewissen hat, die das eigene Volk leiten".
Daraus folgt dann die zentrale, aber letztlich logische Drohung: "Wenn Sie Angst vor ihren eigenen Wählern haben, kann Amerika nichts für Sie tun."
Vance verteidigt sich auch gleichvorweg gegen den – in der Folge wie erwartbar gewesen, aufbrandenden – Vorwurf, sich in andere Länder einzumischen: "Wenn die amerikanische Demokratie zehn Jahre Greta Thunbergs Schelte überleben kann, dann könnt ihr auch ein paar Monate Elon Musk überleben. Aber keine Demokratie – weder die amerikanische, noch die deutsche, noch die europäische – kann es überleben, Millionen von Wählern zu sagen, dass ihre Gedanken und Sorgen, ihre Hoffnungen und ihr Flehen um Abbitte ungültig oder nicht einmal einer ernsthaften Überlegung würdig sind. Demokratie beruht auf dem heiligen Prinzip, dass die Stimme des Volkes zählt. Es gibt keinen Platz für Barrieren. Entweder man hält sich an dieses Prinzip – oder man tut es nicht."
"An die Demokratie zu glauben, bedeutet zu verstehen, dass jeder unserer Bürger Weisheit besitzt und eine Stimme hat. Und wenn wir uns weigern, diese Stimme zu hören, werden selbst unsere größten Erfolge nur wenig Bestand haben. Wie Papst Johannes Paul II., für mich einer der außergewöhnlichsten Verfechter der Demokratie auf diesem oder jedem anderen Kontinent, einst sagte: ,Fürchtet euch nicht.‘ Wir sollten keine Angst vor unserem Volk haben – selbst dann nicht, wenn es Ansichten äußert, die nicht mit der Meinung der Führung übereinstimmen."
Das war zweifellos die aufsehenerregendste Rede, die in den letzten Jahren in Europa irgendwo gehalten worden ist. Und es gibt nur ganz wenige Passagen, denen man nicht begeistert zustimmen könnte, auch wenn in Deutschland jetzt alle Parteien außer der AfD auf Empörung machen.
Freilich, Vance, die Stimme der Trump-Administration, übersah auch seinerseits drei Balken im amerikanischen Auge:
PS: Die Münchner Rede von Vance und sein am Rande erfolgtes Zusammentreffen mit Alice Weidel zeigen mit großer Deutlichkeit, was für eine Dummheit es gewesen ist, dass Herbert Kickl der Einladung zur Inauguration von Trump und Vance nicht nachgekommen war. Entweder er hat wirklich keine Ahnung von internationaler Politik oder ihm war schon von vornherein klar, dass er eh nicht Bundeskanzler werden will, dass er deshalb die Mühen einer Flugreise gar nicht auf sich zu nehmen braucht. Jedenfalls hätte er auch als amtierender Kanzler keine Einladung nach Washington mehr bekommen …
PPS: Unfassbar war die Erklärung der Vance-Rede im Zwangsgebührensender ORF durch eine linksradikale Korrespondentin: Donald Trump wolle "Geschäfte" in Europa machen, meinte die Dame – obwohl Vance nicht einmal indirekt von Wirtschaft oder gar Geschäften oder irgendwelchen Deals geredet hat, sondern ausschließlich vom wichtigsten Grundwert, dem der Meinungsfreiheit. Aber der ist dem linken Desinformationssender ja wurscht. Dort erklärt man sich halt die ganze Welt durch marxistische Kapitalismus-Kritik.
PPPS: Ganz auf dieser Linie war auch der ORF-Bericht in der gleichen ZiB zum neuen grässlichen Messerattentat, diesmal durch einen syrischen Asylwerber in Villach, das mindestens einen Toten gefordert hat: kein Wort vom Islam oder Islamismus als extrem naheliegendes Motiv, dafür wurde uns schon wieder ein "psychischer Ausnahmezustand" als Erklärung angeboten. Und für das müssen wir jetzt weiter fünf Jahre Zwangsgebühren zahlen, weil sich FPÖ und ÖVP um einen Ministerposten gestritten haben und Herbert Kickl sich selber "treu" bleiben wollte …