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CDU, FPÖ und die Denkfehler

Vieles von dem, was Friedrich Merz, wahrscheinlich in Bälde deutscher Bundeskanzler, sagt, ist goldrichtig. Das gilt sowohl beim Themenkreis Migration, als auch beim Themenkreis Wirtschaft, den beiden weitaus größten Problemen Deutschlands und Europas. Doch begeht der Mann dabei zwei grundlegende Denkfehler, die ihn scheitern lassen werden.

Der erste große Fehler ist sein apodiktisches Nein, nach der Bundestagswahl mit der AfD in irgendeiner Weise zu kooperieren. Das ist einmal ein grotesker Widerspruch zur Tatsache, dass die von ihm geführte Unionsfraktion im deutschen Bundestag auf seinen Vorschlag erst vor wenigen Tage zweimal gleich wie die AfD abgestimmt hat. Dabei wurde einmal eine Abstimmungsmehrheit erzielt; dabei blieb beim zweiten Mal der Vorschlag in der Minderheit, weil ein Teil der knapp vor ihrem Ende stehenden FDP und eine Gruppe von Merkel-Partisanen in der CDU gegen den Vorschlag der jetzigen CDU-Führung stimmten.

Der Durchschnittsdeutsche kann die Logik nicht begreifen, dass derselbe Merz, der gerade erst diese Abstimmungen sehr bewusst und aus guten Gründen angesteuert hat – es ging um den Plan einer Verschärfung des Asylrechts angesichts der immer grässlicher gewordenen Migrantenverbrechen –,  jetzt das Gegenteil beschwört: Es werde keine Wiederholung dieser faktischen (wenn auch angeblich nicht abgesprochenen, so doch erwartbar gewesenen) Kooperation mit der AfD geben.

Was Merz nicht begreift: Politik sollte immer klar und auch für den einfachen Bürger nachvollziehbar sein, will sie nicht an Vertrauen verlieren. Eine Brandmauer mit einem Hintertürl, das bisweilen aufgemacht wird, ist ein rätselhaftes Ding, das die Menschen noch weniger verstehen als eine Brandmauer an sich.

Vor allem ist damit auch unklar, wie Merz künftig als Kanzler die wesentlichen Anliegen der CDU und ihrer Wähler durchbringen will. Denn ohne AfD muss er entweder mit den Roten oder den Grünen eine Koalition bilden, die beide jeweils um die 15 Prozent haben (die restlichen Parteien drohen aus dem Bundestag zu fliegen), während die CDU bei den Umfragen um die 30 Prozent-Marke kreist.

Damit geht die CDU ein dreifaches Risiko ein:

  • dass sie ohne die AfD, die etwa bei 20 Prozent hält, vielleicht sogar eine dritte Partei für eine Mehrheit braucht, falls die Kleinparteien (FDP, Wagenknecht, Linke) doch die Fünfprozenthürde schaffen;
  • dass es ihr in einigen Jahren ebenso schlecht geht wie der ÖVP nach einer Regierungsperiode zusammen mit den Grünen; 
  • und dass sie mit Rot und/oder Grün kein einziges der üblen linken Gesetze wegbekommen wird, die die Ampelparteien in den letzten Jahren gemeinsam beschlossen haben. Egal, ob das nun die zahllosen grünen Irrwege sind, die die deutsche Wirtschaft ruiniert haben, ob das die schikanösen und bürokratischen Lieferkettengesetze sind, oder ob das jene woken Gesetze sind, die etwa das regelmäßige Wechseln des eigenen "Geschlechts" ermöglichen. Es muss klar sein, dass Rot oder Grün bei keinem einzigen der von ihnen selbst ausgebrüteten Gesetze dessen Abschaffung akzeptieren werden – auch wenn die Union es noch so gern hätte.

Auf der anderen Seite steht die AfD als einzige Alternative zu diesem multiplen Risiko da mit ihrem nicht nur für die CDU unerträglichen Russland-freundlichen Kurs.

Das ist zweifellos ein Dilemma für die CDU. Durch ihr apodiktisches Nein zur AfD hat sie sich einseitig an die Linke gebunden. Das bedeutet zwar, dass der von rund 70 Prozent der Deutschen gewünschte pro-westliche, pro-ukrainische und russland-kritische Kurs in der Außenpolitik fortgesetzt werden kann. Die CDU hat sich aber selbst die Hände gebunden und kann nicht zusammen mit der AfD wirtschaftsfreundliche, wertkonservative und immigrationsstoppende Notwendigkeiten umsetzen. Dabei werden diese Notwendigkeiten ebenfalls von rund 70 Prozent der Deutschen unterstützt (dieses Dilemma zwischen sich nicht deckenden Mehrheiten ist übrigens ein ganz typisches für die repräsentative Parteiendemokratie; sauber ließe es sich nur in einer direkten Demokratie lösen – aber das ist ein anderes Thema).

CDU/CSU stecken damit in ähnlichen Schwierigkeiten wie die ÖVP in Österreich. Einziger Unterschied: Die deutschen Unionsparteien sind noch ein deutliches Stück größer als die rechte Konkurrenzpartei. In Österreich ist es umgekehrt. Da ist die FPÖ (dank Karl Nehammer und Andreas Babler) erstmals größer als die ÖVP und SPÖ.

Ein Grund für das im Vergleich mit der ÖVP relativ bessere Dastehen der deutschen Unionsparteien liegt gewiss im Umstand, dass diese in den letzten Jahren nicht mit einer Linkspartei regiert haben und deshalb jetzt keine linken Gesetze aus den letzten Jahren mitverantworten müssen (während die früheren Fehler der Merkel-Zeit fast schon vergessen sind). In Österreich hingegen hat die ÖVP als Folge einer Koalition mit den linksaußen stehenden Grünen, als Folge einer schwachen Parteiführung, als Folge schwerer strategischer Fehler und als Folge eines für die Wähler zuletzt nur noch schwer nachvollziehbaren Pendelkurses binnen fünf Jahren laut Umfragen mehr als die Hälfte ihrer Wähler verloren. Sie pendelt gleichauf mit den Sozialdemokraten um die 20 Prozent, hat neuerdings sogar einen leichten Rückstand auf diese, während die FPÖ weit davongezogen ist und schon fast so viel Unterstützung wie die ÖVP in den besten Kurz- und Schüssel-Jahren hinter sich hat.

Zurück nach Deutschland: Ein solcher steiler Abstieg droht aber auch der CDU/CSU, wenn sie mit einer Linkspartei koaliert, wenn sie dadurch die wertkonservativen Wähler vor den Kopf stößt. Stehen doch Rot wie Grün nur außen- und sicherheitspolitisch in der neuerdings in Deutschland so gern postulierten "Mitte", während sie gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitisch weit links positioniert sind. Und auch die außenpolitische Mitte der Linksparteien ist erst ein relativ neues Phänomen. Es ist nicht zuletzt daraus erwachsen, dass ihre früheren antiwestlichen und prorussischen Positionen jetzt bei der AfD daheim sind.

Der zweite große Denkfehler von Merz: Er hat in Sachen Migration vorgeschlagen, im deutschen Alleingang künftig Einreisewillige ohne ausreichende Papiere – die von linken Ideologen "Flüchtlinge" genannt werden – an der Grenze abzuweisen und sofort wieder zurückzuschicken, selbst wenn sie laut "Asyl!" rufen. Dieses Zauberwort hat ja bisher schon Millionen aus Asien und Afrika zu einem jahrelangen oder gar dauerhaften Aufenthalt in Deutschland verholfen.

Dieser zweite große Fehler des Friedrich Merz ist einer, den in Österreich auch die Freiheitlichen begehen: Beide wollen an den Landesgrenzen alle künftigen Illegalen zurückweisen, auch wenn die "Asyl!" rufen. Dabei stehen sie zwar in Einklang mit der Mehrheit der Bevölkerung. Sie schlagen aber damit eine brutale und bewusste Verletzung zentraler Bestimmungen des internationalen Rechts vor. Und damit erreichen sie überdies nur, dass die "Flüchtlinge" halt mit Hilfe von Schleppern über die grüne Grenze kommen und sich dann irgendwo im Landesinneren melden und "Asyl" verlangen.

Es ist brandgefährlich, dass dadurch die ganze Konstruktion des internationalen wie auch des europäischen Rechtssystems außer Kraft gesetzt würde. Es ist für kleine Länder sogar ganz besonders gefährlich, wenn die völkerrechtlichen Regeln beiseite geschoben werden. Wenn diese nicht mehr gelten, dann gilt zwischen den Staaten nämlich nur noch das "Recht" des Stärkeren. Was man ja von Moskau über Peking bis nun zunehmend auch in Washington für ein gutes Prinzip hält.

Für Österreich ist das hingegen ein ganz schlechtes Prinzip. Zusätzlich gefährlich für die Alpenrepublik ist, dass einseitige Zurückweisungen aus Deutschland zweifellos vor allem Richtung Österreich erfolgen werden.

Aber auch das scheinbar so mächtige Deutschland sollte sich einen solchen Wechsel vom internationalen Recht zur nationalen Willkür doppelt überlegen. Denn damit stößt es ja vor allem die anderen EU-Länder vor den Kopf. Deutschland braucht aber deren Unterstützung gerade derzeit angesichts der Trump-Politik so dringend wie seit Jahrzehnten nicht. Denn Deutschland wäre als Exportnation Nummer eins weit massiver als alle anderen von den Zöllen bedroht, welche die USA über Europa verhängen (ähnlich wie Österreich, das von der Entwicklung in Deutschland abhängig ist). Dieser Bedrohung kann Europa nur wirklich gemeinsam und geschlossen wirksame Gegendrohungen entgegensetzen. Genau das versucht Trump offenbar zu unterlaufen, indem er nicht die EU als solche, sondern die einzelnen europäischen Länder mit Zöllen belegen dürfte. Er ist durchaus willens, einzelne Länder  besser zu behandeln, wenn sich diese gefügig zeigen.

Da wäre es absolutes Harakiri, wenn exportorientierte Länder wie Deutschland oder Österreich die europäischen Partner durch Alleingänge in anderen Fragen provozieren, sodass diese keinen Grund haben, in Zollfragen solidarisch mit ihnen zu sein.

Für Deutschland wie Österreich wäre es aber nicht nur klüger und rechtlich sauberer, sondern auch effektiver, wenn sie die Bekämpfung der illegalen Migration zum zentralen europäischen Thema machten. Denn gerade der Rechtsruck in vielen Ländern öffnet nun auch die Chancen, das europäische Recht im Kampf gegen die Masseninvasion sinnvoll zu ändern. Denn in diesem einen Punkt hat ja FPÖ-Chef Kickl immer Recht gehabt: Das Recht hat der Politik zu folgen, also den demokratisch (=politisch) beschlossenen Gesetzen, und nicht einer willkürlichen Herrschaft abgehobener Richter.

Klares Ziel solcher europäischer Rechtsänderungen – man kann es nicht oft genug sagen – müsste erstens die prinzipielle Abschiebung aller illegaler Migranten, die nicht freiwillig heimkehren, in Lager außerhalb der EU sein (Beispiel Großbritannien mit Ruanda, Beispiel Italien mit Albanien). Zweitens müsste die ausschließlich von der Judikatur ermöglichte massenweise Zuwanderung durch Familienzusammenführungen rechtlich unmöglich gemacht werden. Hingegen ist die Abmauerung aller europäischen Grenzen eine völlig Illusion.

Nur mit der skizzierten Doppelstrategie wäre die illegale Migration in den Griff zu bekommen. Das wissen immer mehr Länder, in Österreich aber seit Sebastian Kurz offenbar niemand mehr. Und wenn die letzten linken Regierungen in Spanien und Luxemburg solche Rechtsänderungen zu blockieren versuchen, dann müsste man ihnen die politischen Daumenschrauben anziehen. Dann müsste man ihnen klarmachen, dass es auch ohne sie einen europäischen Binnenmarkt geben kann. Dann müsste man ihnen verdeutlichen, dass sich die anderen Staaten solche linken Alleingänge gegen dringend notwendige Rechtsänderungen nicht mehr gefallen lassen.

Aber freilich: Parteipolitiker wollen nationale Wahlen gewinnen. Sie haben kein Interesse an internationalen und rechtlich sauberen Lösungen von Megaproblemen.

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