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Der Entschluss des deutschen CDU-Chefs Friedrich Merz, Anträge im deutschen Bundestag auch dann einzubringen und abstimmen zu lassen, wenn sie nur dank der AfD eine Chance auf eine Mehrheit haben, wird vor allem unter drei Gesichtspunkten heftig diskutiert: erstens wegen des Zerbröselns der "Brandmauer" gegen die rechte AfD; zweitens wegen der Auswirkungen auf die bevorstehende deutsche Wahl; und, drittens, wegen der Perspektiven, welche Regierungsmöglichkeiten es künftig für Deutschland gibt. Noch viel spannender aber, obwohl viel weniger diskutiert, ist der genaue Inhalt der Merz-Vorschläge in rechtlicher Hinsicht und ihre Bedeutung für die gesamteuropäische Migrationspolitik. Da sind nämlich gleich vier seiner Punkte absolut revolutionär.
Denn egal, mit welchen Mehrheiten letztlich seine Vorschläge angenommen werden: Gleich vier Schlüsselelemente bedeuten eine totale Kampfansage an die bisherige Migrationspolitik Europas und zugleich an beide europäischen Gerichtshöfe. Sie sind auch für Österreich extrem bedeutungsvoll: Denn sie drohen auch der Judikatur des heimischen Verfassungsgerichtshofs den politischen Boden unter den Füßen zu entziehen, der kritiklos diesen beiden Gerichtshöfen nachtrappelt.
Merz stellt innerstaatliches Recht wieder über europäisches Recht – genauer gesagt: gar nicht so sehr über den Inhalt der demokratisch einst von allen Ländern Europas angenommenen Verträge (Flüchtlingskonvention, Menschenrechtskonvention, EU-Verträge), sondern vielmehr über deren kreative Interpretation durch eine Judikatur, die der Invasion von Millionen Menschen die Tür nach Europa geöffnet hat.
Dabei war immer schon absurd, dass im in diesen Fragen weitaus wichtigeren "Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte" seit 2003 etwa aus dem fast rein islamischen Aserbaidschan und den mehrheitlich islamischen Ländern Albanien und Bosnien genauso viele Richter kommen wie zum Beispiel aus Deutschland: nämlich jeweils genau einer aus jedem Land. Dazu kommt der Irrsinn, dass auch russlandabhängige Länder wie Armenien oder Georgien jeweils einen Richter stellen, und dass Russland das bis 2022 sogar selber tun konnte – obwohl Russland (samt seiner Kolonie Belarus) seit längerem die EU durch Einschleusen möglichst vieler islamischer Migranten zu destabilisieren versucht und schon seit 2014 schwere Völkerrechtsverbrechen begeht. Dazu kommt, dass es schwer fällt zu begreifen, dass auch skurrile Zwergstaaten wie Andorra, Monaco oder San Marino jeweils genauso einen Richter haben, und dass man ernsthaft annimmt, jene Staaten hätten genug qualifizierte Juristen, um jeweils einen Richter zu stellen.
Das ist alles in Wahrheit jedenfalls undemokratisch. Nicht sonderlich demokratisch ist im Übrigen auch, dass Österreich seit 27 Jahren dort ununterbrochen nur von Richtern vertreten wird, über die in österreichischen Juristenkreisen weitgehend Einigkeit herrscht, dass für ihre Nominierung ihre SPÖ-Nähe wichtiger gewesen ist als ihre völkerrechtliche Qualifikation; einer war vorher sogar SPÖ-Abgeordneter und -Klubobmann gewesen …
Dieser EGMR hat in allen wichtigen Migrationsfragen noch viel mehr als der EU-Gerichtshof die Judikatur geprägt, und damit eindeutig an allen demokratischen Regeln vorbei Recht geschaffen. Dieses Richterrecht hat sich spätestens in den letzten zehn Jahren als die größte Katastrophe für das demokratische Europa erwiesen.
Und genau dieser Judikatur sagt der Merz-Vorstoß nun in gleich vier essenziellen Punkten den Kampf an. Immerhin unterstützen in Deutschland – trotz der einschlägigen Hetze in vielen Medien – zwei Drittel seinen Plan. Er begründet das mit einer "außergewöhnlichen Notlage" und einer Bedrohung der "Sicherheit" der deutschen Bürger. Solche Ausnahmen, die einen Vorrang für nationales Recht schaffen, sind in den EU-Verträgen vorgesehen – allerdings nicht in der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Damit gibt Merz auch eindeutig den Takt für die österreichischen Koalitionsverhandlungen vor, egal, wie es in Deutschland weitergeht. FPÖ und ÖVP werden politisch nicht hinter den CDU/CSU-Chef zurückfallen können und wollen. Dies umso weniger, als Österreich im Verhältnis zur Einwohnerzahl eine noch viel schlimmere Migrantenbelastung hat.
Freilich werden FPÖ und ÖVP es in Österreich deutlich schwieriger haben als die Deutschen. Zwar haben sie zusammen eine klarere Mehrheit als CDU und AfD zusammen. Aber:
Diesen letzten Schritt wagt aber nun Friedrich Merz auf politischem, auf rein innerdeutschem Boden zu gehen. Dennoch ist klar: Er würde sich auf rechtlich viel sichererem Terrain bewegen, würde er auch auf völkerrechtlicher Ebene mittels einer "authentischen Interpretation" (welche auch die Höchstrichter binden würde!) eine Änderung der migrationsrechtlichen Bedingungen erreichen. Allerdings: Ein so wichtiges Land wie Deutschland hätte zwar von Italien über die Niederlande, von Österreich bis Ungarn, von Schweden bis Dänemark und wohl auch von Polen bis Frankreich viele sichere Unterstützer für eine solche Änderung; aber es gibt insbesondere auf der Iberischen Halbinsel und im sich besonders gerne wichtig machenden Luxemburg noch immer sehr linke Regierungen, die sich einer solchen konsensbedürftigen Reform in den Weg stellen würden.
Das, was Merz da jetzt tun müsste, erinnert sehr stark an Großbritannien, wo die – inzwischen allerdings abgewählten Konservativen – einen kompletten Ausstieg aus der Menschenrechtskonvention vorhatten, um ihre Abschiebungen illegaler Migranten nach Ruanda zu erreichen. Vorerst aber glaubt Merz jedenfalls, dass Deutschland stark genug ist, um eine grundlegende Änderung des Umgangs mit Migranten auch im Alleingang umsetzen zu können.
Ein solcher Alleingang wäre in Österreich eben wegen des VfGH schwieriger. Allerdings könnte eine blau-schwarze Regierung den rechtlich unsauberen Weg gehen, den VfGH einfach durch die Macht des Faktischen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Sie könnte Migranten einfach abschieben oder an der Einreise hindern, während der VfGH erst lange nachher sagen könnte, das sei aber nicht in Ordnung gewesen …
Worum geht es bei der vierfachen Revolution von Merz genau?
Man kann also gar nicht unterschätzen, wie sehr der Merz-Vorstoß (sowie eventuell ähnliche Initiativen anderer Länder) die zentralen Kernbestimmungen des Asylrechts bedroht, die Millionen Menschen den illegalen Daueraufenthalt in Europa verschafft haben.
Diese Kontroverse wird also tausend Mal aufregender und wichtiger als die in Deutschland so heiß diskutierte Frage, ob der Merz-Vorstoß nur dank der AfD eine Mehrheit errungen haben wird. Denn da geht es nicht nur um die ominöse Brandmauer, sondern um einen geradezu archaischen Kampf zwischen Demokratie und Richter-Oligarchie.
PS: Gleichzeitig mit diesen historischen Veränderungen bedeutet der Merz-Vorstoß in Hinblick auf die künftige deutsche Regierung auch die Hoffnung auf eine neue Alternative zu der für viele bürgerliche Wähler abschreckenden Perspektive einer schwarz-roten Koalition: CDU/CSU könnten mit Hilfe der FDP (falls diese die Hürden für einen Parlamentseinzug dank CDU-Leihstimmen schafft) oder auch ohne diese eine Minderheitsregierung bilden, die von der AfD extern, also im Parlament unterstützt wird. So könnten Deutschland und die Union gesichtswahrend zu einer inhaltlich besseren Politik kommen als bei einer Koalition zwischen Union und SPD.
PPS: Ein entscheidender Aspekt fehlt bei dem ansonsten so wichtigen Merz-Vorstoß: die Unterscheidung zwischen islamischen und nichtislamischen Asylwerbern, wo die Gefährlichkeit ja überaus unterschiedlich ist.
PPPS: Keineswegs ein Zufall ist es, dass die italienische Regierung Meloni gerade jetzt die Abschiebungen nach Albanien wieder aufegnommen hat.