Die Künstliche Unintelligenz
30. Januar 2025 00:29
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 5:30
Seit zwei Tagen steht die Welt Kopf. Die Börsen sind tief abgestürzt, weil China plötzlich ein Modell der Künstlichen Intelligenz präsentiert hat, das angeblich viel weniger Strom verbraucht, das angeblich mit viel einfacheren Chips arbeitet, das daher auch als viel billiger vermarktet wird als die bisherigen amerikanischen Modelle. Kein Zweifel: Die Chinesen sind ein tüchtiges und intelligentes Volk, ihnen ist vieles im Guten wie im Bösen zuzutrauen. Trotzdem täte es der Welt gut, auch ein wenig die natürliche Intelligenz zu benutzen, auch den eigenen Kopf wieder zum Denken zu benutzen, statt nur auf ihm zu stehen. Denn gleich mehrere Aspekte sind da mehr als anrüchig. Daher besteht absolut kein Grund, sich wie die Lemminge in einer Disney-Fiktion massenweise in den Abgrund zu stürzen.
Die Aspekte, die zur Skepsis raten:
- In den wenigen Stunden, die Chinas Künstliche Intelligenz "DeepSeek" auf dem Markt ist, können unmöglich tiefgreifende Tests und Studien über die Qualität ihrer wirklichen Fähigkeiten erstellt worden sein.
- Noch viel weniger kann man bei einem plötzlich auftauchenden chinesischen Super-Anbieter überprüfen, ob dieser wirklich, wie behauptet, mit billigeren Chips arbeitet als die aufwendigen amerikanischen KI-Entwicklungen.
- Noch unklarer ist daher, ob die Chinesen dabei mit so viel weniger Energieverbrauch auskommen. Können doch chinesische Energie- und Wirtschaftsdaten nicht unabhängig überprüft werden. Und ist doch Tatsache, dass China massiv auf Kohlekraftwerke setzt und dadurch billige Energie hat, während es nach außen durch den Bau von Elektroautos als braver Klimakämpfer auftritt.
- Auffällig ist jedenfalls, dass auch DeepSeek angibt, mit Nvidia-Chips zu arbeiten wie die amerikanische Konkurrenz; nur sollen das billigere und einfachere sein als die hochentwickelten Chips der gleichen Firma, auf die China wegen der amerikanischen Exportrestriktionen aber eigentlich keinen Zugriff haben sollte.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass dahinter Chip-Diebstahl oder -Schmuggel und großangelegte Industriespionage steckt, ist zweifellos größer als Null. Schon vor dem DeepSeek-Auftritt haben Brancheninsider Hinweise gemeldet, dass sich China in den Besitz von 50.000 hochentwickelten Chips gebracht habe.
- Es gibt massive Hinweise, dass dahinter auch eine massive Börsenspekulation mit Optionen in Gange sein dürfte, um die Aktien des bisher wertvollsten Unternehmens der Welt, des kalifornischen Unternehmens Nvidia, hinunterzutreiben, beziehungsweise günstig zu erwerben. Jedenfalls ist der Nvidia-Kurs um 17 Prozent gefallen; und insgesamt sind Börsenwerte von einer halben Billion zerstört worden.
- Es ist extrem auffällig, dass China damit ohne jede vorherige Hinweise ausgerechnet zu einem Zeitpunkt herauskommt, da der neue US-Präsident mit gewaltigen Zollerhöhungen dem Land einen riesigen wirtschaftlichen Schaden zufügt und China auch sonst zum Hauptfeind Nummer Eins erklärt (was knapp nach jenem Zeitpunkt kommt, da schon Vorgänger Joe Biden dem chinesischen Internet-Giganten Tiktok den Kampf angesagt hat).
- Die so positiv klingenden KI-Meldungen aus China tun auch der allgemeinen Stimmungslage in China gut, ist doch das Land durch eine schwere Immobilienkrise, verantwortungslose Provinzbosse, eine Deflation, die an Japan erinnernde demographische Überalterung und die Pleiten von Baufirmen in einer schwierigen Lage. Die Wirtschaft entwickelt sich schlechter denn je in den letzten zehn Jahren. Da kommt es nur zu gelegen, die für jede Wirtschaft so wichtige Stimmungslage notfalls auch durch inszenierte Gutnachrichten aufzupolieren.
- All das spricht für eine Mischung aus Ablenkungsmanöver, Betrug und Warnschuss gegen die USA mit einer zumindest vorerst noch untauglichen Waffe.
- Und last, but not least hat auch der privat gemachte Test eines Tagebuch-Lesers Erstaunliches zutage gefördert. Er hat sich bei "DeepSeek" nach "Andreas Unterberger" erkundigt und eine lange Antwort bekommen, wo aber außer der Berufsbezeichnung "österreichischer Journalist, Publizist und Blogger, der vor allem für seine konservativen und oft kontroversen Standpunkte bekannt ist" nicht viel stimmt. Das gilt insbesondere für die harten Fakten, die nachprüfbar und daher auch eigentlich leicht abzuschreiben sind:
- Schon das Geburtsdatum liegt drei Jahre daneben.
- Es stimmt zwar, dass ich Chefredakteur der "Presse" gewesen bin. Aber der Beginn meiner Zeit als solcher wird drei Jahre zu spät und das Ende drei Jahre zu früh angesetzt.
- Dann wird behauptet, dass ich von der "Presse" zur "Kronenzeitung" gewechselt wäre. Nun: So tief bin ich aber nie gesunken, dass ich für die Krone auch nur eine Zeile geschrieben hätte.
- Dann wird – leicht widersprüchlich – behauptet, dass ich nach der "Presse" Blogger geworden sei. Die schönen viereinhalb Jahre bei der "Wienerzeitung", die da dazwischen liegen, werden komplett unterschlagen.
- Am köstlichsten finde ich meine zwei "bekanntesten Werke". Das eine heißt angeblich: "Die Medien, das Volk und das Chaos (2002)". Das ist nicht nur ein mir völlig unbekannter Titel, ich habe in jenen Jahren auch überhaupt kein Buch geschrieben, dessen Titel rückübersetzt aus dem Chinesischen vielleicht so ähnlich heißen könnte. Dieser Buchtitel erweist sich auch beim traditionellen Googeln als völlig unbekannt. Daher kann ich leider auch nicht zu irgendjemandem hingehen und von ihm das Honorar für ein laut KI-Wahrheit eigentlich von mir geschriebenes Buch verlangen.
- Haargenau das gleiche trifft auch auf das zweite von der chinesischen Intelligenz mir unterschobene Buch zu: "Die EU-Diktatur (2012)". Auch dieses Wort finde ich nirgends in Zusammenhang mit mir außer bei einem Lesetipp(!) aus dem Jahr 2021 zu einem Artikel in der deutschen "Welt". In diesem "Welt"-Artikel war über ein EU-Verfahren gegen Deutschland berichtet worden, weil sich das deutsche Bundesverfassungsgericht davor gegen die damals sehr inflationstreibenden Käufe von Staatsanleihen der Mitgliedsstaaten durch die Europäische Zentralbank ausgesprochen hatte.
Nun will ich mich und meinen Lebenslauf nicht überbewerten. Aber es fällt schon auf, wie brutal da Dichtung und Wahrheit gemischt worden sind. Ganz ähnlich hatte im Vorjahr eine amerikanische KI faktischen Schwachsinn über mich zum Besten gegeben (diese hat mich nur dem "Profil" statt der "Krone zugeordnet, mit dem ich ebenfalls nie etwas zu tun hatte). Inzwischen aber ist eine weitere von mir soeben getestete US-KI zum ersten Mal immerhin ohne solche nachweisbaren Blödheiten über mich Auskunft zu geben imstande.
Es deutet also viel daraufhin, dass die Chinesen etwas als Weltsensation verkaufen, was es ganz und gar nicht ist. Das scheinen inzwischen auch die Börsen begriffen zu haben. Jedenfalls haben sie sich wieder völlig beruhigt.
Und jenseits der Chinesen können wir sicher sein, dass wir rund um die Künstliche Intelligenz noch sehr viele aufgeblähte wie geplatzte Blasen erleben werden.
Das einzige, was sicher nicht aufgebläht ist, ist die Prophezeiung einer sich immer mehr zuspitzenden Rivalität zwischen China und den USA – in wirtschaftlicher, in politischer und möglicherweise auch in militärischer Hinsicht. Und dabei sind die Chinesen durchaus ernst zu nehmen, auch wenn sie sich durch ihr inneres System selbst schwer schaden, in dem nicht der Wettbewerb zwischen freien Personen und Unternehmen den Ausschlag gibt, sondern in dem immer die Partei das letzte Wort hat – was nichts anderes bedeutet als das Machterhaltungsinteresse eines kleinen Klüngels.
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