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Die deutlichen Gewinne der FPÖ im Burgenland, die zu rund zwei Drittel auf Kosten der ÖVP und zu einem Drittel auf Kosten der SPÖ gegangen sind, können nichts daran ändern: Im Eisenstädter Landtag gibt es neuerlich eine knappe Linksmehrheit und damit zweifellos eine Verlängerung der Ära Doskozil, auch wenn sich dieser erstmals einen Koalitionspartner suchen muss. Viel spannender und lehrreicher ist aber die Interpretation der Ursachen des Ergebnisses. Da zeigen sich drei klare Aspekte: erstens die ungehindert andauernden Folgen der schweren Fehler des Karl Nehammer, zweitens einen beklemmenden Populismus auf Landesebene, der intensiv an die Ära Kreisky erinnert, und drittens die Auswirkungen der Kandidatur von Norbert Hofer.
Der katastrophalste Fehler des Karl Nehammer ist schon lange vor der Landtagswahl, aber auch der Nationalratswahl passiert. Er ist seither im Tagebuch auch immer wieder kritisiert worden. Er könnte sich als überhaupt tödlich für die Zukunft der ÖVP erweisen. Er erinnert daran, wie von Italien über Frankreich und Spanien bis zu den Niederlanden die großen christdemokratischen Parteien heute fast überall tot oder nur noch ein winziger Erinnerungsposten in der politischen Bilanz sind. Überall haben sie eines Tages vergessen, dass sie nur als Mitte-Rechts-Partei und nicht als diffuse Mitte- oder gar Halblinks-Partei überleben können und einen politischen Sinn machen. Nehammers konkreter Fehler bestand ganz eindeutig in der Absage an die Kickl-FPÖ, womit die ÖVP ja nur noch als Koalitionspartner der Babler-SPÖ denkbar wurde.
Diesen Fehler setzte Nehammer auch noch nach dem Wahltag fort, nach dem er monatelang geglaubt hatte, mit der Babler-SPÖ eine sinnvolle Koalition machen zu können. Das löste den zweiten steilen Absturz der ÖVP in der Wählergunst nach dem einstigen Abschuss von Sebastian Kurz (durch die WKStA und durch den grünen Koalitions-"Partner") aus. Dieser zweite Absturz der ÖVP geschah wohlgemerkt erst in den Wochen nach der Nationalratswahl! Da wurde den ÖVP-Wählern erst so richtig klar, welchen verhängnisvollen Weg ihre Partei gegangen ist.
Zwar versuchen die SPÖ-nahen Medien (und die vom ORF um teures Gebührengeld beschäftigten "Politikexperten") den Absturz der ÖVP auf den Abbruch der Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ zurückzuführen. Aber das ist nachweislich unrichtig. Denn der Großteil des Absturzes von 26 Prozent am Wahltag auf nunmehr jämmerliche 18,5 geschah VOR dem Wechsel der ÖVP unter einem neuen Parteichef zu Verhandlungen mit der FPÖ. Zwar ging es auch seither bergab – aber nur noch ein letztes Stück.
Ob die ÖVP noch ein drittes Mal jemanden finden wird, der sie so wie nach Erhard Busek, nach Reinhold Mitterlehner jetzt auch noch nach Karl Nehammer – sie alle hatten die Partei nach links verschoben – neuerlich lebendig macht? Man muss zweifeln.
Der SPÖ-Absturz im Burgenland war nicht einmal halb so tief wie jener der ÖVP. Es gelingt ihr immerhin, den Landeshauptmann zu halten, auch wenn sie die absolute Mehrheit verloren hat. Sie kann sich unter allen drei im Landtag vertretenen Parteien eine willfährige suchen, die den Landeshauptmann mitwählen darf. Am ehesten tippe ich auf die zwei grünen Abgeordneten.
Dass sich Hans Peter Doskozil so relativ gut halten konnte, ist am besten mit einer Wiederholung jener Tricks zu vergleichen, mit denen Bruno Kreisky etliche Jahre erfolgreich war. Dieser hat in den 70er Jahren mit seiner Wirtschafts- und Verstaatlichungspolitik große Wahlerfolge erzielt. Dass sich diese in einem gigantischen Zuwachs der Verschuldung und einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie niedergeschlagen hat, haben viele Österreicher lange gar nicht mitbekommen. Sie bekamen das dann erst mit großem Krach in den 80er Jahren zu spüren, als fast die ganze verstaatlichte Industrie kollabierte. Aber etliche Jahre waren die Kreisky-Kunststücke erfolgreich, sich durch Wohlfahrts-Aufblähung auf Schulden und durch Vermeidung von Arbeitslosigkeit auf Kosten einer immer maroder werdenden Staatsindustrie die Wählergunst zu kaufen.
Ganz ähnlich läuft es heute im Burgenland. Dort wird unter Doskozil fast jedes marode Unternehmen vom Land "gerettet". Dort werden sogar Strompreise auf 20 Jahre eingefroren. Das kann mit absoluter Sicherheit nicht gut gehen und muss mit einer Implosion enden, wie jeder Maturant ausrechnen kann. Aber diesmal hat es noch geholfen.
Die offensichtliche Doskonomics-Geldverschwendung und -Fahrlässigkeit zeigt im Übrigen auch, dass offensichtlich zu viel Steuergeld in die Bundesländer fließt, was man sich auf Bundesebene für den nächsten Finanzausgleich merken sollte.
Es gibt aber noch einen weiteren Kreisky-Effekt bei Doskozil: So wie damals viele Bürger des seit 1914 vom Schicksal und fast aller Welt gebeutelten und gedemütigten Landes irrsinnig stolz waren, wie Kreisky es wagte, von Washington bis Tel Aviv ausländische Staatsmänner ständig zu beschimpfen und beleidigen, so sind heute im Burgenland sehr viele stolz darauf, wie Doskozil mit einem SPÖ-Bundesparteichef nach dem anderen umgeht. Sein Auftreten tut dem Ego mehr als gut, wenn man im kleinsten, ärmsten und stets belächelten Bundesland daheim ist.
So ist es nachvollziehbar, dass die SPÖ im Burgenland diesmal 46 Prozent erzielen konnte, während sie im September bei der Nationalratswahl dort nur auf 27 Prozent gekommen war.
Die FPÖ schnitt bei den Landtagwahlen nicht so gut ab wie bei den Nationalratswahlen. Das hängt zweifellos mit dem Landeshauptmann-Aspekt zusammen. In einem anderen Vergleich schnitt sie jedoch sogar besser ab: Die Freiheitlichen konnten bei der Landtagswahl im Burgenland ihren Stimmenanteil weit mehr als verdoppeln, während ihnen das bei der Nationalratswahl dort nicht einmal annähernd gelungen war.
Bei den Freiheitlichen kann man aus den vielen Ursachen des Erfolgs die wichtigste nur relativ schwer im Detail herausarbeiten. Unbestreitbar ist aber, dass die Spitzenkandidatur von Norbert Hofer sich alles andere als negativ ausgewirkt hat. Man kann es also auch so formulieren: Im gegenwärtigen Trend schadet es der FPÖ keineswegs, wenn sie mit einem ruhigen staatsmännischen Typ an der Spitze antritt. Ganz im Gegenteil.
Vielleicht versucht Herbert Kickl doch, sich dorthin zu entwickeln …