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Es ist wie eine Kettenreaktion auf den massiven Wahlsieg des Donald Trump. Beim Kollaps der deutschen Regierung geht es genauso wie beim amerikanischen Wahlausgang primär um finanzielle Fragen. Dennoch wundern sich viele Österreicher über die Vorgänge in Berlin: Warum folgt auf den leichtsinnigen Hinauswurf der FDP (eigentlich vordergründig "nur" den von Christian Lindner) durch Olaf Scholz und damit die Zertrümmerung einer Mehrheit für die Ampel nicht einfach durch die Scholz ständig kritisierenden und nun über eine Mehrheit verfügenden Parteien ein sofortiges Misstrauensvotum, das als logische Folge auch Bundeskanzler Olaf Scholz seines Amtes entheben würde? Genau das ist ja 2019 Sebastian Kurz passiert, als er 2019 nach der Ibiza-Intrige die FPÖ (eigentlich vordergründig "nur" Herbert Kickl) leichtsinnigerweise hinausgeworfen hat. Das hat zwei ganz erstaunliche Gründe.
Der eine besteht darin, dass die CDU partout nicht mit der AfD gemeinsame Sache machen, also die vorhandene bürgerliche Anti-Scholz-Mehrheit aktivieren will. Der andere besteht darin, dass in Deutschland laut Grundgesetz eine Regierung durch ein Misstrauensvotum gar nicht gestürzt werden kann. Das ginge nur dann, wenn es ein "konstruktives" Misstrauensvotum wäre, also ein Votum, das gleichzeitig eine Mehrheit für einen neuen Bundeskanzler erbringt. So wie es 1982 bei der Ablöse des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt durch den CDU-Mann Helmut Kohl in einer einzigen Parlamentssitzung der Fall gewesen ist. Auch damals war pikanterweise ganz ähnlich wie heute ein tiefer wirtschaftspolitischer Dissens zwischen der FDP und einer SPD-Regierungsspitze der wahre Grund einer Kanzler-Dämmerung gewesen, so wie es heute das Nein der FDP zu einer Aufhebung der Schuldenbremse und das Verlangen nach wirtschaftlichen und sozialen Strukturreformen in einem zutiefst kaputten Land ist.
Der große Unterschied zu damals: Heute haben CDU und FDP gemeinsam nicht mehr die Mehrheit, um einen Nachfolger als Bundeskanzler zu fixieren. Die hätten sie eben nur zusammen mit der AfD. Die ist zwar wirtschaftspolitisch total auf gleicher Wellenlänge mit CDU und FDP. Aber die wird als unberührbar behandelt. Da bleibt die CDU krankerweise lieber in Opposition …
Dieser zuvor skizzierte verfassungsmäßige Unterschied hängt damit zusammen, dass die Väter des deutschen Grundgesetzes einst möglichst für Stabilität sorgen wollten, damit nicht wie in der Zwischenkriegszeit wieder ständig Regierungen abgeschossen werden können. Daraus folgt die merkwürdige Situation, dass Scholz auch ohne Mehrheit im Amt bleibt, bis er quasi von sich aus die Vertrauensfrage zu stellen und damit den Weg zu Neuwahlen freizugeben bereit ist. Damit hat das Grundgesetz einerseits dafür gesorgt, dass Deutschland immer eine Regierung hat. Damit schafft es aber andererseits die merkwürdige Situation, dass Scholz auch ohne Mehrheit fast ewig weiterregieren kann, solange sich keine andere Koalitionsmehrheit zusammenfindet. Und seit der Gründung der EU können dadurch die deutschen Regierungsmitglieder in den diversen EU-Räten überdies auch als europäische Gesetzgeber mit starkem Stimmgewicht mitwirken.
Diese Situation ist in Hinblick auf die Grundprinzipien der Demokratie und Gewaltenteilung eigentlich extrem fragwürdig. Aber so wie in Österreich werden auch in Deutschland (oder den USA) fragwürdige Regelungen der jeweiligen Verfassung als absolut sakrosankt behandelt, wie ein Gesetz Gottes oder ein Naturgesetz. Niemand wagt, sie kritisch zu hinterfragen.
Abgesehen von dieser Verfassungs-Besonderheit erinnert die politische Lage in Deutschland aber frappant an die in Österreich. Das tut vor allem jener Zustand, wie er nach den nächsten deutschen Wahlen zu erwarten ist, wann auch immer die im nächsten Jahr stattfinden, im Jänner (wie es optimal wäre), im März (wie es Scholz derzeit vorschlägt) oder erst im September (wenn Scholz bis zum Ende der Legislaturperiode nie die Vertrauensfrage stellen sollte):
Aus den vielen pointierten Kommentaren zum Ende der deutschen Ampel darf ich zwei mir besonders köstlich erscheinende zitieren: