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Die Wiener Polizei hat zwei Kundgebungen für den kommenden Samstag verboten, die beide FPÖ-nahe Zielsetzungen haben. Das muss Alarmglocken läuten lassen, so absurd und gefährlich in Zeiten wie diesen auch Parolen wie "Frieden und Neutralität!" sind. Denn diese sind ja absolut gleichbedeutend mit "Hoch der russische Angriffskrieg!" oder: "Weg frei für die russische Armee, wo auch immer sie hinwill!" Dennoch ist die Begründung der Polizei für die Untersagung als erstaunlich und rechtsstaatlich bedenklich zu tadeln.
Der Grund der Untersagung sei laut Polizei, "dass das Recht auf Erwerbsfreiheit der Betriebe der Wiener Einkaufsstraßen und das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss" jenes der Versammlungsfreiheit überwiegt.
Nun, an sich sind die Begründungen vollkommen richtig. Und mit Sicherheit würde es die Freiheitlichen etliche der zu ihren Gunsten von den anderen Parteien seit Jahren angehäuften Sympathiepunkte kosten, sollte sie ihr in der Corona-Leugnerschaft demonstrationserprobt gewordene Fußvolk ausgerechnet an einem vorweihnachtlichen Einkaufssamstag in Massen nach Wien schicken. Das sind nämlich Tage, an denen man sich ja schon ohne solche Demonstrationen kaum in der Stadt bewegen oder mit dem Auto fahren kann, weil alle Österreicher schlagartig gleichzeitig mit ihren Einkäufen beginnen, weil die erstaunlicherweise zu einem internationalen Magnet gewordenen Wiener Weihnachtsmärkte Hunderte Busse, Tausende Pkw und Zehntausende Gäste aus den Nachbarländern anlocken.
Da ist es nur hirnverrissen, wenn man glaubt, durch Demos an solchen Tagen Sympathien erwerben zu können – auch wenn man insgeheim davon ausgeht, an solchen Samstagen eine besondere Anzahl von Demonstrations-Bummlern anziehen zu können, die zuerst die anderen Stadtbesucher behindern, um dann selbst die Weihnachtsmärkte zynisch genießen zu können (was auch immer daran Genuss sein mag außer einem heißen Punsch …).
Aber dennoch mutet die Begründung der Polizei merkwürdig an, da diese bei linken Demonstrationen nie aufgetischt worden ist, obwohl sie da genauso zugetroffen hätten, da auch islamistische Kalifat-Demonstrationen meist ungehindert stattgefunden haben. Da kann man die Vermutung nicht los werden, dass die Wiener Polizei bei einer Demonstration, die sich neben den skurrilen Neutralitäts-Wünschen auch gegen die "Zuckerlkoalition" wendet, strenger ist als bei Demonstrationen von ein paar Dutzend Altlinken gegen Schwarz-Blau, die einst jeden Donnerstag die Stadt blockiert haben (und deren versuchte Wiederbelebung inzwischen mangels Zuspruchs gescheitert ist). Auch die Verkehrsbelastung durch ein paar Dutzend Grüne, die auf dem Ring zu campieren beschlossen hatten, oder durch irgendwelche Klimafanatiker, die sich auf der Straße festgeklebt haben, hat die Polizei nicht so gestört wie jetzt die FPÖ-Demonstrationen. Ebensowenig war die Erwerbsfreiheit der Betriebe relevant, als andere (oder die gleichen?) Linksextremisten Pelz-Geschäfte in den Ruin getrieben haben.
Damals hat sich die Polizei immer auf den Verfassungsgerichtshof ausgeredet, der – zur Empörung der Bevölkerung – die Versammlungsfreiheit ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf Verkehrs- oder Gewerbefreiheit in einer seltsamen Judikatur gleichsam zum allerobersten Rechtsgut erhoben hat. Auch dann, wenn die Versammlungen nicht angemeldet waren.
Es wäre ja schön, wenn die Richter des VfGH ihre Judikatur geändert hätten. In Zeiten des Internets muss man wirklich nicht andere Menschen terrorisieren und nötigen, um seine Meinung der restlichen Welt verkünden zu können. Zumindest kann man das, solange die vor allem von der EU ausgehenden Versuche einer Zensur des Internets nicht greifen.
Nur ist mir absolut keine Judikatur bekannt, dass sich diese höchstgerichtliche Meinung geändert hätte. Daher bekommt die Entscheidung der Wiener Polizei jedenfalls einen ganz üblen Geruch – obwohl man sie an sich als absolut richtig ansehen müsste.
Denn damit haben wir die rechtsstaatlich mehr als bedenkliche Situation, dass die Obrigkeit je nach ideologischer Sympathie extrem unterschiedlich vorgeht. Und das sollte für jeden am Rechtsstaat Interessierten unerträglich sein.
Das üble Verschwimmen von angeblich über allem stehenden Maßstäben zeigt sich in diesen Tagen aber auch bei der SPÖ – im gleichen Zusammenhang der jüngsten Wahlen, wenn auch mit anderen Vorzeichen: Plötzlich gilt die 40 Jahre lang einzementierte Vranitzky-Doktrin nicht mehr, derzufolge für die SPÖ eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen ausgeschlossen war.
Ständig haben die Sozialdemokraten diese Doktrin ja wie eine rote Fahne als "Beweis" ihrer moralischen Überlegenheit vor sich hergetragen. Und die ÖVP wurde bei jeder Kooperation mit den Freiheitlichen sofort als "rechtsextremistisch" eingenordet und damit auch gleich irgendwie zum Mitschuldigen des Holocaust gemacht (obwohl es die damaligen Schwarzen waren, die bis in den März 1938 als einzige gegen den drohenden "Anschluss" gestanden sind, während bei den damaligen Roten vielfach die Aversion gegen die Schwarzen größer war als gegen die Braunen).
Empört wurde von der SPÖ der – zweifellos zutreffende – Vorwurf immer zurückgewiesen, dass diese ganze Doktrin und die ständige "Rechtsextremismus"-Panikmache rein wahltaktisch und koalitionstaktisch begründet gewesen sind, um so möglichst immer an der Macht beteiligt zu sein. Die jetzige Begründung für ein Abgehen von der Doktrin durch Franz Vranitzky selbst beweist aber, wie verlogen und heuchlerisch sie immer gewesen ist: Damals habe, so Vranitzky jetzt, die SPÖ noch eine ausreichende Mehrheit gehabt; außerdem sei es um Jörg Haider gegangen, der "sich nicht ausreichend vom nationalsozialistischen Gedankengut getrennt hat"; das sei jetzt anders.
Da kann man nur sagen: Erstaunlich, als wie flexibel sozialdemokratische "Werte" sich doch immer wieder erweisen. Da kann man fast auf den Gedanken kommen, sie seien immer nur heuchlerischer Opportunismus gewesen. Denn:
Ganz unabhängig von all dem ist freilich der Inhalt der Demonstrations-Slogans "Frieden und Neutralität" zu bewerten. Denn:
Wer aber trotz allem an die Neutralität glaubt, der muss dann jedenfalls für eine massiv bessere Landesverteidigung eintreten, so wie Österreich es 1955 auch versprochen hat. Dazu gehört im Jahr 2024 vor allem und völlig unverzichtbar – siehe die ständigen Raketenduelle in der Ukraine und im Nahen Osten – eine möglichst wirksame Raketenabwehr. Die Erkenntnis der Notwendigkeit dieses Zieles ist wiederum fast der einzige Grund, warum die jetzt verhandelte Dreierkoalition einen Sinn haben könnte, da sich die FPÖ auf das dumme Nein zu "Sky Shields" festgelegt hat.