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Die Ernte des Reinhold Nehammer

Es ist ein mehr als deutliches Vorzeichen dessen, was auf die große bürgerliche Mehrheit der Österreicher zukommt. Seit sich die Vorsitzenden der beiden bürgerlichen Parteien total zerstritten haben, seit die Herren Kickl und Nehammer vor gegenseitigem Hass sprühen, seit persönliche Befindlichkeiten wichtiger sind als politische Inhalte, seit das Ruder auf eine Linkskoalition gestellt ist, geht es für die bürgerliche Welt den Bach hinab. Entgegen der rechten Mehrheit im Lande haben de facto die Linken auch schon vor Antritt jener Koalition das Sagen. Das Schicksal des amtierenden ÖVP-Chefs Karl Nehammer erinnert dabei immer mehr an jenes seines unglückseligen Vorvorgängers Reinhold Mitterlehner, der sich ohne Not so sehr an die Linke gebunden hat, dass ihm schließlich seine frustrierte Partei die seit der Türkenbelagerung 1683 (die man wohl bald auch nicht mehr so nennen oder überhaupt erwähnen wird dürfen) sprichwörtliche Seidene Schnur geschickt hat. Das hat Mitterlehner ins Nirwana gestürzt, aus dem er nie wieder auftauchen sollte. Genau das droht jetzt auch Nehammer.

Der jüngste Beweis der Selbstbeschädigung der ÖVP ist die Neuregelung, die Schwarz und Grün für die Beschlagnahme von Handys gefunden haben (diese Neuregelung war auf Grund einer Aufhebung der bisherigen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof notwendig geworden). Die ÖVP wollte die Auswertung der Handy-Inhalte in die Hände der Polizei legen; die Grünen hingegen in die Hände der Staatsanwaltschaft.

Die ÖVP hat das aus gutem Grund so gewollt. Denn die Staatsanwaltschaft hat sich in den letzten Jahren als wenig vertrauenswürdig, als wenig gesetzestreu erwiesen. Ist sie doch entgegen ihrer Amtspflicht nur so dicht wie ein Sieb. Beschlagnahmte Handy-Kommunikationen ("Chats") sind von dort immer sofort an linke Wochenzeitungen weitergegangen, sobald die Staatsanwälte angenommen haben, dass sie einem rechten Exponenten schaden könnten. Dabei hätten diese Handy-Inhalte von Anfang an nicht in einem Strafakt landen dürfen, sind sie doch strafrechtlich völlig irrelevant. Das galt etwa für den Umstand, dass ein bürgerlicher Aktivist schwul ist. Das galt etwa für die Tatsache, dass ein anderer (Sebastian Kurz) in einem Privatgespräch ein Schimpfwort über seinen damaligen Parteiobmann (Mitterlehner) verwendet hat.

Dieser Disput um die Handy-Inhalte hat nun mit einem totalen Sieg der Linken, beziehungsweise der Staatsanwälte, geendet. Weiterhin können linksradikale Staatsanwälte ihre miesen politischen Spielchen betreiben. Sie bekommen weiterhin alle Handy-Inhalte als erste in die Hand. Sie dürfen sogar Zufallsfunde auswerten, nach denen sie gar nicht gesucht haben, sogar dann, wenn der ursprüngliche Beschlagnahme-Grund sich als unrichtig – oder gar als beliebiger Vorwand erweist.

Und die ÖVP hat den rotgrünen Wünschen voll nachgegeben, mit denen die WKStA weitere Jahre ihr Unwesen noch exzessiver betreiben kann.

Das ist genau das, was in den nächsten Jahren noch sehr oft geradezu zwangsläufig passieren wird, sobald Nehammer sich in seiner Partei mit seinem Wunsch durchsetzen sollte, eine Dreierkoalition mit der Linken abzuschließen. Er hat hingegen mit der FPÖ nicht eine einzige Verhandlungsrunde gemacht, um zu sehen, ob man vielleicht zusammenfindet, ob die FPÖ in Sachen Außen- und Gesundheitspolitik von ihren inakzeptablen Positionen abrückt.

Dementsprechend musste er jetzt auch in Sachen Handys den Grünen nachgeben, deren Standpunkt ja ohnedies fast immer identisch ist mit dem der SPÖ.

Kein Wunder, dass sich immer mehr in der ÖVP von Nehammer abwenden, für den parteiintern immer öfter der Vorname Reinhold verwendet wird.

Abgewendet hat sich etwa Karoline Edtstadler, die ja in der Handy-Frage lange gegen die von der Linken gewünschte Regelungsvariante gekämpft hat. Interessant ist auch, dass etwa Sebastian Kurz plötzlich wieder mediale Auftritte wahrnimmt. Fast noch interessanter ist, dass der am Wochenende wohl zum Opfer der Nehammerschen Irrwege werdende Landeshauptmann Christopher Drexler sich vor den für ihn entscheidenden steirischen Landtagswahlen deutlich FPÖ-freundlicher geäußert hat, als man es in der Bundeszentrale tut.

Wie lange glaubt Nehammer es eigentlich noch politisch überleben zu können, sollte es in der Steiermark wirklich in irgendeiner Form zur Zusammenarbeit von Schwarz und Blau kommen?

  1. Wenn er rechnen kann, dann müsste er entdecken, dass dann schon in fünf von neun Bundesländern die beiden Parteien der politischen Rechten in einer gemeinsamen Koalition stehen.
  2. Wenn er hören kann, würde er auch die Gerüchte aus der niederösterreichischen Gerüchteküche mitbekommen, wo Stephan Pernkopf immer begieriger auf den Landeshauptmann-Sessel blickt, und wo Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zumindest angeblich bereit sein soll, diesen Sessel zu räumen und ihn gegen den des Vizekanzlers einzutauschen.
  3. Wenn er in die Vergangenheit blicken oder die Zukunft sehen könnte, dann müsste Nehammer auch wissen, wie schnell ein ÖVP-Obmann durch einen diskreten, aber entschlossenen Vorstoß der Landesparteiobleute gestürzt werden kann (bei dem nur die politisch unbedeutende Wiener ÖVP nicht mitmachen dürfte, die ja ganz darauf setzt, an den Rockschößen der Wiener SPÖ endlich wieder ins politische Spiel zu kommen). Dieser Vorstoß scheint fast sicher zu sein, falls es nach erstens dem nunmehrigen Einknicken bei der Handy-Beschlagnahme zweitens auch zum schon prophezeiten Verlust der Steiermark und drittens im Ergebnis der Dreiparteiengespräche sich auch nur ein einziger der folgenden Punkte finden sollte. Diese Punkte, von denen jeder Nehammer zum Totalumfaller und endgültigen Abschusskandidat machen würde, wären vor allem:
  • ein Schritt Richtung Gesamtschule;
  • das Fehlen eines echten Sparprogramms;
  • mehr Schulden;
  • mehr Steuern;
  • eine weitere Entrechtung der Familien unter dem Vorwand "mehr Kinderrechte", was ja in Wahrheit nur einen intensivierten Zugriff des Staates auf die Kinder, nur eine Noch-mehr-Verstaatlichung der Familie bedeutet;
  • keine Erleichterung von Mehrarbeit;
  • keine Schritte Richtung einer echten Pensionsreform, einer Anhebung des Antrittsalters;
  • eine Fortsetzung des Zadic-Kurses, der die Strafjustiz zu einer ideologischen Waffe gemacht hat;
  • keine Schritte zu einer Begrenzung der Migration;
  • keine Entlastung der Wirtschaft von Bürokratie;
  • keine Kritik an den EU-Lieferkettengesetzen und am Verbrennerverbot.

Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit ist extrem groß, dass Nehammer nicht mehr lange Parteiobmann bleiben wird, auch wenn sich kein Nachfolger so direkt aufdrängt, wie es beim Ende Mitterlehners der Fall gewesen ist. Aber bis auf Nehammer und seine Schlangenratgeber können alle Politiker die dramatischen Zahlen der diversen Umfragen lesen, wie sie NACH der für die ÖVP ohnedies katastrophalen Nationalratswahl  eine veränderte Zustimmung zu den Parteien zeigen. Denn inzwischen hat sich der Abstand der ÖVP zur (auf 33 Prozent aufgestiegenen) FPÖ von 2,6 Prozentpunkten auf 9,6 erhöht. Das ist die größte und schnellste Verschiebung in der Wählergunst seit dem Abschuss von Sebastian Kurz durch die Zadic-Justiz und seit dem Abschuss von Pamela Rendi-Wagner durch die Herren Doskozil und Babler. Das ist zugleich auch der höchste Wert in der Geschichte der FPÖ.

Inzwischen wird manchen in der ÖVP übrigens auch noch etwas anderes aufgefallen sein: Der einstige finale Kurz-Abschuss war zwar durch die WKStA erzielt worden, der eigentliche Startschuss für das Verfahren war aber eine Strafanzeige der Neos gegen Kurz gewesen. Dieselben Neos haben hingegen auffälligerweise keine Anzeige gegen Herbert Kickl gemacht. Dabei waren dessen Aussagen im gleichen Ausschuss in noch viel mehr Fällen problematischer als die von Kurz. Man kann daraus schließen, dass auch die Neos, die Dritten im Bunde der nach einem (vergifteten) Zuckerl genannten Dreierkoalition primär vom Hass auf die ÖVP getrieben sind, als dass sie in Sachfragen ein Partner wären.

Die Dummheiten des Friedrich Merz

Aber vielleicht klammert sich Nehammer als Trost an die Tatsache, dass sich sein deutscher Parteifreund Friedrich Merz in einer gar nicht so unähnlichen Situation mindestens genauso dumm verhält.

  1. Denn dieser Merz zieht allen Ernstes im deutschen Bundestag Anträge der CDU zurück, nur weil anzunehmen ist, dass ihnen auch die AfD, also die Schwester der FPÖ, zustimmen und zur Mehrheit verhelfen könnte.
  2. Denn dieser Merz hat jetzt großspurig eine Liste von zehn Gesetzen der deutschen Linksampel veröffentlicht, die er nach den Neuwahlen abschaffen will. Jedem dieser Vorhaben kann man an sich nur zustimmen, wie etwa einem Ende des hohen Bürgergeldes (das Milliarden vor allem zugunsten von Migranten verbrennt), wie einer Abschaffung des "Selbstbestimmungsgesetzes" (demzufolge Deutsche regelmäßig ihr Geschlecht "ändern" können), wie einem Ende der beschleunigten Einbürgerung, der Freigabe von Drogenkonsum und des schikanösen grünen Heizungsgesetzes. Aber da Merz mindestens genauso lemminghaft entschlossen ist wie Nehammer, nach der Wahl mit den Sozialdemokraten zu koalieren, ist diese Liste leeres Gerede. Denn die Sozialdemokraten werden einer Abschaffung der von ihnen gemachten Gesetze zweifellos nicht zustimmen.
  3. Denn dieser Merz nimmt es sogar tatenlos hin, dass die drei (bei den Umfragen seit langem zusammen auf 30 Prozent abgestürzten!) Ampelparteien jetzt noch die letzten Tage ihrer parlamentarischen Mehrheit nutzen, um eine noch weitergehende Liberalisierung der Abtreibung voranzutreiben, während die SPD gleichzeitig von Staatsverantwortung und Konsens mit der CDU schon für die Übergangszeit schwurbelt.
  4. Denn dieser Merz hat in den letzten Wochen sogar die Gelegenheit vorbeigehen lassen, gegen SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz ein konstruktives Misstrauensvotum einzubringen, um selber Bundeskanzler zu werden. Damit hätte die CDU die von der SPD lähmend hinausgezögerte Übergangzeit drastisch verkürzen und als nächste Maßnahme durch Stellen der Vertrauensfrage rasche Neuwahlen auslösen können. Das hätte Deutschland viele quälende Monate erspart. Dem hätten wohl sowohl die FDP (die ja von Scholz gerade aus der Regierung geworfen worden ist) wie auch die AfD zugestimmt. Aber selbst das wollte er nicht – wiederum deshalb, weil da die AfD gleich wie die CDU gestimmt hätte.

Diese Parallele ist kein Zufall. Die ÖVP macht allzu peinlich und allzu oft die kranken Dummheiten der CDU nach, ebenso wie die SPÖ die der SPD und die FPÖ die der AfD.

Geistig scheint in der österreichischen Politik offenbar der Abschied vom "Anschluss" noch nicht vollzogen. Zugleich leiden wir schmerzhaft darunter, dass wir in der Wirtschaft jedenfalls massiv von den Irrungen und Wirrungen in Deutschland abhängig sind.

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