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Der Kampf der Justiz UND der Parteien gegen die Demokratie

Jetzt geht es endgültig ums Eingemachte der Demokratie. Nach dem ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz läuft nun auch gegen den FPÖ-Chef Herbert Kickl ein Strafverfahren wegen rechtlich des absolut gleichen Mini-Delikts einer unrichtigen Aussage in einem Parlamentsausschuss (das nur von Kickl im Unterschied zu Kurz gleich mehrfach begangen worden sein dürfte). Die Anzeige gegen Kickl war ein geradezu logisches Revanchefoul, das nach dem ersten Foul, dem gegen Kurz, neuerlich einen schweren Schaden für die Demokratie auslöst.

Die Parteien haben durch die Schaffung des Instruments der Untersuchungsausschüsse mit Sanktionsandrohung für unwahre und unvollständige Aussagen, durch das absichtliche Stellen von Fallen beim Verhör feindlicher Politiker, durch das gegenseitige Einbringen von Strafanzeigen gegen Politiker anderer Parteien und durch das kollektive Gejohle gegen die durch solche Anzeigen auf die Anklagebank gebrachten Politiker der österreichischen Demokratie gleich zweimal schweren, fast unheilbaren Schaden zugefügt.

Der erste Kapitalschaden besteht darin, dass bei vielen Österreichern dem Ansehen der Demokratie und der ganzen Klasse der Repräsentativpolitiker ein schwerer Schaden zugefügt wurde. Diese skizzierten Vorgänge haben massiv das kollektive Vorurteil unter den Bürgern vermehrt, dass das "eh alles Gauner" seien. Es konnten ja nur sehr naive Neos – und dann die ihnen zujubelnden Roten, Blauen, Grünen – geglaubt haben, dass man nur der ÖVP durch das Stellen solcher Fallen und solcher Anzeigen schaden kann. Und es konnten auch nur sehr naive Schwarze oder Türkise geglaubt haben, dass jetzt nur die von ihnen angezeigten Blauen den Schaden davontragen.

Und der zweite Kapitalschaden besteht darin, dass man es dadurch hochgradig politisierten und politisierenden Staatsanwälten – vor allem in der WKStA, aber in den letzten Jahren auch im Justizministerium – ermöglicht hat, mit einer sehr eigenen Agenda zum politischen Akteur zu werden und damit die Demokratie an den Rand zu drängen. Die Agenda der WKStA besteht fast einzig im "Kampf gegen rechts", im Kampf gegen ÖVP und FPÖ, sowie gegen die Wirtschaft. Hingegen hat diese WKStA es immer verabsäumt, dem wirklich weitaus größten und echten Korruptionsskandal nachzugehen, den massenweisen Medienbestechungen durch das Imperium der Gemeinde Wien.

Mit ihren Beiträgen zu diesem doppelten Fiasko haben die beiden bürgerlichen Parteien aber auch selbst an der Demolierung der österreichischen Demokratie mitgewirkt. Dabei haben ÖVP und FPÖ in diesem Land seit 42 Jahren eigentlich eine absolute Mehrheit. Dabei verstehen die Linksparteien unter Demokratie immer nur die eigenen ideologischen Interessen.

Bei sämtlichen Studien und Umfragen der letzten Jahre erweist sich das Ansehen der Politiker und "der Politik" – was ja nur als Synonym für Demokratie verstanden werden kann – als katastrophal. Wenig überraschend ist da, dass auch die Medien (in der Hoffnung, dadurch vom eigenen Reputationsverlust abzulenken) rund um die Uhr mitgeholfen haben, das Ansehen der Politik hinunterzutragen.

Wo sind da konkret die Fehler begangen worden?

  • Der erste Hauptfehler liegt in der Konstruktion der Untersuchungsausschüsse. Diese waren angeblich dazu geschaffen worden, um Problemen und Missständen nachzugehen, um Besserungsvorschläge zu machen.
  • Durch Herstellung der Medienöffentlichkeit sind die Parteien danach fast automatisch in den katastrophalen zweiten Hauptfehler verfallen, die Untersuchungssauschüsse dazu zu missbrauchen, um nur jeweils andere Parteien mit Dreck zu bewerfen, um feindlichen Politikern eine Falle zu stellen. Konstruktiv etwas zu untersuchen oder gar Besserung in irgendeinem Bereich herzustellen ist absolut nie gelungen, auch praktisch nie versucht worden.
  • Der dritten Hauptfehler der Politik war, dass ihre Exponenten im Untersuchungsausschuss bei der Befragung als wahrheitspflichtige Zeugen viel zu forsch aufgetreten sind, statt sich um jede konkrete Aussage mit dem Satz herumzudrücken: "Da kann ich mich nicht erinnern."
  • Und der vierte Hautfehler war der unerträgliche Reigen der gegenseitigen Strafanzeigen, die seit den Zeiten des Jörg Haider in Österreich zur politischen Hauptwaffe geworden sind (Vergleich mit einem ganz anderen Bereich: Fußballanhänger von Rapid und Austria hassen einander ebenfalls so wie die Parteien, verprügeln sich auch oft – würden aber in ihrer Hooligan-Ehre nie auf den Gedanken kommen, sich gegenseitig anzuzeigen. Aber Parteien haben halt keine Hooligan-Ehre …). Als erste haben die jetzt so auf unschuldig machenden Neos die Haider-Tradition der Strafanzeigen als Hauptwaffe wiederaufgenommen.

Die Selbstzerstörung der repräsentativen Demokratie kann nur noch durch folgende zwei Wege gelingen:

  1. Durch die Abschaffung des Instruments der Untersuchungsausschüsse und ihr Ersetzen durch so etwas wie die "Royal Commissions" in Großbritannien. Diese tagen hinter verschlossenen Türen unter richterlicher Führung. Sie haben einen ganz präzisen Auftrag, konkrete Lösungsvorschläge für eine konkrete Problematik vorzulegen. Sie können also gar nicht als politische Waffe verwendet werden.
  2. Oder durch die Einführung der direkten Demokratie, die dieses gegenseitige Anpatzen und Fallenstellen ebenfalls weitgehend sinnlos machen würde.

Beides werden die Parteien in ihrem Selbstzerstörungstrieb aber nie machen. Dazu ist vor allem auch der gegenseitige Draht zwischen FPÖ und ÖVP trotz klarer Mehrheit viel zu zerstört. Es gibt unter ihren gegenwärtigen Parteiführern auch keine Chance mehr, dass das wieder besser wird.

Wird es gar das Strafverfahren gegen Herbert Kickl ermöglichen, dass da zwischen den beiden inhaltlich so nahen Parteien wieder Politik im Interesse Österreichs gemacht wird? So absurd das klingt, aber in diese Richtung besteht wirklich eine, wenn auch kleine Chance. Denn in Analogie zu Sebastian Kurz müsste auch Kickl spätestens bei Anklageerhebung zurücktreten. Immerhin hat er ja selbst damals vehement von Kurz wegen der Anklageerhebung dessen Rücktritt gefordert.

Ebenso klar ist, dass Karl Nehammer gehen muss, wenn er nicht bei den jetzigen Koalitionsverhandlungen triumphale Ergebnisse im Sinne des ÖVP-Programms erzielen sollte. Denn in der ÖVP kocht es ohnedies schon wegen seines Plans, mit der SPÖ unter einem Andreas Babler zu koalieren; denn dadurch hat sich bei Umfragen der Rückstand der ÖVP auf die FPÖ von drei auf gewaltige zehn Prozentpunkte vergrößert, denn dadurch hat die ÖVP alle Chancen verloren, den Posten des steirischen Landeshauptmanns zu verteidigen. Diesen Zorn kann Nehammer nur noch extrem schwer beruhigen.

So darf man bei aller Tristesse ein wenig hoffen: Nach dem Rücktritt beider wäre der Weg für eine blau-schwarze Regierung breit offen. Ansonsten ist es müßig, nach dem historisch Schuldigen für die Zerrüttung zwischen den beiden Parteien zu forschen, die immerhin zwei recht erfolgreiche Regierungsperioden hinter sich hatten. Letztlich ist diese Zerrüttung ein grandioser Erfolg für den linken Lauschangriff von Ibiza und seine Folgen.

Seither hat zwischen ÖVP und FPÖ immer öfter das eine das andere ergeben und zu einer sinnlosen Eskalation geführt:

  1. Der Lauschangriff hat ein überaus unerquickliches (wenn auch strafrechtlich irrelevantes) Herumgelalle des damaligen FPÖ-Chefs H.C.Strache über seine Bereitschaft, sich bestechen zu lassen, geoffenbart.
  2. Darauf hat Bundeskanzler Kurz, gleichsam auf die Intrige des Lauschangriffes hineinfallend, überreagiert und nach dem Rücktritt Straches auch den Rücktritt des eigentlich gar nicht involvierten Innenministers Kickl verlangt.
  3. Das war fast logischerweise für die FPÖ nicht akzeptabel.
  4. Darauf hat Kickl nicht nur die Macht in der FPÖ ergriffen, sondern die Partei von A bis Z auf einen totalen Rachefeldzug gegen die ÖVP eingestellt, der nicht nur auf seinen Hinauswerfer Kurz, sondern auf die ganze ÖVP auch unter Nehammer abgezielt hat, der im Grund seit fünf Jahren das einzige Parteiprogramm der FPÖ ist.
  5. Dadurch war wiederum Nehammer so tief gekränkt, dass er auch seinerseits alle Brücken zu Kickl abgebrochen hat.

Und seither fragen sich alle bürgerlichen Österreicher: wie kommen wir eigentlich dazu? Wir sind seit langem in der absoluten Mehrheit, aber unsere beiden Parteien streuen seit fünf Jahren trotz inhaltlicher Ähnlichkeit nur gegenseitigen Hass, sodass seither die grünrote Minderheit das Sagen hat.

Das hat der linksradikalen Justizministerin Zadic und  der sehr SPÖ-nahen Korruptionsstaatsanwaltschaft eine ungeheure Machtposition verschafft, in der sie sowohl den ÖVP- wie auch den FPÖ-Vorsitzenden mit der großen Artillerie eines Strafverfahrens attackieren konnte. Und die Frau Zadic hat zumindest beim Verfahren gegen Kurz in überaus bedenklicher Weise ermöglicht, dass der "richtige" Mann Richter wurde.

In einem raffinierten Schachzug und Ablenkungsmanöver versucht die WKStA mit ihrem Vorgehen gegen Kickl dafür zu sorgen, dass einer ihrer weiteren Skandale dadurch unter den Tisch gekehrt wird. Dabei ist allein dieser Skandal so arg, dass er zum Rücktritt der WKStA-Chefin und aller Mitverantwortlichen führen müsste. Denn gleichzeitig mit dem Bekanntwerden des WKStA-Antrags ans Parlament, gegen – den als Parlamentarier ansonsten immunen – Kickl strafrechtlich vorgehen zu dürfen, hat sie ein anderes Verfahren nach fünfjähriger(!!!) Dauer einfach eingestellt, einfach entsorgt.

Das war das Verfahren (unter anderem) gegen den früheren ÖVP-Obmann Josef Pröll und gegen den langjährigen Raiffeisen-Chef Walter Rothensteiner. Der ganze Vorwurf hatte auf einer anonymen Anzeige beruht (dreimal darf man raten, wer sie erstattet hatte …) und lediglich die Bestellung des Vorstands der Casinos Austria durch den Aufsichtsrat als angeblich fragwürdig zum Inhalt gehabt. Jetzt, nach fünf unglaublich langen Jahren sind sie bei der WKStA draufgekommen, dass die Bestellung des Vorstands sachlich eh durchaus zu rechtfertigen gewesen ist.

Die Genossen Staatsanwälte hat es neuerlich nicht geschert, dass sie dadurch das Leben einiger anständiger Menschen massiv kaputt gemacht haben. Aber freilich: An ihrem Wegesrand liegen ja schon etliche Leichen, metaphorische wie physische. Da kommt es auf weitere nicht an.

Man könnte durchaus zum Schluss kommen, dass beide Aktionen der WKStA nicht zufällig jetzt gleichzeitig erfolgt sind. Denn selbst den Dümmsten muss inzwischen klar sein, dass die Zeit der Frau Zadic zu Ende geht. In der WKStA muss man daher fürchten, dass ein unabhängiger oder ÖVP-naher Justizminister ihren Umtrieben jetzt ein baldiges Ende setzen wird.

Da hat man offenbar ganz einfach das Steuerrad herumgedreht, und von der ÖVP-Jagd auf volle Kraft voraus gegen die FPÖ geschaltet. So kann man den Rachezorn der ÖVP vielleicht noch besänftigen, mag man gehofft haben.

Sie könnten in der WKStA aber einfach auch erkannt haben, dass jetzt nach der Treibjagd gegen Kurz ein Verfahren gegen Kickl unumgänglich ist, war doch dessen Umgang mit der Wahrheit im Untersuchungsausschuss noch viel häufiger fahrlässig.

Wie widerlich das alles doch ist!

Wie sehr muss man da auf eine Rückkehr der Sauberkeit in die österreichische Justiz hoffen! Die kann mit Sicherheit aber nur unter einer blau-schwarzen Koalition erfolgen. Auch aus diesem Grund muss man inständig auf einen Abtritt der Herren Kickl und Nehammer hoffen, damit dies auch wirklich möglich wird.

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