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Fast niemand in Österreich kann sich vorstellen, dass die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ etwas Sinnvolles für die Zukunft dieses Landes zustandebringen werden, das über inhaltsarme Formelkompromisse hinausgeht. Egal, ob die Neos nun mit am Tisch sitzen oder nicht. Man kann schon froh sein, wenn keine neuen Ausgaben oder Steuererhöhungen oder gar die Gesamtschule und noch mehr Schwulenpropaganda beschlossen werden. In den alles andere an Bedeutung überragenden Pensions- oder Migrationsfragen wird da mit Sicherheit nichts weitergehen. Auf den ersten Blick überrascht das nicht. Das deckt sich nämlich mit dem negativen Bild, das viele europäische Regierungen derzeit abgeben, da wird Österreich nicht weiter auffallen. Jedoch: Immerhin drei EU-Staaten bilden eindeutig positive Ausnahmen von diesem generellen Verfallstrend. In drei Staaten wird in theoretisch ähnlichen Situationen substanziell Politik gemacht. Sie könnten für Österreich ein Vorbild abgeben – werden es aber wohl nicht.
In den beiden größten EU-Mitgliedern, also in Deutschland und Frankreich, geht hingegen gar nichts mehr. Dort blockieren einander zerstrittene Parteien – und haben vor allem Angst vor dem Wähler. Besonders krass zeigt sich das in Deutschland, wo sich in ostdeutschen Bundesländern sowohl die SPD in Brandenburg wie auch die CDU in Thüringen von der Partei der ostdeutschen Postkommunistin Wagenknecht in geradezu demütigender Weise vorführen lassen, nur damit eine Mehrheit in den jeweiligen Landtagen zustandekommt. Zugleich rast die Wirtschaft dem Abgrund zu.
Obwohl Außenpolitik gar nicht in die Kompetenz der Bundesländer fällt, verlangt Wagenknecht von den sie umwerbenden Koalitionspartnern, dass diese in den jeweiligen Ländern prorussische Koalitionserklärungen abgeben, die total konträr zur Position der eigenen Parteispitze auf Bundesebene liegen: gegen Waffenlieferungen für die Ukraine, gegen die Stationierung von Nato-Waffen, für einen Waffenstillstand in der Ukraine – der eine Einzementierung der russischen Eroberungen bedeuten würde.
SPD und CDU glauben aber in ihrem verbissenen Hass auf die AfD keine Wahl zu haben, als sich dem Wagenknecht-Diktat zu unterwerfen. Denn wenn sie nicht mit der linksaußen stehenden Wagenknecht kooperieren, müssten sie das mit der zum Teufel erklärten Rechtsaußenfraktion der AfD machen. Etwas Drittes gibt es nicht. Die vielfach aus CDU-Überläufern bestehende AfD ist aber irrerweise auch für die CDU absolut undenkbar, weniger akzeptabel als eine eindeutige Kommunistin. Aber die CDU mag die AfD schon deshalb nicht, weil mit der AfD die Zwangsgebühren für den "öffentlich-rechtlichen" Rundfunk mit seinen dutzenden Programmen bedroht sind. Und dieser wird von der CDU traditionell heftig geschützt, obwohl dort eine massive Mehrheit linker, vor allem grüner Journalisten den Ton angibt.
Wer sind nun die Vorbildländer in der EU, die als positiver Kontrast im Vergleich zu Deutschland, Frankreich und auch Österreich hervorstechen, wo sich überall die Mehrheitsparteien der Rechten gegenseitig blockieren? Das sind drei durchaus schwergewichtige Staaten: Italien, Niederlande, Schweden.
Das Geheimnis des politischen Erfolgs dieser Staaten zeigt erstaunliche Gemeinsamkeiten:
Im letzten Punkt, in Fragen der außenpolitischen Positionierung, müssen sich die österreichischen und deutschen Rechtspopulisten, also FPÖ und AfD, kräftig bei der Nase nehmen. Die Brandmauer gegen sie würde wohl sofort zusammenstürzen, würden sie von ihrem unerquicklich moskaufreundlichen Kurs abgehen. In allen anderen Punkten spricht aber wirklich alles für eine Zusammenarbeit der Rechtsaußen- mit den Mitte-Rechts-Parteien nach dem Vorbild Schwedens, der Niederlande und Italiens.
Aber offenbar dauert es noch eine Zeit, bis man das rechtsaußen begreift, bis man erkennt, dass eine linksaußen-Außenpolitik für eine Rechtspartei völlig falsch ist. Aber offenbar dauert es noch eine Zeit, bis man bei CDU und ÖVP erkennt, dass die seit einiger Zeit plakatierte "Mitte" keine inhaltliche Positionierung, sondern ein substanzlos-feiges Niemandsland eines Weder-noch ist. Aber offenbar dauert es noch, bis die Spitze der Kickl-Partei begreift, dass ständige persönliche Beleidigungen nicht gerade politische Kooperationsfähigkeit signalisieren.
Am perfektesten hat man in Italien die Herausforderung eines Zusammenfindens auf der Rechten gelöst, obwohl sich die drei Parteien früher gegenseitig bekriegt haben, obwohl die eine Partei lange als neofaschistisch beschimpft worden ist, obwohl zwei dieser Parteien von eitlen und selbstbewussten Macho-Typen geführt worden sind. Man hat in Italien die Aufgabe des Zusammenfindens schon vor der Wahl gelöst! Man hat alle Polemiken schon vorher beendet. Man hat schon vor dem Wahltag die Absicht verkündet, eine gemeinsame Koalition zu bilden. Man hat schon vorher einige inhaltliche Eckpfeiler eingeschlagen. Man hat sich sogar in einigen heiklen Wahlkreisen unterstützt. Und man hat vor allem laut und offen verkündet: Jener von uns drei Parteichefs, dessen Partei die meisten Stimmen bekommt, wird auch Regierungschef.
So haben die Italiener mit ihrer Stimmabgabe nicht nur das Parlament, sondern auch gleich den Regierungschef bestimmen können. Was im übrigen auch eine positive Fortentwicklung der Demokratie ist. Und siehe da: Die Italiener haben mit Giorgia Meloni eine brillante Wahl getroffen, die seither im Land wie in Europa, in Washington wie in Kiew Begeisterung auslöst. Sie führt das Land mit kleinen, aber starken Händen. Sie ist in der italienischen Bevölkerung doppelt so populär wie Olaf Scholz bei den Deutschen oder Emmanuel Macron bei den Franzosen. Die drei Parteien verzichten fast völlig auf gegenseitige Nadelstiche (was für ein Unterschied zur Dreiparteienkoalition in Deutschland!). Und sie haben insbesondere in Sachen Migration Nägel mit Köpfen gemacht.
Man kann annehmen, es wird ihnen bald auch gelingen, den sabotierenden Widerstand linker Richter gegen die Abschiebung illegaler Migranten nach Albanien auf demokratischem und rechtlichem Weg zu überwinden. Und schon jetzt hat Italiens Politik die Zahl der illegalen Einwanderer, die an seinen Küsten landen, stark reduziert. Durch die Signale, die Italiens Regierung aussendet; und durch Abkommen mit den nordafrikanischen Staaten, von denen die Schlepper früher in großer Zahl ihre Boote nach Italien losgeschickt hatten.
Ähnlich erfolgreich ist Schwedens Rechtsregierung bei der Migrationspolitik:
Noch drastischer hat man in den Niederlanden agiert:
All das, was Italien, Schweden und die Niederlande da tun oder vorhaben, sind interessante Punkte. Diese wären für das durch die illegale Migration noch viel mehr belastete Österreich noch viel wichtiger. In Österreich jedoch wird mit Sicherheit herzlich wenig davon im neuen Koalitionsvertrag stehen – höchstens ein kleiner Teil mit der jedes Vorhaben auf Null reduzierenden Phrase, dass man das eine oder andere prüfen werde.
All diese Notwendigkeiten wären nur in einer blau-schwarzen Koalition umsetzbar gewesen (wobei der Kampf gegen die linke Richtermafia ohnedies auch für eine solche Regierung schwierig genug wird). Nichts von diesen Notwendigkeiten wird es aber geben, weil die Herrn Kickl und Nehammer einander nicht mögen, und weil sie beide darauf beharren, selbst an der Spitze der nächsten Regierung zu stehen. Was aber schon rein mathematisch nicht möglich ist, wie wir spätestens seit Archimedes wissen.
Dabei wäre die Frage, wer Chef sein soll, sowohl nach niederländischem wie italienischem Modell gut lösbar gewesen.
In den Niederlanden hat Geert Wilders, obwohl Wahlsieger, darauf verzichtet, persönlich in die Regierung zu gehen, weil er zu stark polarisiert. Dort sitzen aber seine Parteifreunde an wichtigen Positionen. Wilders hat durch seinen Rückzug gezeigt, dass ihm Inhalte wichtiger sind als persönliche Positionen. Er ist dadurch heute der weitaus stärkste Politiker der Niederlande, der sowohl personell wie sachlich die Regierungspolitik von außen stark mitgestaltet.
In Schweden sind die Schwedendemokraten als Ganzes nicht in der Regierung, aber sachpolitisch insbesondere bei ihrem Thema, der Migration, als Teil der Regierungsmehrheit sehr einflussreich.
Und am kreativsten hat man das Eifersuchtsproblem in Italien gelöst: Die Wähler haben gewusst, die drei rechten Parteien gehen zusammen und jener Parteichef wird Ministerpräsident, der bei der Wahl am erfolgreichsten ist.
Wie elegant hätten FPÖ und ÖVP solcherart das Führungsproblem lösen und die gegenseitige Aversion entschärfen können! Aber der eine will im Grund seines Herzens lieber stänkernder Oppositionsführer bleiben, und der andere ist zu großen strategischen Denkansätzen und zur Priorisierung von Inhalten völlig außerstande. Beide haben an sich gedacht und nicht an das, was Österreich braucht, was ihre Wähler eigentlich wollen. Dabei zeigen die Wähleranalysen: Weder ist die FPÖ primär wegen Herrn Kickl noch die ÖVP wegen Herrn Nehammer gewählt worden.
Übrigens: Das italienische Modell wäre auch für viele andere in tiefen politischen Krisen steckende Länder wie Deutschland, wie Bulgarien eine perfekte Lösung gewesen. Zwar gibt es da wie dort eine klare rechte Mehrheit, aber auch dort sind die Parteien der Rechten vor allem durch Hass aufeinander geprägt und daher nicht imstande, miteinander zu regieren. Zumindest noch nicht.
Vielleicht würde es ja auch dort eine kleine, tapfere, alleinerziehende Frau brauchen, die den eitlen Männern ihre Blödheit austreibt.
Vielleicht könnten sich die Herren Kickl und Nehammer an dem klugen Niederländer Wilders orientieren, ihre gegenwärtigen Berater feuern und sich beide uneitel in die zweite Reihe außerhalb der Regierung zurückziehen. Vielleicht könnten sie einem parteilosen Spitzenbeamten und Spitzenjuristen die Führung der Regierung überlassen, welche die im Parlament von den Rechtsparteien beschlossene Politik umsetzt. So wie es auch dem Idealbild der Gewaltenteilung und der meisten Verfassungen entspricht.
Das italienische Beispiel hätte freilich nur funktioniert, wäre es schon vor den Wahlen umgesetzt worden (oder vor der nächsten?). Das niederländische könnte hingegen jetzt noch jederzeit realisiert werden.
Inzwischen ist die FPÖ bei Umfragen sogar schon auf über 32 Prozent gestiegen und hätte zusammen mit der ÖVP schon fast 57 Prozent. Aber was soll schon der Wille der Österreicher, wenn zwei Männer einander nicht mögen ...