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Vom ORF bis zum Heldenplatz stand alles im Lichte eines Feiertages. Eines National-Feiertages. Doch das Jahr über wird es medial und politisch als eines der größten Verbrechen dargestellt, nationalistisch zu sein. Das sei keinesfalls durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Kein Wunder, als Folge tun sich die meisten Österreicher schwer, den Unterschied – so es ihn überhaupt gibt –zwischen gutem Nationalgefühl und bösem Nationalismus zu begreifen. Sie spüren da eine verlogene Schizophrenie.
Jedenfalls ist das, was ihnen jetzt wieder einmal als an der Nation zu feiern konkret präsentiert wurde, letztlich verdammt hohl: Skifahrer, Fußballspieler, Fitnessmärsche, alte Schauspieler, Hubschrauber, Panzer, schön in Reih und Glied dastehende Soldaten, samt noch hohlerem Wortgeklingel rund um das Wort Neutralität. Dazu hat man sogar noch die geradezu Übelkeit auslösende Formel des Heinz Fischer vorgesetzt bekommen, was dieses seltsame Wort denn bedeute: Wegen dieser Neutralität brauche Österreich keinem anderen Land Hilfe und Beistand zu leisten, wenn dieses angegriffen wird; wird Österreich aber umgekehrt selber angegriffen, gibt es keine Neutralität mehr und das Land kann sich sofort von anderen helfen lassen.
Was Fischer nur nicht begreift: Die Bereitschaft der Welt ist gar nicht groß, einem bündnisfreien, also neutralen Staat beizuspringen, der sich aus purem Egoismus prinzipiell zu keinem Beistand, zu keiner Beistandsverpflichtung für andere bereit erklärt hat, der aber selbst Beistand haben will, wenn er bedroht oder angegriffen ist. Wie es so einem alleinstehenden, bündnisfreien Land geht, hat zuletzt etwa die Ukraine erlebt, die von den Russen einseitig und grundlos angegriffen wird, oder der Libanon, der von den Iranern und Israelis in einen Kriegsschauplatz verwandelt wurde. Um nur die aktuellsten Beispiele anzuführen.
Oberflächlichkeit, Selbsttäuschung, amoralische Heuchelei und Parasiteneinstellung als Verkörperung Österreichs zu seinem National-Feiertag? Da fragt man sich schon: Das kann doch nicht das sein, warum man dieses Land und seine Leute liebt?
Oder ist es vielleicht gar schon böser "Nationalismus", wenn man von Liebe zu seiner Heimat spricht, wenn Emotion ins Spiel kommt? Wenn einem dieses Land, dieses Volk mit all seinen Eigenheiten ein Leben lang positiv berührt? Wenn man es innerlich total ablehnt, dass plötzlich viele, viele Hunderttausende Syrer, Afghanen, Türken, Afrikaner, Tschetschenen, Pakistani, Palästinenser laut den Worten des sogenannten Oberhaupts dieses Staates als völlig gleichwertige Einwohner Österreichs anzusehen sind, obwohl sie nichts mit der Geschichte, der Kultur, der Sprache, nichts mit der seit vielen Jahrhunderten Österreich mehr als jede andere geistig-spirituelle Kraft geprägt habenden Symbiose von Christen- und Judentum zu tun haben? Obwohl sie zum allergrößten Teil damit gar nichts zu tun haben wollen!
Aber man gilt dann plötzlich als nationalistischer Extremist, wenn man für die Identität der Nation eintritt und seine Heimat gegen etwas als bedrohlich Erkanntes verteidigen will. Ähnlich haben die Nazis zahllose Österreicher zur extremistischen Bedrohung gemacht und umgebracht, die genau für diese Identität Österreichs eingetreten sind, die es emotional zutiefst abgelehnt haben, dass da plötzlich zahllose Menschen ungerufen aus dem "Reich" in die "Alpen- und Donaugaue" eingedrungen sind.
Dabei hat sich 1989 und in den Jahren danach in einem Dutzend europäischer Länder gezeigt, wie sehr die Verbundenheit mit dem eigenen Volk (das unter dem Druck fremder Panzer in keinem dieser Länder eine Staats-Nation bilden durfte) eine mächtige Kraft ist. Heimatliebe, Solidarität, ja, und zweifellos auch der Hass auf die Besatzungsmacht haben sich als unglaublich starke kollektive Kraft erwiesen. Trotz dieser nicht zu leugnenden Beimischung an Hass auf die Russen – so wie bei uns der einstige Hass vieler auf die "Reichsdeutschen" – ist diese Kraft des tief empfundenen, nicht nur verordneten Patriotismus eine der eindeutig positivsten, kreativsten und aufbauendsten Antriebskräfte der Menschheitsgeschichte.
Egal, ob man sie als "Nationalismus" zu denunzieren versucht oder nicht.
Ist Nationalismus also immer positiv zu sehen und verstehen? Nein, gewiss nicht. Die Trennlinie zwischen Gut und Böse ist aber ganz einfach so zu definieren: Die wertvolle und wichtige Verbundenheit mit der eigenen Nation wird schlagartig und eindeutig dann negativ und absolut böse, wenn sie nicht auch anderen Völkern, Volksgruppen die absolut gleichen Rechte zubilligt, wenn sie diese nicht als gleichwertig ansieht, wenn sie gar glaubt, eine angeblich eigene Höherwertigkeit gibt der eigenen Nation das Recht, über andere zu herrschen.
Beispiele, wie Patriotismus genau dadurch zu einem negativen Nationalismus wird, sind immer an dieser Definition zu erkennen. Sie sind in der Geschichte zahlreich und eindeutig. Aber auch in der Gegenwart:
So lange die Welt nicht das Recht jeder Volksgruppe als gleichwertig mit den Rechten anderer Völker ansieht, solange sie dieses Recht auf demokratische Selbstbestimmung und nationale Freiheit nicht als fundamental über allen Ideologien stehend behandelt, wird sie keine friedliche sein.
Umgekehrt ist es in einer Welt, wo vielerorts aggressiver, imperialer Nationalismus dominiert, verlogen, wenn der bloße Ruf nach Freiheit, nach Selbstbestimmung schon als böser Nationalimus verteufelt wird.
Solange die Österreicher aber diese skizzierte Grenze nicht überschreiten, und das tun sie seit langem weit und breit nicht, kann man ihnen getrost attestieren, ein gutes Volk zu sein, das seine Heimat ungehemmt als etwas seit Kindheit Vertrautes lieben darf, das seine Vorfahren schätzen, das diese Heimat gegen alle Bedrohungen verteidigen, das sich zu seiner Identität bekennen darf.
Es ist absurd, wenn manche Linke dieses Nationalgefühl plötzlich auf einen reinen Verfassungspatriotismus reduzieren wollen. Also auf einen in reinem Rechtspositivismus – auf deutsch: willkürlich – verfassten Text, den man plötzlich emotional lieben solle. Dass dieser Text rechtstechnisch weitgehend ganz gut gelungen ist, dass es dem Land im Übrigen viel besser täte, würde sich der ob einer behaupteten Eleganz der Verfassung in Ekstase geratene Bundespräsident nicht nur an deren Wortlaut, sondern auch an die rund um sie entstandenen Gebräuche und Usancen halten, ändert nichts am Faktum: Ein funktionierendes Österreich kann es nur dann geben, wenn es neben einem rechtsstaatlichen, einem demokratischen (also die Selbstbestimmung echt umsetzenden) auch auf einem starken emotionalen, patriotischen, nationalen, identitätsbewussten, durch Kultur und Geschichte getragenen Pfeiler steht, wenn seine Bürger stolz auf diese Nation sind, ohne Bürger anderer Nationen geringzuschätzen.
Sonst steht dieser Staat nicht mehr lange.
Man kann die Frage nach dem Nationalismus aber auch semantisch zu behandeln versuchen. Immer wenn ein eigentlich eindeutig positiv zu wertendes Wort zum -ismus wird, gerät es fast automatisch in ein schiefes Licht:
PS: Auch die eher linke Wikipedia kommt zu einer eher positiv klingenden Definition von "Nationalismus": Dieser sei "eine Ideologie, die eine Identifizierung und Solidarisierung aller Mitglieder einer Nation anstrebt und Letztere in einem souveränen Staat verbinden will. Nationalismen werden von Nationalbewegungen getragen und in Nationalstaaten auch durch das jeweilige Staatswesen reproduziert." Die emotionale Bedeutung und Kraft von Nation, Heimat und Identität haben sie aber bei dem Internet-Lexikon halt gar nicht begriffen.