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Wenn Pyrrhus Poker spielt

Es ist in Brandenburg nun ein drittes fulminantes Wahlergebnis für die von allen bekämpfte AfD geworden – auch wenn medial lieber der hauchdünne SPD-Sieg bejubelt wird. Knapp mehr als ein Prozentpunkt liegt zwischen den beiden Parteien. Doch dieser knappe Sieg übertüncht viele Probleme der deutschen Parteienlandschaft nur notdürftig – vor allem auch, weil die AfD wieder von der Regierung ferngehalten wird.

Dem SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke ist es gelungen, mit der Ansage "Entweder ich gewinne oder ich gehe" knapp an der Spitze zu bleiben. Das erinnert den gelernten Österreicher an Bruno Kreisky, der die Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf zu einer Abstimmung über sich selbst umstilisiert – und verloren hat. Das allerdings hat damals so viel Protest-Luft herausgenommen, dass Kreisky die darauffolgenden Nationalratswahlen einmal mehr mit absoluter Mehrheit gewinnen konnte.

Woidke hat dagegen seinen Poker gewonnen – es dürfte aber ein Pyrrhussieg sein. Und das aus mehreren Gründen.

  1. Woidke hat mit dieser gewonnenen Polarisierung alle anderen Parteien marginalisiert: Die CDU in Brandenburg ist mit ihrem schlechtesten je dagewesenen Ergebnis nur mehr an vierter Stelle, FDP und Grüne scheitern an der 5-Prozent-Hürde ebenso wie die Freien Wähler und überraschenderweise auch die Linke, die erstmals nicht mehr in einem ostdeutschen Landtag vertreten ist. Mit der CDU geht sich nun keine Mehrheit im Landtag aus. Gegen die AfD gilt aber nach wie vor die "Brandmauer", also bleibt dem Wahlsieger nur die links-linke Protestpartei BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) als möglicher Regierungspartner. Und das kann ein Vabanque-Spiel mit üblem Ausgang werden: Nach zähen Koalitionsverhandlungen ist die Regierungsrealität dann völlig unberechenbar.
  2. Der knappe brandenburgische SPD-Sieg kann nicht über den vollständigen Vertrauensverlust der Berliner Ampel-Parteien hinwegtäuschen: FDP und Grüne bleiben als Unbedeutende draußen. Und die Kanzlerpartei mit dem angezählten Olaf Scholz kann sich auch nicht vormachen, dass sie nun wieder erstarkt wäre. Denn immerhin haben sogar 52 Prozent der Wähler, die in Brandenburg jetzt SPD angekreuzt haben, in einer Umfrage nach der Stimmabgabe gesagt: "Ohne Woidke würde ich nicht SPD wählen". Scholz, immerhin Einwohner von Brandenburg und Ehemann von Britta Ernst, die sechs Jahre lang brandenburgische SPD-Bildungsministerin gewesen ist, durfte auf Wunsch Woidkes gar nicht wahlkämpfen – und das war offensichtlich ein Schlüssel zum Erfolg. Die Diskussion um eine Scholz-Ablöse wird also nicht mehr als eine Pause machen.
  3. Für die traditionellen Parteien wird es mit jeder Wahl schwieriger werden, die AfD vom Sieg fernzuhalten. Denn sie ist zu einer Partei der Jugend geworden. In Brandenburg wurden "Probewahlen" in Schulen abgehalten, an denen 4700 Schüler teilnahmen. Die AfD erreichte auf Anhieb 30 Prozent, in manchen Bezirken sogar 45. Auch in Thüringen hat die AfD die Jungen hinter sich. 38 Prozent der Unter-25jährigen haben dort vor drei Wochen für sie gestimmt. Interessant, wie sehr dabei auch die (erzwungene) Kommunikationsstrategie der AfD aufzugehen scheint: Weil die Mainstream-Medien und vor allem die öffentlich-rechtlichen Zwangsgebührensender mit ihrer Ablehnung in die Anti-AfD-Front eingeschwenkt sind und mehr kämpfen als berichten, konzentriert sich die Rechtspartei erfolgreich auf die sozialen Medien und dominiert dort den politischen Diskurs. Kein Wunder, dass der Erfolg daher gerade bei den Jungen groß ist – so etwa nutzen 50 Prozent der deutschen Teenager TikTok.

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