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Der grüne Schritt Richtung Diktatur

Dass die ÖVP mit ihrer Strafanzeige gegen den verfassungswidrigen Alleingang von Verkehrsministerin Gewessler keine Chance bei der Zadic-Staatsanwaltschaft hatte, ist nun wirklich keine Überraschung. Hat doch Justizministerin Zadic die Sache gleich von der normalen Staatsanwaltschaft an die WKStA hinübergeschoben, wo klar war, dass rote Genossen der grünen Genossin zur Seite stehen werden. Dennoch ist diese Entscheidung in mehrfacher Hinsicht sehr lehrreich – und beklemmend: in Hinblick auf Verfassung, Recht und Politik, aber vor allem die EU.

Dabei geht es einmal neuerlich um die Bestätigung der Erkenntnis, was für ein Fehler der ÖVP es gewesen ist, nicht nur mit den Grünen eine Koalition abzuschließen, sondern diesen auch gleich das Justizministerium in die Hände zu geben. Denn diese Justiz ist jetzt nicht einmal in eine eingehende Prüfung der Vorwürfe eingetreten.

Das beweist umgekehrt aber auch, wie richtig es von der ÖVP ist, (zumindest bisher) darauf zu bestehen, dass die Prüfung von beschlagnahmten Handy- und Chat-Inhalten nicht pauschal der Staatsanwaltschaft, sondern in wesentlichen Teilen der Exekutive übertragen wird. Die derzeitige Staatsanwaltschaft ist nämlich wirklich jedes Misstrauens würdig, dass sie in wichtigen Bereichen zu keinem parteipolitisch objektiven Verhalten imstande ist. Das hat sie in den letzten Jahren erstens durch absurde, schikanöse und über Jahre hingezogene Verfahren gegen ÖVP- und FPÖ-Politiker bewiesen, die bisher nie eine rechtskräftige Verurteilung eingebracht haben, zweitens durch das An-die-Öffentlichkeit-Bringen von strafrechtlich irrelevanten, aber parteipolitisch für die beiden Rechtsparteien schädlichen Chat-Inhalten, und drittens jetzt durch die läppische Reaktion auf die Strafanzeige gegen Gewessler.

Nehmen wir dennoch einmal diese Entscheidung der Justiz als Faktum an, das Verhalten Gewesslers wäre in Ordnung und hätte der Rechtslage entsprochen, weil ihre Zustimmung zur Renaturierungsrichtlinie der EU ein Akt der Gesetzgebung und nicht der Vollziehung gewesen sei.

Dann bedeutet diese Entscheidung nicht weniger als ein Aushebeln der Bundesverfassung und der Demokratie. Denn dann bedeutet das, dass eine Einzelperson ohne jede demokratische Rückbindung für ganz Österreich verbindlich nach eigener Willkür und im Alleingang Recht setzen, Recht schaffen kann. Dabei ist festzuhalten:

  • So etwas gibt es sonst nur in Diktaturen.
  • Das ist eine der österreichischen Rechtsordnung der letzten hundert Jahre völlig fremde Konstruktion.
  • Das ist letztlich ein Verfassungsputsch zumindest in einem wichtigen Teilbereich.
  • Das bestätigt den von Beitrittsgegnern erhobenen Vorwurf, dass die EU demokratisch fragwürdig ist, wenn Regierungsangehörige, die nicht einmal Parlamentarier sind, sondern Teil der Exekutive, freihändig und ohne demokratische Rückbindung Recht setzen können.

Dabei konnte man – so auch ich – lange glauben, dass dieser Vorwurf deshalb unrichtig ist, weil dieser Gefahr durch die Verfassungsänderungen aus 1994 ein Riegel vorgeschoben sei. Seither kann der Hauptausschuss des Nationalrats – also ein zum Unterschied von einem Minister demokratisch legitimiertes Gremium – einem Regierungsmitglied einen bindenden Beschluss mit auf den Weg geben, wie es in einem Rat der EU bei einem Gesetzesbeschluss zu stimmen hat.

Gewessler hat uns jedoch gezeigt, dass man diese Regelung leicht mit einem Trick aushebeln kann. Denn sie hat lange den Eindruck erweckt, dass sie der von der EU-Kommission vorgelegten Denaturierungsrichtlinie wegen des Widerstandes der (laut Verfassung in diesem Bereich in Österreich eigentlich zuständigen) Bundesländer und des Landwirtschaftsministers leider, leider nicht zustimmen könne. Doch dann, schwupps eines Montagsmorgens, hat sie der Verordnung in einer Rats-Sitzung bindend und irreversibel die entscheidende Stimme gebracht. Am Nationalrat, an den Bundesländern, am Hauptausschuss, an der Demokratie, an der Verfassung vorbei.

Daher ist auch die Argumentation der Justiz lächerlich, dass es bei dieser Aktion Gewesslers um einen Akt der Gesetzgebung gegangen sei und dass sie deshalb an keine Verfassung gebunden sei und frei bestimmen könne. Da laut Verfassung das Recht vom Volk ausgeht, gilt dieser Grundsatz ganz eindeutig nur für vom Volk gewählte Parlamentarier und nicht für einen bloßen Angehörigen der Verwaltung, wie es ein Minister eindeutig ist. Dieser ist immer an die Gesetze gebunden. Er – und damit natürlich auch sein ganzes Ministerium – muss sich selbst bei der Erlassung eines bloßen Bescheides laut Verfassung einem unabhängigen Gericht beugen, wenn dieses in Rechtskraft darüber entscheidet. Tausendmal mehr müsste er sich in die Rechtsordnung einordnen, wenn es nicht nur um die Erlassung eines einzelnen Bescheids, sondern gleich eines ganzen weitreichenden Gesetzes geht.

Aber laut dem grünen Verfassungsputsch soll ein Minister, zumindest ein grüner Minister völlig frei von allen Verfassungsregeln sein, sobald er als Gesetzgeber agiert. Man fasst es nicht.

Damit ist jedenfalls klar: Der Vorwurf, extremistische Demokratie- und Verfassungsfeinde zu sein, passt zehnmal mehr auf die Grünen als auf die Identitären oder die Freiheitlichen, denen die Grünen ständig den Extremismusvorwurf machen.

Daran ändert der nunmehrige Jubel der Grünen und ihrer Medien überhaupt nichts, dass die grün kontrollierte Staatsanwaltschaft jetzt das Verhalten Gewesslers, ihre Anmaßung als Ein-Frau-Gesetzgeber für in Ordnung befunden hat.

In der ganzen Affäre muss sich aber auch die ÖVP gleich mehrfach bei der Nase nehmen, auch wenn sie in der Sache an sich einfach recht hat:

  • weil sie, weil Sebastian Kurz nach der Wahl 2019 zugestimmt hat, dass eine Linksradikale Ministerin wird;
  • weil sie nicht rechtzeitig den Trick Gewesslers auf Österreich und die Regierung zukommen gesehen und durch einen Beschluss des Hautausschusses zu verhindern versucht hat;
  • weil sie in ihrer ganzen Regierungs- und Parlamentsmannschaft keine verfassungsrechtlich und strafrechtlich versierte Persönlichkeit mehr hat, was gerade bei der ÖVP immer essentiell gewesen ist;
  • weil sie 1994 beim EU-Beitritt gegen eine ausdrückliche Verfassungsbestimmung gewesen ist, dass jeder einzelne Gesetzgebungs-Beschluss eines österreichischen Ministers in einem EU-Rat den nachweislichen Konsens der Bundesregierung erfordert, der ja auch auf elektronischem Weg im Eilverfahren und nach dem Prinzip "Wer schweigt, stimmt zu" erfolgen könnte (schließlich brauchen sogar Kleinigkeiten wie etwa eine Botschafter-Bestellung den Konsens der ganzen Bundesregierung);
  • weil sie die Empörung über den Verfassungsbruch Gewesslers nur durch eine Strafanzeige bei der Zadic-Justiz ausgedrückt hat, nicht aber durch einen Hinauswurf der Frau aus der Regierung und durch eine Ministeranklage. Auch wenn das einen viel lauteren Donnerknall ausgelöst hätte. Auch wenn die ÖVP-Sorge in rein wirtschaftlicher Hinsicht verständlich ist, dass das wahrscheinlich einen kollektiven Griff der Grünen mit der Opposition zur Verteilung von Wahlgeschenken zur Folge gehabt hätte;
  • weil sie die Chance nicht gesehen und ergriffen hat, dass Gewesslers Exzess der richtige, wenn  nicht sogar ideale Zeitpunkt gewesen wäre, um die Türen zur FPÖ wieder zu öffnen.

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