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Es ist ein langer Weg des Abstiegs, den das Forum Alpbach gegangen ist. Dieser Weg ist von den Brüdern Molden, also von zwei der bekanntesten und geistig sprühendsten Widerstandskämpfern der österreichischen Geschichte, über pensionierte Botschafter und Altpolitiker immer nur bergab bis jetzt zu einem Othmar Karas gegangen, der nun an die Spitze tritt. Zwar haben heftige Stipendiengelder im Lauf der Zeit immer mehr Studenten, vor allem aus Osteuropa, nach Alpbach gebracht, aber geistig und intellektuell hat sich das Forum trotzdem total verengt und verdünnt – oder vielleicht gerade deswegen.
Im Grund hat sich Alpbach heute auf den Überlappungsbereich zwischen Pink und Grün reduziert. Vor allem der in der Politik gescheiterte und dann zum geistigen Dissidenten aller Art gewordene Erhard Busek hat diesen Weg eingeleitet. Nach ihm wurde der Weg ins Pinkgrüne von Andreas Treichl fortgesetzt, dem langjährigen Chef der Erste Bank, der ja auch dieser zu ihrem Nachteil ein regenbogenfarbiges Outfit verschrieben hat. Die Bestellung von Othmar Karas, dem ehemaligen ÖVP-Politiker, den die Grünen zum EU-Kommissar machen wollten, hat diese Entwicklung zu einem geradezu typischen End-, um nicht zu sagen Tiefpunkt gebracht.
Aber schon seit langem geht von Alpbach nichts mehr aus. Kein geistiger Funke, gar nichts. Seit langem finden dort keine wegweisenden Entwicklungen mehr statt.
Die geistige Verengung lässt sich bereits am Programm ablesen. Da ist man lieber politisch korrekt, als jene Themen aufzugreifen, welche Gesellschaft und Welt wirklich bewegen. Man befasst sich lieber mit den Verkündigungen der Klimareligion (natürlich ohne irgendeinen Kritiker der üblichen Thesen zuzulassen) als mit der illegalen Migration, als mit dem Kampf gegen den demographischen Verfall, mit den Problemen durch Islamisierung, mit dem wirtschaftlichen Abstieg Europas, mit der Kriminalität oder mit der Spaltung der Gesellschaft durch den LGBTQ-Hype.
Die wenigen prominenten Referenten reisen meist nur für eine Nacht an und dann wieder ab. Was bleibt sind die üblichen flachen Themen aus dem engen linken Denkspektrum wie "Ist wirtschaftliche Ungleichheit unvermeidbar?", wie "Reden wir miteinander: Impulse in einer sprachlosen Welt", wie "Keine Natur, kein Geschäft", wie "Demokratische Rückschritte und die Herausforderung der Re-Demokratisierung". Die Liste des schon vom Titel her Uninteressanten ließe sich schier endlos fortsetzen.
Immer öfter hört man die frustrierte Frage: "Warum soll ich überhaupt noch nach Alpbach fahren?" Ja, in der Tat: Warum?
Alpbach hat nicht nur das Problem der geistigen Verengung und der Angst des Mainstreams vor allen politisch inkorrekten Themen oder Referenten. Früher einzigartige Veranstaltungsformate wie Alpbach haben ein grundsätzliches Problem: Sie sind total ersetzbar geworden, denn es gibt eine wirklich gewaltige Fülle von konkurrierenden Veranstaltungen. Alpbach hatte in den Nachkriegsjahren die Aura des nationalen Großereignisses, des Aufbruchs, der Entdeckung der europäischen Außenwelt durch das lange isolierte Österreich. Heute gibt es absolut nichts mehr, was besonders wäre an den Ereignissen in Tiroler Bergdorf, außer dessen polierte Alpinschönheit.
Ständig wächst die Konkurrenz durch immer mehr andere Events. Selbst kleine Orte wie Lech oder St. Lambrecht wissen sich oft recht klug mit thematisch gezielten Veranstaltungen auf die Landkarte zu setzen. Von Graz bis Salzburg spielt sich sowieso viel ab. Und in Wien kann man fast täglich zwischen mehreren interessanteren Vorträgen und Diskussionen wählen, für die man nicht mindestens zwei Tage und satte Teilnahmegebühren opfern muss.
Noch viel schlimmer ist die Konkurrenz durch die elektronische Welt, wo man kein physisches Zusammenkommen mehr braucht, um Interessantes zu hören oder um seine Meinungen zu formulieren. Das sind die gleichen Ursachen, deretwegen auch die gedruckten Zeitungen immer mehr in Agonie geraten. Deswegen haben es auch neue ambitionierte Medienprojekte, etwa in Österreich zuletzt der "Pragmaticus" oder "Libratus" so schwer, wirklich Fuß zu fassen.
Man kann jeden Tag mit 72 Stunden füllen, in denen man im Internet hochstehende Texte lesen und Vorträge anhören kann. Gewiss: Das abendliche Beisammensein und Plaudern mit klugen Köpfen kann durch nichts ersetzt werden. Jedoch kann man auch das anderswo haben, vielleicht sogar interessanter als in Alpbach, das allzusehr von studentischen Stipendiaten überfüllt ist, die, nun ja, primär aneinander Interesse haben. Die aber für Erwachsene nicht sonderlich interessant sind.
Und in den Bergen wandern kann man auch so, sogar vielleicht besser, wenn man einmal wirklich abschalten und durchatmen will.
Fraglich bleibt nur, weshalb insbesondere "schwarze" Ministerien, Institutionen und Unternehmen noch immer bereit sind, den pink-grünen Allerwelts-Mainstream in Alpbach zu subventionieren. Der einzige Grund, auf den man hinter vorgehaltenen Händen stößt: "Wir haben das schon immer gemacht, und die Tiroler wollen das so, damit sie halt auch einmal im Jahr glauben können, ein intellektuelles Zentrum zu sein."
International ist das Tiroler Bergdorf aber vor allem durch zwei Veranstaltungen völlig marginalisiert worden: durch die Münchner Sicherheitskonferenz, bei der wirklich ganz konkret alle internationalen Konflikte, alle Fragen rund um Krieg und Frieden aufeinanderprallen, und durch das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Bei diesen hat man an internationaler Prominenz nicht nur gelegentliche Ex-Minister wie in Alpbach, sondern wirklich die absolute Weltspitze an Staats- und Regierungschefs, an wissenschaftlichen Größen, an Chefs globaler Großunternehmen versammelt, mit denen man sich auch gezielt (Gesprächs-, Interview- oder Geschäfts-)Termine ausmachen kann. Dort packen selbst Geheimdienstexperten wirklich aus. Dort ist es noch immer eine Prestige-Angelegenheit und von großem Kontakt-Nutzen, auch um teures Geld dabeizusein – oder, je nachdem, gar eingeladen zu werden.
Der Anziehungskraft des Geschäftsmodells von Davos hat es auch nicht geschadet, dass der Name dieses WEF seit einiger Zeit durch alle möglichen Skurril-Theorien geistert, die dort irgendeine Weltverschwörung wittern. Diese Theorien gehen auf ein Buch des Davos-Veranstalters Klaus Schwab zurück, in denen er seine persönlichen Weltverbesserungstheorien zum Besten gibt. Dabei ist wohl kein einziger der Hunderten nach Davos kommenden Spitzenleute an diesen Theorien interessiert. Die sind alle nur aneinander interessiert. Schwab ist ein geschickter Organisator eines globalen Events mit der Rolle eines sich wichtig machenden Hotelportiers, dessen nicht sonderlich intellektuelle Meinungen aber keinen einzigen der Hotelgäste interessieren.
Zurück nach Alpbach: Die Herren Busek, Treichl oder Karas mögen einem sympathisch (gewesen) sein oder nicht. Jedenfalls aber hat oder hatte kein einziger von ihnen das Zeug dazu, wenigstens als vermeintlicher Weltverschwörer interessant zu werden. Und wenigstens so aus einer linksliberalen Studenten-Sommerschule mit Vergangenheit wieder etwas für die Zukunft Relevantes zu machen.