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Die vier Optionen Israels

Man kann nicht anders, als ein Gefühl der Befriedigung darüber haben, dass es Israel gelungen ist, gezielt gleich mehrere Führer terroristischer Banden zu töten. Diese haben davor Tausende friedliche Zivilisten überfallen, entführen, vergewaltigen und töten lassen, ob das Buben beim Fußballspielen oder junge Erwachsene bei einem Musikfestival oder Einwohner von Tel Aviv gewesen sind. Gewiss, Völkerrechtler werden sagen, Israel dürfe die Täter nicht so zur Rechenschaft ziehen – sagen aber nicht dazu, was es denn sonst machen soll, außer die eigenen Opfer zu begraben. Das sind freilich die gleichen Völkerrechtler, die uns durch ihre Interpretation von Menschenrechtskonvention und EU-Vertrag zwingen wollen, weitere Millionen islamischer Migranten nach Europa hereinzulassen – was nicht gerade dazu führt, dass man sie ernst nimmt.

Viel interessanter ist die Reaktion eines amerikanischen Nahost-Experten, der die Tötung des Hisbollah-Armeechefs so kommentiert: "Warum sind es nicht wir, die ihn getötet haben? Haben wir doch schon seit Jahren ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, weil er der Hauptverantwortliche für den Tod von 241 Marines im Libanon gewesen ist." Diese Kopfgelddrohung hat den Mann jedenfalls nicht abgeschreckt, unzählige weitere Terrorakte zu organisieren.

Die Israelis waren entschlossener als die Amerikaner. Das ist anzuerkennen. Das imponiert. Das scheint auch strategisch richtig gewesen zu sein – selbst wenn zur Stunde niemand weiß, worin die viel beschworenen Racheakte des Iran und seiner Satrapen bestehen werden außer in den üblichen Hasspredigten und in weiteren Raketenangriffen, die vor allem schon zur Entsiedelung des israelischen Nordens geführt haben.

Die Israelis wie auch alle ehrlichen Europäer wissen deutlicher denn je: Das Gerede, dass eine Zweistaatenlösung eine positive Lösung bringen könnte, ist Nonsens. Denn die Israelis stehen einem Feind gegenüber, der keine friedliche Koexistenz mit einem Judenstaat zu akzeptieren bereit ist, der in jeder seiner Erklärungen die Vernichtung Israels zum offiziellen Ziel hat, der alle Juden aus dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer vertreiben will.

So wie einst die Christen aus diesem Gebiet vertrieben worden sind. Schließlich war Palästina nach seiner langen jüdischen Geschichte auch etliche Jahrhunderte lang mehrheitlich christlich gewesen. Es hatte also eine Geschichte lange vor den immer wieder einseitig zitierten Kreuzzügen, die das Gebiet nach der islamischen Machtergreifung – vergeblich – noch einmal für das Christentum zurückzuerobern versucht haben.

Die Israelis wissen seit dem 7. Oktober, dass sie auch weitere Jahrzehnte einen Kampf auf Leben oder Tod führen müssen – so gut und erfreulich die von den Amerikanern (zuerst unter Carter mit den Ägyptern und dann unter Trump mit den Golfscheichtümern) herbeigeführten Friedensabkommen gewesen sind und noch immer sind. Aber kaum schließt in der islamischen Welt irgendjemand Frieden mit Israel, so taucht anderswo eine Kraft auf, die auf noch radikalere Konfrontationen setzt. So sind das jetzt eben Iran und ein Teil des Jemens, also Gebiete, die sich einst überhaupt nicht um Israel gekümmert haben oder mit ihm sogar befreundet gewesen sind, als noch Ägypten und Syrien die vorderste Konfrontationslinie gebildet haben.

Der stärkste Antrieb ist auch längst nicht mehr arabische Solidarität, wie sie einst zusammen mit ägyptischem Großmachtstreben den laizistischen Sozialisten Nasser zu seinem Angriff auf Israel verleitet hat. Denn die Perser waren letztlich immer Feinde der Araber.

Heute ist der stärkste Antrieb des Hasses auf Israel zweifellos der Panislamismus. Das ist das Prinzip, dass kein Gebiet, welches jemals islamisch beherrscht gewesen ist, wieder nicht-islamisch werden dürfe. Von Spanien bis Griechenland, aber auch Indien haben die dortigen Völker das bei ihren Befreiungskämpfen genau gewusst: Letztlich hilft ihnen zur Freiheit nur ein totaler Sieg mit Vertreibung der Moslems (die in Indien allerdings nur zum Teil erfolgt ist). Dieses Prinzip macht auch am Balkan in Konfrontation mit dem seit Jahrhunderten von Moskau unterstützten serbischen Machtstreben die Dinge so schwierig. Das macht letztlich auch in europäischen Städten den Islamismus zu einer so großen Gefahr. Dieser wird vom gleichen gefährlichen Ungeist einer Eroberungsreligion angetrieben, der hinter Irans antiisraelischen Aktionen steht.

Wie sehr dieser Panislamismus die wahre Antriebskraft ist, kann man auch an den Worten des iranischen Machthabers Khamenei an den Hamas-Führer Haniyeh wenige Stunden vor dessen Tötung erkennen: "Heute ist die prominenteste Flagge des Islam in den Händen der palästinensischen Nation und der Bevölkerung Gazas. Dank ihres Widerstands ist die Grundlage für die Ausbreitung des Islams besser gelegt als jemals zuvor."

Man kann es nicht oft genug lesen: Die Angriffe auf Israel als "Grundlage für die Ausbreitung des Islams".

Es ist wirklich rätselhaft, warum da manche glauben, mit einer "Zweistaatenlösung" diesen tödlichen Auftrag einer Kampfreligion friedlich stoppen zu können. Man müsste nur dem derzeit obersten Kriegshetzer in Teheran zuhören, um zu erkennen, worum es geht.

Dazu kommt, dass es ja im Gaza-Streifen eine solche "Lösung" weitgehend schon gegeben hat. Von dort waren alle Israelis einschließlich der Siedler abgezogen, die ihn lange kontrolliert hatten. Der Streifen stand in kompletter Selbstverwaltung wie ein Staat. Ergebnis: Von der ersten Stunde an wurde dort nicht am Aufbau eines blühenden Staatswesens gearbeitet, sondern an einer Basis für ständige Angriffe auf Israel.

Hinter Iran versucht im Übrigen schon eine weitere Macht, in einer Führungsrolle die panislamische Fahne des antiisraelischen Hasses an sich zu reißen. Das ist die Türkei. Auch diese war zwar einst so wie Persien mit Israel befreundet, hetzt aber fast von Woche zu Woche aggressiver gegen den Judenstaat. Das geht parallel mit der Mutation der einst laizistisch (beispielsweise auch kopftuchfreien) Türkei zum Machtzentrum der in vielen anderen Ländern längst verbotenen fundamentalistischen Moslembrüder (die in Österreich freilich von einigen linken Richtern unterstützt werden). Zunehmend bekommt man den Eindruck, dass die Türkei den Iran als mächtige islamische Führungsmacht noch übertreffen will:

  • Siehe ihre entscheidende Unterstützung für Aserbaidschan, um Armenien zu besiegen.
  • Siehe ihre Intervention im libyschen Bürgerkrieg.
  • Siehe ihre Hilfe für die Mörderbande des "Islamischen Staates" in Syrien.

Was kann da in dieser verzweifelten Situation Hoffnung für Israel schaffen, das uns Europäern ja aus vielen Gründen, nicht zuletzt weil rund die Hälfte der Israelis europäische Wurzeln hat, besonders nahe steht? Für diese Hoffnung finden sich vier Ansätze:

  1. Das ist erstens die große technologische Überlegenheit und Kreativität der Israelis, wozu zweifellos auch die amerikanische Seite etliches beigetragen hat. Diese Kreativität hat zu etwas geführt, das man noch vor wenigen Jahren fast für unmöglich gehalten hat: zu Systemen, die feindliche Raketen und Drohnen in der Luft abschießen. Gleichzeitig gelingt es den Israelis, an so weit gelegenen Zielen wie in Teheran oder Hudaida (im Jemen) ungehindert tödliche Geschoße auf den Meter genau zu platzieren (was dem ganzen Westen nicht geglückt war, als von Jemen aus die internationale Schifffahrt ständig attackiert worden ist …).
  2. Das ist zweitens die durch die Eliminierung eines der obersten Hamas-Führer bei einem Staatsbesuch in Teheran unmissverständlich übermittelte Drohung: Wir können Euch ganz gezielt, wo ihr auch immer seid, töten – also auch den obersten Führer des hinter allen gegenwärtigen Angriffen stehenden Iran, den Obermullah Khamenei. Das könnte in Teheran manche dazu veranlassen, über ernstere Attacken auf Israel zweimal nachzudenken.
  3. Das ist drittens – zweifellos eine sehr kleine Hoffnung – die durch die aktuelle Eliminierung der obersten Führer eintretende Möglichkeit, dass auf arabischer Seite vielleicht vernünftigere Führer nachrücken, die erstens um ihr eigenes Leben Sorge haben, und die zweitens wollen, dass ihr Volk anstelle des ewigen Leidens und Hasses nun endlich doch in eine friedliche und wohlhabende Zukunft gehen kann. Immerhin hat es in der Geschichte immer wieder solche überraschende Wendungen durch den Antritt guter und verantwortungsvoller Führer gegeben. Siehe etwa den Russen Michail Gorbatschow, den Chinesen Deng Xiaoping, den Türken Kemal Atatürk.
  4. Und das ist viertens die Perspektive einer Aussöhnung Israels mit weiteren der bisherigen Feindstaaten. Auch wenn niemand davon spricht, wäre da vor allem Syrien ein spannender Kandidat. Der dortige Herrscher Assad ist zwar keineswegs ein Demokrat (das sind aber die Herrscher in Ägypten und am Golf auch nicht, mit denen man friedliche Beziehungen einzugehen geschafft hat). Aber er ist auch alles andere als ein Panislamist. Er liegt ganz im Gegenteil in einer erbitterten, anscheinend weitgehend gewonnenen Konfrontation mit dem terroristischen "Islamischen Staat" und ähnlichen Banden. In seinem Herrschaftsgebiet können sich die dortigen Christen, Jesiden, Kurden und andere Minderheiten wohl und sicher fühlen. Und schließlich haben die von Iran geleiteten Hisbollah den fürchterlichen Fehler begangen: Sie haben beim Raketenangriff auf den Golan drusische Fußballspieler getötet, also nicht-islamische Araber, wie sie vielfach auch in Syrien leben. Israel sollte Diktator Assad daher einen Deal anbieten:
    1. Syrien wirft alle dort stehenden iranischen Kräfte hinaus;
    2. es unterbindet auch den iranischen Waffennachschub für die Hisbollah über sein Gebiet;
    3. es bekommt Unterstützung gegen die von der Türkei abhängigen Islamisten;
    4. es bekommt den Golan und alle Gebiete in den alten Grenzen zurück;
    5. die russische Präsenz in Syrien wird hingenommen;
    6. auf diesen wird eine streng kontrollierte demilitarisierte Zone geschaffen;
    7. und Israel sichert Assad insgeheim seine Herrschaft.

Auch der soeben gelungene große Gefangenenaustausch zwischen dem Westen und Russland (der endgültig westliche Reisende von Russland fernhalten sollte, da sie dort festgenommen werden könnten, um russische Spione einzutauschen) könnte einen solchen Deal leichter machen. Denn Russland ist ja neben dem Iran der große Unterstützer Syriens. Gelingt so ein Pakt mit Syrien, könnte Israel Ähnliches auch mit dem christlichen und sunnitischen Teil des Libanon versuchen.

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