Der dreizehnfache Skandal Heumarkt
25. August 2024 00:59
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 2:30
Es gibt kein Bauprojekt in Wien, das die Bürger der Stadt mehr empört, als es der geplante Bau eines Mega-Hochhauses zwischen Konzerthaus und Stadtpark tut, also genau am Schnittpunkt zwischen dem Gründerzeit-, dem Jugendstil- und dem Biedermeier-Wien. Es macht sprachlos, wie zynisch und hemmungslos vor allem, aber nicht nur, die Wiener SPÖ das vorantreibt. Mit zahllosen juristischen Tricks werden da Machtspiele durchgeführt, die nur den einzigen Zweck haben, zusammen mit einem Großspekulanten gegen den Willen der Wiener, vor allem gegen den ihrer kulturbewussten Bürger, das Projekt durchzuziehen.
Der Skandal hat mehrere Etappen.
- Die jüngste ist, dass man jetzt das allgemeine politische Desinteresse der Urlaubszeit nutzt, um einen entscheidenden rechtlichen Schritt per Umlaufbeschluss heimlich durchzuziehen: In diesem Beschluss verfügt der Stadtsenat, dass für das Hochhaus keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig wäre.
- Dabei haben solche Umweltverträglichkeitsprüfungen manche Projekte sogar schon wegen des Schutzes bestimmter Lurche gestoppt. Aber der weitaus massivste Eingriff in das Stadtbild seit vielen Jahrzehnten soll möglichst unauffällig und ungeprüft durchgezogen werden.
- Dabei hat sich sogar der EU-Gerichtshof für die Notwendigkeit einer UVP ausgesprochen.
- Besonders überraschend an diesem Beschluss ist, dass da die Neos zugestimmt haben, die sich früher immer wieder gegen das Hochhausprojekt ausgesprochen haben.
- Geradezu peinlich ist, dass die Neos ihr Umfallen mit einem lächerlichen Gutachten der rathauseigenen MA 22 begründen, wonach das Hochhaus das Stadtbild nicht wesentlich störe.
- Noch lächerlicher ist, wie die Neos das Umfallen gegenüber dieser dem Bürgermeister unterstehenden Abteilung begründen: "Wir leben in einem Rechtsstaat. Und dem leisten wir Folge."
- Mit großem Zynismus wird nun schon offen zugegeben, dass man sich im Wiener Rathaus nicht darum scheren werde, dass das Projekt Wien den Status eines Weltkulturerbes kosten wird, wie das zuständige Unesco-Komitee bereits angekündigt hat. Das droht Wien einen Milliardenschaden an ausbleibenden Tourismus-Einnahmen zuzufügen.
- Dringend nach einem Aktivwerden einer parteiunabhängigen Korruptionsstaatsanwaltschaft (die es leider in Österreich nicht gibt) ruft der Umstand, dass seit Jahren von einem verpflichtenden "Commitment" der Gemeinde Wien gegenüber dem Immobilienspekulanten die Rede ist. Aber der Inhalt dieses Commitments und vor allem die versprochene (oder schon geflossene?) Gegenleistung sind nie offengelegt worden.
- Es wird nicht einmal erklärt, wie im Rathaus jemand, ohne Amtsmissbrauch zu begehen, eine solche Verpflichtung zu etwas eingehen konnte, bevor noch klar war, ob das rechtlich überhaupt geht.
- Das ist tausend Mal mehr rechtsstaatswidrig, als es die Ablehnung eines Gutachtens einer Magistratsabteilung wäre – zumindest solange dieses nicht von einem unabhängigen Gericht als Bescheid bestätigt ist.
- Nach der Rechtslage könnte das sogar den Bau der Ursprungsvariante bedeuten, die noch höher wäre, als es die zuletzt propagandistisch in den Vordergrund gestellte etwas abgespeckte Variante ist.
- Außer dem "Kurier" scheint sich kein größeres Medium um die Causa zu kümmern, obwohl sie so viele Wiener erregt. Warum nur? Sind das bloß lauter schlechte Journalisten? Ist ihre Schlagseite und kulturelle Ignoranz wirklich so schlimm? Oder gibt es gar noch üblere Gründe dafür?
- Besonders auffallend ist auch, dass die gesamte subventionsabhängige Szene, die so gerne das Wort Kultur für sich beansprucht, ohrenbetäubend zu dem Skandal schweigt.
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