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Babler und der demokratische Elchtest

Wären nicht in fünf Wochen Wahlen, man könnte den Kopf schütteln, (schadenfroh?) lächeln und entspannt zuschauen, wie sich SPÖ-Chef Andreas Babler nicht einmal gegen einen Bürgermeister in seiner Partei durchsetzen kann. Doch entspannt kann man nicht sein: Der SPÖ-Chef könnte schließlich schon bald ein Regierungsamt innehaben und da bestürzt nicht so sehr seine innerparteiliche Schwäche als das mangelhafte Demokratieverständnis, das in der Affäre Luger zutage tritt.

Zu allem und jedem hat der Rechenfehler-Vorsitzende der SPÖ in den letzten Monaten lange Worttiraden abgeliefert (auch wenn sich der Sinn meist hinter den Wortmäandern verlor). Und plötzlich: 46 Stunden beharrliches Schweigen – das war seine Reaktion auf die Lug- und Betrugsaffäre seines Linzer Bürgermeisterkollegen Klaus Luger.

Babler brauchte fast zwei volle Tage, um den Linzer wenigstens zum Rücktritt aufzufordern – allerdings nur als Stadtparteichef (und: ach wie großartig, dieses Amt hat Luger auf Babler-Zuruf denn auch endlich zurückgelegt…), nicht aber als Bürgermeister. Beim Traiskirchner wie beim Linzer Bürgermeister scheint ein eigenartiges Verständnis von Verantwortung zu herrschen. Dabei ist die Causa Luger keine Partei-Affäre, sondern ein eindeutiger Fall von Amtsmissbrauch und auch keine lässliche Lüge, sondern eine eklatante vorsätzliche Täuschung.

Denn bei Lugers Lügen geht es nicht nur darum, dass er dem mittlerweile wegen Malversationen entlassenen Chef des Brucknerhauses die Fragen für das Hearing zugespielt hatte, was diesem seine Intendantenbestellung überhaupt erst eingebracht hat. Das beweisen die Chat-Verläufe, die die Oberösterreichischen Nachrichten veröffentlicht haben. Das Abstreiten und Lügen bis zum Überführtwerden durch die Chats wäre aber noch gar nicht das Allerschlimmste: Luger hat den Verdacht immer von sich abzulenken versucht. Im März erfand er in der Angelegenheit sogar einen Whistleblower und ließ ein Gutachten (auf Steuerzahlerkosten) erstellen. Staunt da jemand, dass das ergebnislos blieb? Er setzte sich als weißer Ritter in Szene, der an Aufklärung interessiert war – wer hätte ihn da verdächtigen sollen?

Wie schwach muss ein Parteivorsitzender sein, der da nicht in Minuten-Schnelle den vollständigen Rücktritt verlangt – und auch gleich von all jenen SP-Funktionären in Linz, die sich sofort hinter "ihren" Bürgermeister gestellt haben, weil ihnen seine Entschuldigung bei diesem (wie sie es bezeichneten) "Sommertheater" genügte?

Bedenklich ist, dass nicht nur Babler selbst schwach ist, sondern vor allem sein Demokratieverständnis.

Würde Luger jetzt zurücktreten, dann wäre der Wähler am Wort. Und zwar in einer Bürgermeister-Direktwahl. Was wohl den Verlust des Amts bedeuten würde. Darum will ihn die Babler-SPÖ bis Oktober nächsten Jahres weiter werken lassen. Denn erst dann kann er an einen Nachfolger seiner Wahl übergeben und die Partei kann hoffen, dass die Luger-Lüge bei den nächsten Bürgermeisterwahlen vergessen ist. Um es milde auszudrücken: Sauber ist das nicht.

Die SPÖ hat gemeinsam mit Herbert Kickl, den Neos und den Grünen Sebastian Kurz zum Rücktritt gezwungen, als die WKStA wegen einer angeblich falschen Zeugenaussage im U-Ausschuss zu ermitteln begonnen hat. In Linz darf mit Segen der SPÖ ein Bürgermeister weiteramtieren, der Lüge, Täuschung und Amtsmissbrauch eingestehen musste.

Damit hat Babler den demokratischen Elchtest für die Regierungsbank sicher nicht bestanden.

Übrigens sein Scharfmacher, der Wurstsemmeln verschlingende, mit Anzeigen wedelnde Kai Jan Krainer ebenso wenig. Wenn er als U-Ausschuss-Großinquisitor vor die Kamera tritt, dann stößt er wortreich auch unbewiesene Beschuldigungen aus. Dem Linzer Genossen will er nur unter vier Augen seine Meinung sagen. Öffentlich kann er sich nicht einmal zarte Kritik abringen.

Karl Nehammer hätte jetzt einen weiteren Grund, seine fatale Absage an eine Koalition mit der Kickl-FPÖ zurückzunehmen. Können denn wirklich Babler & Co Partner sein, wenn für sie die Partei über allem steht, auch über Recht und Demokratie?

PS: Ist es Ironie des Schicksals oder hat Klaus Luger schon 2021 vorgebeugt: Als Pamela Rendi-Wagner im Kampf gegen Sebastian Kurz verlangte, dass die Anklage eines Politikers (und nicht erst die Verurteilung) dessen Rücktritt zur Folge haben müsse, meinte Luger, diese "rote Linie" müsse "verschiebbar" sein. Luger war es auch, der nach der Mitgliederabstimmung über den Parteivorsitz im Vorjahr Babler aufforderte, nicht in die Stichwahl zu gehen, sondern Doskozil anzuerkennen.

PPS: Die ORF-Sommergespräche lösen meist nur ein Gähnen aus, am Montag könnte es aber interessant werden. Und zwar nicht nur, weil Andreas Babler im Zuge der Lugerei bisher alle Interviews abgesagt hat. Im ORF wird ihn Martin Thür befragen – dem Babler schließlich den Parteivorsitz verdankt, da die Neuauszählung der Stimmen gemacht wurde, als Thür bemerkte, dass auf dem Abstimmungs-Ergebnis des Parteitags eine Stimme fehlte. Es wird spannend, wer sich mit der Aufarbeitung des Linzer Skandals schwerer tut.

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