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Wo der Sport nachdenklich macht

Noch macht im heurigen Sommer der Sport der Kultur Konkurrenz. Gerade erst hat die Fußball-Europameisterschaft Millionen Österreicher in den Bann geschlagen, ab morgen sind dann die Olympischen Sommerspiele in Paris Mittelpunkt des sportlichen Interesses. Manches dabei bringt auch und gerade politisch denkende Menschen zum Nachdenken. 

Da ist die starke Manifestation von Nationalismus in den Stadien, Fan-Zonen und vor den TV-Schirmen, die man, so sie nicht in unfairem Verhalten – wie dem Auspfeifen des Gegners – besteht, positiv zur Kenntnis nimmt. Dabei ist dieses Gefühl normalerweise verpönt, auch und besonders wenn es als Patriotismus in Erscheinung tritt. Nur bei sportlichen Glanzleistungen im Schnee genauso wie auf dem grünen Rasen, da schlägt das nationale Herz unbeschwert und keiner, nicht einmal der linkste Linke, der sonst sofort aufkeimenden Faschismus wittert, stößt sich daran. Da darf das Österreicher-Herz höher schlagen, wenn "wir" Medaillen gewinnen, wenn "unsere Burschen" andere besiegen (und beim Tagebuch-Schreiber besonders dann, wenn "unsere" Fußballer beim Absingen der Hymne hoffentlich auch weiterhin die "Töchtersöhne" standhaft verweigern …).

Nachdenklich und nachgerade ein bisschen neidisch macht einen leidgeprüften Wiener die Art, wie die französischen Veranstalter der Olympischen Spiele ihre Hauptstadt zum Hauptdarsteller dieses Welt-Sportereignisses machen. Was wurde bei den vergangenen Spielen mit der Errichtung von sündteuren, meist hässlichen Riesen-Stadien geprotzt und die Eröffnungszeremonien in monumentalem Rahmen verkamen zu einem Wettbewerb, wer mehr Millionen mit Pyrotechnik in die Luft jagen kann.

Und die Franzosen? Die benutzen ihre Stadt als Bühne: In 94 Booten werden die 10.500 Athleten über 6 Kilometer auf der Seine in Paris einziehen, die Pariser Bevölkerung kann kostenlos an den Quais zusehen. Und die ganze Welt sieht die Schönheit und den Glanz der französischen Metropole. Auch für die Wettkämpfe haben die Franzosen auf den Reiz des kulturellen Erbes gesetzt und lassen etwa die Reit-Bewerbe im Schlosspark von Versailles austragen.

Die Wiener Rathausmänner dagegen setzen im Dienste von Investoren sogar den Weltkultur-Erbe-Status der Stadt aufs Spiel, weil ihnen der historische Glanz nicht wichtig ist. Und sie pflanzen Bäume auf den Michaeler Platz und zerstören damit ästhetische Sichtachsen – im Namen der "Klimarettung". Wer braucht schon Schönheit! Paris, Du hast es besser. (Kleine Nebenbemerkung: Wien veranstaltet ja auch nicht olympische, sondern LGBTIQ-Sportbewerbe namens "Eurogames", die man bei den Stadteinfahrten mit grottenhässlichen Plakaten bewirbt, auf denen sich die Stadt als "queer" deklariert. Fragt sich nur, warum queere Sportler eigentlich eigene Spiele brauchen?)

Und schließlich passiert in diesen sportdominierten Sommerwochen auch noch etwas Unerhörtes: Es geht plötzlich unter dem Applaus aller nur mehr um Leistung. Danach kräht unterm (politischen) Jahr kein Hahn. Im Gegenteil, schon in der Schule soll den Kindern abgewöhnt werden, dass Leistung etwas Positives ist. Noten abschaffen. Leistungsgruppen wegzaubern. Nicht mehr nach Leistung differenzieren – man kennt das alles und wird es demnächst wieder zu hören bekommen. Immer weniger soll geleistet werden – auch in der Arbeitswelt mit verkürzten Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich, wie es die Arbeiterkammer lauthals fordert. Außergewöhnliche Leistung soll sich am besten auch nicht lohnen, der Gehaltsdeckel geistert bereits durch die Diskussion – und wenn’s der nicht wird, dann eben die Reichensteuer.

Nur jetzt, wo es um Medaillen und Titel geht, da wird Leistung bewundert und alles, was zum Erfolg geführt hat: unermüdliches Training, Verzicht und Selbstüberwindung. Alles Dinge, die im Alltag anrüchig geworden sind. Und vor allem: Niemand, nicht einmal ein Herr Babler, stößt sich an den Millionen-Gagen, die die Ronaldos, Mbappés und Messis dieser Welt einstreifen …

Nun denn: Freuen wir uns über die verbleibenden Wochen der Spiele, in denen wir patriotisch und auf die Größe europäischer Vergangenheit stolz sein und Leistung bewundern dürfen. Denn dann folgt nahtlos der Wahlkampf. Und da gilt Patriotismus dann wieder als pfui und unrettbar rechts; da wird die Schönheit des Ererbten wieder dem schrillen Zeit(un)geist geopfert, wenn man nur glaubt, damit ein paar Stimmen fangen zu können; und da wird wieder versprochen, wie wir mit weniger Leistung gut aufgehoben in der sozialen Hängematte reich und glücklich ewig leben werden. Ach ja.

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