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Die Lügengeschichten der Frau Lena machen nachdenklich

Die nunmehrige EU-Abgeordnete der Grünen – die wochenlang alle Plakatwände zieren durfte, dann aber in die zweite Reihe geschoben wurde – hat eine weitere Lügengeschichte zugegeben. Das lässt weit über die Politik und die Rolle der Grünen hinaus nachdenken. Stoßen wir da gar auf ein toxisches Muster, das gerne als politisch inkorrekt verdrängt wird? Und das ausgerechnet bei einer kampffeministischen Partei besonders peinlich wäre …

Tatsache ist, dass Lena Schilling ohne bis heute erkennbares Motiv eine Affäre mit einem gut aussehenden TV-Moderator erfunden hat. Das bringt zwangsläufig ins Rätseln, warum sie das getan hat. Das ist jedenfalls ein noch viel schlimmerer Vorfall als ihre Erfindung von häuslichen Gewalttaten bei einem Paar aus der linken Szene. In diesem Fall gab es ja noch die theoretische, wenngleich nur ein halbes Promille große Möglichkeit, dass Schilling irgendeine Bemerkung missverstanden, irgendein Gerücht falsch wiedergegeben hat. Bei den eigenen Beziehungsverhältnissen ist so etwas eigentlich nicht mehr denkbar, es sei denn, wir haben es mit einem Fall schwerer Schizophrenie zu tun.

Damit ist jedenfalls einmal der "Standard" endgültig rehabilitiert, der ja von den Grünen wegen der Schilling-Stories mitten im EU-Wahlkampf heftigst attackiert und als Auftragstäter anderer Linksparteien denunziert worden ist. Dabei waren es die Grünen selber, die Frau Schilling als prominente Quereinsteigerin aus der bei Grünen so verehrten Straßenblockierer-Szene in die erste Reihe bugsiert haben. Da war es mehr als legitim als bei anderen, normalen Studentinnen, sich mit ihren Eigenarten zu befassen.

Viel spannender noch ist aber die Frage, warum Lena Schilling das getan hat. Denn keines der allgemein bekannten Motive für das Verbreiten von Lügen scheint hier in Frage zu kommen: bewusstes Lügen, um sich aus einer unangenehmen Lage, einem schlimmen Verdacht loszuwinden, um im Streit Recht zu behalten, um Karriere zu machen, um jemandem zu schaden, um einen finanziellen Vorteil zu erzielen – all das ist bekannt, ist schlimm, ist zu verurteilen, aber in der beabsichtigten Kausalität  irgendwie nachvollziehbar. Jedoch ist weit und breit nichts davon bei der grünen Neopolitikerin erkennbar.

Tatsache ist vor allem aber auch, dass Schilling nicht das einzige junge Mädchen ist, von dem man weiß, dass es Beziehungen mit attraktiven und prominenten Männern erfindet. Oft erfahren diese gar nichts davon, oft werden sie aber auch ungut belästigt, zeigen es aber nicht an, weil es nicht gerade zum gesellschaftlichen Bild eines Mannes gehört, die Polizei zu brauchen, um sich eines zudringlichen Mädchens zu erwehren.

Tun Frauen das, weil sie sich in ihrer Phantasie so in diese erwünschte Beziehung hineingesteigert haben, dass sie nicht mehr Traum und Realität auseinanderhalten wollen, auseinanderhalten können? Erhoffen sie sich, dass durch ein erfundenes Outing aus Traum Realität wird? Tun sie das, um einem Mann beruflich oder in seiner wirklichen Beziehung zu schaden? Tun sie das aus Eifersucht auf dessen Partnerin? Tun sie das, um vor ihren Geschlechtsgenossinnen angeben zu können, wo dann natürlich gilt, je prominenter, umso neidischer werden hoffentlich die anderen?

Irgendwie kann alles in Frage kommen. Im Falle Schilling kommt noch die Möglichkeit eines politischen Motivs hinzu: Es vergrößert ihr Image, ihre Bedeutung in der linken Szene, wenn sie mit einer intimen Beziehung zu einem prominenten ORF-Mann prahlt, die man dann gut brauchen kann. Ganz übel wäre es, was aber auch nicht ganz auszuschließen ist, dass die Grünen sie gerade wegen dieser vermeintlichen Beziehung als Kandidatin ausgewählt haben, weil man hoffte, sich in ihrer Person einen noch besseren Zugang in die Räterepublik am Küniglberg verschaffen zu können (obwohl diese ohnedies sehr grün-affin ist).

Noch viel problematischer aber wird es, wenn es Männern nicht immer gelingt, sich glaubhaft freizubeweisen. Wie beweist man denn, dass etwas nicht stattgefunden hat? Das ist gar nicht so einfach. Wird doch im Zweifel fast immer primär einer Frau in der Opferrolle geglaubt – schon aus dem allgemeinen Gefühl heraus, dass Männer halt oft ja tatsächlich "so" sind. Dass sie halt auch glauben, sich darauf verlassen zu können, dass Frauen im Interesse des eigenen Rufes nichts über illegitime Verhältnisse und Belästigungen plaudern. Was freilich im 21. Jahrhundert in Wahrheit in westlichen Gesellschaften kaum ein relevanter Aspekt mehr ist.

Wie viele Beziehungen sind schon durch solche Lügen kaputt gegangen? Wohl gar nicht so wenige – auch wenn natürlich zugleich zu betonen ist, dass zweifellos viel häufiger echte, wirklich stattgefundene Seitensprünge Ehen ruiniert haben.

Und noch schlimmer ist es, wenn im Zeitalter von MeToo berufliche Karrieren solcherart ruiniert werden, oder wenn Männer wegen falscher Behauptungen gar vor dem Richter landen.

Das soll ganz und gar nicht ein Plädoyer dafür sein, dass Männer immer die unschuldigen Opfer sind. In sehr vielen Fällen sind sie das absolute Gegenteil. Aber man muss sich auch bewusst machen, dass es eben auch Fälle wie den der Frau Schilling gibt, weshalb man sich mit vorschnellen Urteilen besser zurückhält. Und weshalb jene Richter oder Personalchefs ganz und gar nicht zu beneiden sind, die da urteilen müssen: Was ist nun Wahrheit, was Lügengeschichte?

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