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Der Verlierer steht schon fest

Unglaublich viel wird seit Monaten über die amerikanischen Wahlen gesprochen, obwohl sie erst im November stattfinden. Zwar ist dort die Präsidentenkür tatsächlich extrem spannend und emotional inszeniert. Aber viel wichtiger ist in Wahrheit, dass die USA noch immer wirtschaftlich, militärisch und politisch das führende Land auf diesem Globus sind.

Bei aller über den Atlantik spülenden Polarisierung zwischen den Präsidentschaftskandidaten sollten die Europäer bedenken: Sowohl unter Donald Trump wie auch unter Joe Biden hat sich der wirtschaftliche Abstand zwischen der EU und den USA weiter vergrößert. Diese sind dynamischer und produktiver als die EU – trotz der größeren Last, welche sie für die globale Sicherheit, für bedrohte Länder wie Taiwan, Südkorea, Israel oder die Ukraine tragen. Der entscheidende Unterschied: Das amerikanische System ermöglicht Neuentwicklungen, egal wer regiert, während die EU – deren Binnenmarkt-Projekt im letzten Jahrtausend noch so gut abgehoben hat – seit Jahren nur noch darauf bedacht ist, alle Neuentwicklungen zu regulieren, vom Internet über den Datenschutz bis zur Künstlichen Intelligenz.

Europa will zumindest beim Grünwerden Spitzenreiter sein. Aber auch die damit – neben gewaltigen Kosten – verbundenen wirtschaftlichen Chancen wurden anderswo besser genutzt. Die Photovoltaik-Produktion ist fast komplett nach China abgewandert. Die ersten markttauglichen Elektroautos wurden in den USA entwickelt und werden jetzt vor allem in China gebaut. Und China hat fast ein Weltmonopol bei den für Elektroautos so zentralen Batterien – dennoch wird die Anschaffung von Elektroautos in Europa massiv gefördert, während China immer neue Kohlekraftwerke baut, deren Strom es insbesondere für die Batterieproduktion benötigt.

Auch Japan, das vor etlichen Jahren noch "die" große globale Herausforderung war, fällt durch Überalterung und Überschuldung massiv zurück. Vor drei Jahren war ein US-Dollar 100 Yen wert. Heute bekommt man dafür 162 Yen.

Noch deutlicher wird die amerikanische Erfolgsgeschichte beim Blick auf die Aktien. Wer 1997 Amazon-Aktien um 1000 Dollar erworben hat, der ist heute um 2,5 Millionen Dollar reicher. Irgendetwas müssen die Amerikaner besser machen. Das sieht man etwa auch an der Anzahl von Versuchen, den amerikanischen Konzern in einer so simpel scheinenden Branche wie dem Handel zu schlagen. Sie sind allesamt kaum mehr wahrnehmbar (oder wann haben Sie zuletzt etwas von shöpping.at gehört?).

Es wäre daher recht klug, das Waffengeklirr um die Präsidentenwahlen etwas abgeklärter zu sehen. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit auf die wirklich wichtigen Schlachten richten. Denn egal, wer in Amerika die Wahl verliert, Europa ist jedenfalls schon jetzt Verlierer.

Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".

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