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Hochwässer haben in Deutschland und Österreich große Schäden verursacht. So wie jedes Jahr. Sie sind aber auch idealer Anlass, das Verhalten von Menschen zu analysieren. Dieses Verhalten hat Spitzenökonom Gabriel Felbermayr sehr treffend als Vollkasko-Mentalität beschrieben.
Es ist die durch populistische Politik verbreitete Überzeugung, dass einen der Staat von allen Risiken des Lebens befreien kann und wird. Es ist fast schon zur Regel geworden: Wenn irgendwo ein gröberes Hochwasser auftritt, reiten Landeshauptleute und andere Spitzenpolitiker aus. Angeblich haben sie dafür im Kofferraum des Dienstautos stets Gummistiefel und Wetterjacke dabei. Zugleich sind sie strikt instruiert, bei solchen Gelegenheiten bloß ja nicht auch nur ein einziges Mal zu lächeln, denn solche Fotos könnten den nächsten Wahlsieg kosten (wie es etwa in Deutschland dem CDU-Spitzenkandidaten passiert ist). Manche sollen für solche Gelegenheiten sogar vor dem Spiegel ein tiefbetroffenes Gesicht trainieren.
Daran ist noch nichts schlecht. Solche Auftritte gehören einfach zur politmedialen Liturgie. Man will halt zeigen, dass man die Sorgen der Menschen teilt, dass man empathisch ist.
Zum großen Problem wird das Ganze erst, wenn Politiker auch gleich garantieren, alle Hochwasser-Opfer schadlos zu halten. Was sie ja nicht aus ihrer Privatkassa tun können, sondern nur auf Kosten der Steuerzahler. Auch darüber könnte man an sich wohlwollend diskutieren – gäbe es nicht einen gewaltigen Pferdefuß: Denn je öfter das geschieht, je fixer das Versprechen, für alles zu entschädigen, zur Hochwasser-Liturgie gehört, umso mehr ändert sich das Verhalten der Menschen, umso mehr gehen sie davon aus, dass auch beim nächsten Starkregen und Gewitter Ähnliches passiert. Umso eher verzichten sie auf Schutzmaßnahmen, etwa gegen Vermurungen, umso weniger sind sie versichert, umso eher bauen sie auf exponiertem Grund – ist der doch oft viel billiger zu erwerben.
Das ist ein schier unlösbares Dilemma. Je mehr Politik Zuwendung zeigen will, umso mehr verzichten die Menschen auf die eigene Verantwortung.
Ähnlich läuft es in vielen Bereichen. Etwa wenn ein Unternehmen von einem einzigen Lieferanten abhängig ist, wenn ein Energieversorger sein Gas bei einem einzigen Lieferanten einkauft, weil der billiger ist. Das verschafft einen Wettbewerbsvorteil – aber auch einen Riesenschaden, falls der Lieferant ausfällt. Dann werden alle Ersatzlieferanten extrem teuer. Dieses moralische Hasard wird umso häufiger, je öfter Staat oder EU das volle Risiko übernehmen.
Dagegen gibt es nicht viele Strategien. Regulierungen, Auflagen, Versicherungspflichten, Kontrollen bringen viele andere Nachteile und Kosten und können doch nicht alles verhindern. Jedenfalls klug wären bindende Gesetze, dass die Politik bei aller Empathie nicht alle Schäden decken darf, dass es jedenfalls einen spürbaren Eigenanteil, einen Selbstbehalt geben muss. Nur so können die Menschen zur Vorsorge, zur Vorsicht, zur Vorbeugung gebracht werden.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".