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Was nach einer Kleinigkeit aussieht, ist eine erschreckende Bloßstellung des österreichischen größeren Ganzen: Der Unterrichtsminister will ein Ende der Matura-Komponente "verpflichtende vorwissenschaftliche Arbeit", weil die findigen Kids sie ja vom Chat-GPT produzieren lassen könnten. Motto: Schaffen wir den Fortschritt ab. Wird schon vorübergehen.
Man kann die Augen vor der Realität verschließen, man kann sie ablehnen, sie leugnen. Man kann sich mit ihr abfinden, sich mit ihr aber weiter nicht auseinandersetzen wollen. Aber man kann sie nicht aus der Welt schaffen.
Auch nicht, wenn man Minister ist.
Und vor allem sollte ein Bildungsminister den alten Spruch kennen, dass die Kinder ja nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen.
Nun gibt es also diese neue Form der Suchmaschine, "künstliche Intelligenz" genannt, die auf das gesamte im Internet vorhandene Wissen und Halbwissen, auf Mythen, Wahrheit und Desinformation zugreifen und daraus in Sekundenbruchteilen eine lesbare Zusammenfassung brauen kann. Diese Elaborate reichen von dümmlichen Banalitäten bis zu hochspezialisierten, detailreichen Abhandlungen. Wie gut das Resultat ist, hängt hauptsächlich davon ab, wie präzise gefragt wird, wie klar die Fragestellung thematisch aufgegliedert und von Nebensächlichkeiten abgegrenzt wird und wie sehr die Vorgaben die KI zu hoher Recherchequalität zwingen.
Diese thematische Eingabe nennt sich "prompt" – und einen solchen gut erstellen zu können, sollte im Jahr 2024 eigentlich zu einem unabdingbaren Lehr-Inhalt für angehende Maturanten gehören. Denn in der Arbeits- und Wissenschaftswelt von morgen wird es Voraussetzung sein, KI erfolgreich einsetzen zu können.
Für das Bildungsressort wäre daher der Auftrag: Die Lehrer müssen dringend geschult werden, wie man "prompts" erstellt, so dass sie es auch den Schülern, die nicht die Computer-Genies der Klasse sind, beibringen können. Da können sie dann selbst herausfinden, dass eine gute Arbeit, die die KI produziert, sehr viel Vorbereitungs-Aufwand, thematisches Verständnis und klares Denken des Schülers voraussetzt. Nur auf einen guten Prompt hin "schreibt" die KI eine ausgezeichnete Arbeit. Und das sollte unbedingt als vorwissenschaftliche Arbeit gelten – man könnte ja verlangen, dass alle den ChatGPT in der Schule für ihre Arbeit benützen können und den Prompt mit abgeben müssen. (Damit würde sich auch das ewige Gejammere über die Ungerechtigkeit der "Bildungsvererbung" bei der vorwissenschaftlichen Arbeit erübrigen, das seit Jahr und Tag angestimmt wird, weil akademisch gebildete Eltern und Verwandte gern als bequeme Wissensquelle für diese Arbeit herhalten – und die hat halt nicht jeder.)
Der Bildungsminister will die Arbeit aber lieber abschaffen – sich wenige Monate vor dem Ende seines Ministerdaseins mit der Lehrergewerkschaft anzulegen, die ja für die neuen Herausforderungen durch die KI ihre Mitglieder zu ungeliebten Weiterbildungswochen verdonnern müsste, das tut sich Martin Polaschek erst gar mehr nicht an. Die Zukunft der Schüler scheint ihm jedenfalls diesen Aufwand nicht wert.
Das fügt sich nahtlos in die Liste der Versäumnisse auf dem Schulsektor. Um nur ganz wenige zu nennen:
Die Freitags-Schulschwänzer sollten sich besser um solche Versäumnisse der Politik kümmern als klimahysterische Gesetze zu verlangen, von denen sie nichts verstehen. Wenn sie schon glauben, die Welt retten zu müssen, sollten sie sich dafür beim Lernen anstrengen – und fordern, das richtige Rüstzeug für die Welt von morgen mitzubekommen. Auch aus ganz egoistischen Motiven: Nicht jeder Freitags-Schwänzer kann schließlich eine Lena Schilling-Karriere machen.