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Wenn Deutschland jetzt eine essentielle Vorstufe zur Wiedereinführung der Wehrpflicht beschließt, dann ist das mehrfach auffällig, da ja in Berlin eine linke Ampelkoalition regiert, die solcherart auf die wachsende Bedrohung zu reagieren versucht. Das ist zwar, erstens, scheinbar eine Entwicklung wie in mehreren anderen Ländern, das ist, zweitens, angesichts der deutschen Innenpolitik dennoch verblüffend, und das ist, drittens, total skurril für ein Land, wo man sich alljährlich nach Belieben ein neues Geschlecht aussuchen kann.
Dieses ganze Gewürge bleibt Österreich erspart, obwohl 2013 hierzulande die damals noch relevantere SPÖ in einem ihrer üblichen Populismus-Anfälle – und unter Druck, um nicht zu sagen auf Anordnung der Kronenzeitung – eine Volksabstimmung über die Aussetzung der Wehrpflicht durchgesetzt hat. Die hat sie aber krachend verloren, und Österreich hat weiterhin die Wehr/Zivildienstpflicht. Das war damals nicht zuletzt auf die Erkenntnis vieler Österreicher zurückzuführen, wie wertvoll das Bundesheer für den Katastrophenschutz und der Zivildienst für Rotkreuz&Co ist.
Das Ergebnis wäre heute noch viel krachender – nur diesmal überwiegen die Sorgen um die klassischen Aufgaben der Landesverteidigung. Viele Menschen haben zu Recht Angst wegen des Verhaltens Putin-Russlands, das (bloß ein Jahr nach dem gescheiterten SPÖ-Vorstoß!) den ersten Teil ihres völkerrechtswidrigen Überfalls auf die Ukraine durchgeführt hat. Seither ist in Europa klar: Wer in Frieden leben will, muss sich alternativlos auf die Möglichkeit eines Krieges vorbereiten.
Dem liegt übrigens nicht zuletzt auch die Erkenntnis zugrunde, dass die Ukraine niemals überfallen worden wäre, hätte sie nicht in den Jahren davor ihre Atomwaffen abgegeben – gegen Garantien ihrer Grenze auch durch Russland. Seither weiß man auch, was Zusicherungen Russlands wert sind, was beim russischen Diktator das Völkerrecht zählt.
Das wissen jedenfalls auch die anderen Neutralen auf diesem Kontinent: Die Schweiz hat ihre immer schon imposante Hochrüstung noch weiter intensiviert, und sie hat ihre Zusammenarbeit mit der Nato intensiviert; die ebenfalls militärisch recht gut - jedenfalls deutlich besser als Österreich – aufgestellten Finnen und Schweden sind überhaupt gleich der Nato beigetreten. Nur die Mehrheit der Österreicher weiß das nicht; sie glaubt irgendwie an eine magische Wirkung der Neutralität zur Garantie von Sicherheit und Freiheit. Das ähnelt der Zauberabwehr im Lehrplan des Fachs "Verteidigung gegen die dunklen Künste" an der Hogwarts-Schule Harry Potters.
Aber lassen wir das traurige Kapitel der österreichischen Neutralitäts-Illusionen und bleiben beim Thema Wehrpflicht, das beim Nachbarn ein trauriges Schicksal genommen hatte. Die deutsche Regierung hat 2011 ganz ohne Referendum in einem Anfall von Weltfremdheit die Wehrpflicht in den Keller gesperrt. Sie hat seither nicht einmal mehr Listen jener Männer, die sie in der Stunde der Not einem schnellen Wehrtraining unterziehen könnte.
Eine besondere Ironie der Geschichte ist dabei, dass das unter der CDU-Kanzlerin Merkel und dem CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg geschehen ist – und dass es jetzt ein sozialdemokratischer Verteidigungsminister unter einem SPD-Kanzler ist, der die ersten Schritte für eine Rückkehr zu einer Wehrpflicht setzt.
Allerdings sollte man anmerken: Die SPD war in Teilen sicherheitspolitisch immer schon viel realistischer als die SPÖ. Man denke nur an Helmut Schmidt, der wider allen Linksterror in den 70er Jahren den Nato-Nachrüstungsbeschluss durchgesetzt und damit Entscheidendes zum Zerfall der Sowjetunion und zu einem jahrzehntelangen Aus der Wettrüstung beigetragen hat, das bis zu Wladimir Putin angehalten hat.
Was die deutsche Regierung jetzt tut, ist psychologisch der Versuch, sich der Wehrpflicht anzunähern, ohne dass die kleinen Schritte allzu deutlich auffallen. Vorerst wird niemand gegen seinen Willen eingezogen. Das einzige, was alle 18-jährigen Männer machen müssen und alle Frauen dürfen, ist, einen Fragebogen auszufüllen, der unter anderem den Gesundheitszustand und das eventuelle Interesse an einem Wehrdienst abfragt. Unter den Interessierten soll es dann vorerst genügend junge Menschen geben, um die klaffenden Lücken bei der Bundeswehr wieder zu schließen.
Das geschieht dennoch zu einem parteipolitisch auffallenden Zeitpunkt: nämlich nur ein Jahr vor den nächsten Wahlen und wenige Tage nach einer klatschenden Niederlage für die Ampelparteien bei den EU-Wahlen. Die CDU/CSU als weitaus größte Oppositionspartei des Landes ist zwar schon länger für die Wiedereinführung einer echten Wehrpflicht. Umso mehr wird der Regierungsbeschluss aber parteiintern für Diskussionen bei den Linksparteien mit ihren pazifistischen Flügeln und für Attacken der Links- und der Wagenknecht-Partei sorgen.
Dafür, warum es die Regierung dennoch macht, gibt es vier denkbare Erklärungen:
Möglicherweise treffen auch alle vier Punkte der Erklärung zu.
Tatsache ist jedenfalls, dass Deutschland bald Jahrgänge von jungen Männern haben wird, die man gleichsam auf Knopfdruck einberufen kann. Und dass sich wohl schon vorher bei geschickter Gestaltung des bundesweiten Fragebogens deutlich mehr Männer für die Bundeswehr interessieren werden als bisher. Und einige Frauen.
Damit kommen wir zum letzten Punkt. Und der lässt laut schallend auflachen. Seit Jahren waren die drei Linksparteien eifrig bemüht, alle Unterschiede zwischen Mann und Frau wegzubügeln, zu ignorieren. Und jetzt führt man einen altneuen Unterschied dramatisch wieder ein! Das ist grotesk. Denn die Pflicht zur Ausfüllung des Fragebogens besteht eben nur für Männer. Ebenso kann dann im Ernstfall nur alle Männer eines Jahrganges die Pflicht treffen einzurücken, auch wenn sie keine Grundausbildung hatten.
Wo bleibt da die von manchen als oberster "Wert" einer linken Gesellschaft dargestellte Gleichheit der Geschlechter, mit gleichen Rechten und Pflichten? Längst ist ja durch die freie Wahl zwischen Militär- und Zivildienst in allen westlichen Gesellschaften mit Dienstpflicht das Argument weggefallen, Frauen mit ihrer im Schnitt schwächeren körperlichen Konstitution könnten da nicht den gleichen Belastungen ausgesetzt werden. Zugleich wird überdies der Bedarf an helfenden Menschen in allen Bereichen, wo Zivildiener tätig sind, von Jahr zu Jahr größer. Auf Grund der Überalterung, auf Grund der fehlenden Kinderzahlen, auf Grund der im Schnitt immer längeren Pflegebedürftigkeit.
Es ist schon amüsant, dass das sonst bei wirklich jeder Kleinigkeit laut ertönende Klagegejammer der Kampffeministinnen über irgendwelche angeblichen oder wirklichen Diskriminierungen total ausgeblieben ist. Diskriminiert dürfen also offensichtlich nur Männer werden.
Noch lauter lachen kann man, wenn man all die vielen Probleme mit den sogenannten Trans-Geschöpfen vorausahnt, die noch zu zahllosen Verfassungs- und Grundrechtsverfahren führen werden.
Dabei war in den letzten Jahren in den linken Parteien und Unis auch nur die Erwähnung der Tatsache, dass es unveränderliche biologische Geschlechter gibt, schon ein Verbrechen, das als schlimmer angesehen wurde als ein Massenmord.
Wir werden also noch viel zum Lachen haben, wie sich der linke Woke-Schwachsinn da neuerlich ad absurdum führt.
Zwei Folgen der halben Wehrpflicht-Perspektive könnten aber auch positive Auswirkungen haben. Das sei zumindest vage gehofft: