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Eine ehemalige Staatsanwältin der Korruptionsstaatsanwalt übt im soeben erschienenen "Jahrbuch für Politik 2023" massive Kritik an der WKStA und insbesondere ihren Forderungen nach mehr Macht. Gleichzeitig listet sie die vielen juristischen Niederlagen und Pannen der WKStA auf. Diese sind konkret und beweisbar – und sie sind mindestens so katastrophal für Österreich wie die Affäre Ott-Marsalek, die aber einzig Parteien und Medien beherrscht, obwohl hier außer der offensichtlichen Spionage zweier übler Typen für Russland nach wie vor wenig evident und auch der Schaden für Österreich noch völlig unklar ist.
Linda Poppenwimmer ist vor zweieinhalb Jahren aus Empörung über das "vergiftete Klima" in der Justiz aus der WKStA ausgeschieden und arbeitet seither in der Rechtsanwaltskanzlei Ainedter. Sie ist jetzt besonders verärgert über die Forderung der WKStA nach einem eigenen, nur für ihre Fälle zuständigen Gerichtshof "zur Betonung der erforderlichen speziellen Expertise und Erfahrungen der handelnden Personen". Poppenwimmer arbeitet die wahrscheinlich wahren Motive der WKStA für diese Forderung heraus: Diese begründe "ihr nicht genehme Gerichtsentscheidungen im Ergebnis mit mangelnder Kompetenz der Entscheidungsorgane".
Weniger juristisch formuliert: Die knalllinken Ankläger schieben die Schuld für ihre ständige Niederlagenserie auf die Richter und glauben, bei einem eigens für sie zusammengestellten Gerichtshof bessere Chancen zu haben. Solches denken sich freilich viele Österreicher, nachdem sie bei Gericht verloren haben, ohne dass sie sich aber deswegen andere Richter aussuchen könnten.
Die Juristin wörtlich: Somit "untergräbt eine derartige Forderung das Vertrauen in die unabhängigen Gerichte und damit in den Rechtsstaat."
Die Formulierung dieser Attacke ist nicht unelegant: Denn in den letzten Jahren hat die Justizministerin umgekehrt jede Kritik an der WKStA als "Kritik am Rechtsstaat" abzuwehren und zu ignorieren versucht.
Poppenwimmer schließt an diese Kritik auch die Forderung an, die schon im Regierungsprogramm stehenden Justizvorhaben zur Steigerung der Effizienz der Strafjustiz bei der Erledigung von Großverfahren endlich umzusetzen, die ja bisweilen bis zu acht Jahre dauern. All diese Vorhaben sind von der Justizministerin mehr als vier Jahre liegengelassen worden. Poppenwimmer zählt als fehlend auf:
Auch der Bericht zum letzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss enthält vernichtende Aussagen, die eigentlich dringende Handlungsnotwendigkeiten aufwerfen. Auch sie werden aber ignoriert. Darin wurde in Hinblick auf die WKStA gesprochen von
Doch all die Kritik blieb offensichtlich ergebnislos. Die WKStA kann weiterhin ihr Unwesen treiben. Das Verhalten der WKStA ist nach Formulierung Poppenwimmers "geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in Objektivität und Effizienz der Strafverfolgung zu erschüttern".
Eher ins Kapitel der frommen Illusionen gehört angesichts dieses vernichtenden Urteils und der Nichterfüllung weiter Teile des Regierungsprogrammes wohl der Appell Poppenwimmers an die Justizministerin, "das reibungslose Funktionieren der ihr unterstellten Behörden und Einrichtungen sicherzustellen".
In ein ganz anderes Kapitel, das man im Gegensatz zu dieser Illusion wohl "sehr konkretes Protokoll des Versagens der WKStA" nennen müsste, ist dann ihre Aufzählung vieler Niederlagen und Peinlichkeiten der Korruptionsstaatsanwälte – von denen ja zuletzt wohl nicht ganz zufällig eine ganze Reihe fast fluchtartig diese Behörde verlassen hat – allein im Jahr 2023 einzuordnen:
Das waren die inzwischen fast zur Gänze rechtskräftigen Niederlagen für die WKStA allein aus dem Vorjahr, wie sie Poppenwimmer bilanziert hat. Psychologisch kann man es da ja irgendwie verstehen, wenn die WKStA nicht in ihrer eigenen Unfähigkeit die Ursachen all dieser Niederlagen und Peinlichkeiten sucht, sondern die Richter attackiert, indem sie ein neues Gericht für sich verlangt. Angriff ist halt die beste Verteidigung und Ablenkung …
Dabei kommen die allergrößten WKStA-Skandale in dieser Jahresbilanz gar nicht vor, weil sie sich in den Jahren davor, beziehungsweise danach abgespielt haben:
Es ist absolut unfassbar, dass im Bereich der Strafjustiz eine solche Behörde weiterhin agieren kann, ohne dass auch nur die Behördenleiterin ihren Posten verliert. Das wäre in jedem anderen Ministerium und Amt völlig undenkbar!
PS: Im Vorjahr hat auch noch der sogenannte Kurz-Prozess begonnen, in dem außer der (von der WKStA ursprünglich abgelehnten) Diversion für die ehemalige Casinos-Vorsitzende Glatz-Kremsner noch nichts rechtskräftig ist. Auch hier sind der WKStA schwere Fehler passiert; so wurde die Aussage von Ex-Minister Blümel seinem Vorgänger Löger zugeordnet. Kurz wurde in erster Instanz in einem von vier von der WKStA angeklagten Punkten verurteilt, in drei freigesprochen (das Tagebuch hat mehrfach über die schweren, nach dem Prozess auftauchenden Vorwürfe gegen den Richter berichtet, die massiv auf eine Befangenheit hindeuten). Poppenwimmer hält im Widerspruch zur WKStA fest, dass das Gericht einen wesentlichen Entschuldigungsgrund für Kurz und Bonelli von Amts wegen prüfen hätte müssen (man ist auch bei einer falschen Beweisaussage nicht zu verurteilen, wenn man sie "abgelegt hat, um die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung von sich abzuwenden", was nach Juristenansicht auch bei einer bloß vermeintlichen Gefahr zutrifft). Wie dieses Verfahren letztlich endet, wird wohl noch etliche Jahresbilanzen prägen …
(Das Jahrbuch für Politik 2023 enthält eine Reihe von Texten zu allen möglichen Aspekten der österreichischen Politik, darunter den hier zitierten Text von Linda Poppenwimmer)