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Als Österreicher, als bürgerlicher, als wertbewusster, als liberalkonservativer Österreicher muss man manchmal wirklich verzweifeln. Über alle drei Parteien, die einem zumindest theoretisch nahestehen könnten – aber auch über die Bürger dieses Landes als Ganzes, die der Welt mit einem geradezu peinlichen kleinkindlich-illusionären Egoismus gegenüberstehen. Alle Gründe zur Verzweiflung haben in den allerletzten Tagen noch dazu neue Nahrung erhalten.
Am meisten schockiert eine Umfrage der Universität Innsbruck über das Verhalten und die Illusionen der Österreicher im Fall eines bewaffneten Angriffs auf die Republik. Nur 25 Prozent der Männer, beziehungsweise in der Gesamtbevölkerung nur 14 Prozent sind bereit, Österreich mit der Waffe zu verteidigen. Am ehesten ist die Verteidigungsbereitschaft ausgerechnet in der Generation der 50- bis 59-Jährigen zu finden, wo aber wohl der theoretische Wille schon eher größer ist als die wirkliche körperliche Fähigkeit zur Landesverteidigung. Am geringsten ist die Bereitschaft, Österreich zu verteidigen, bei jenen, die sich politisch als links einstufen.
Was wollen die anderen im Falle eines Angriffs auf Österreich tun? Am häufigsten entschieden haben sich die Befragten für drei verwaschene, unkonkrete Scheinantwort-Möglichkeiten, die typisch österreichisch sind: "Durch einen Beitrag zur zivilen Verteidigung" (diese Phrase wurde überhaupt am häufigsten genannt, auch von Männern!), "durch einen unbewaffneten Beitrag" oder "durch einen anderen militärischen Beitrag", also einen solchen ohne Waffe, was auch immer das sein soll.
So wichtig Köche und Sanitäter auch sind: So, wie sich der Großteil der Österreicher das vorstellt, wird sich mit Sicherheit das Land nicht verteidigen lassen. Und jene Minderheit, die noch zur Verteidigung Österreichs mit der Waffe bereit ist, wird auch bald die Bereitschaft dazu verlieren, wenn sie merkt, für wie viele Trittbrett- und Schwarzfahrer sie ihren Kopf hinhalten soll.
Genauso illusionsbeladen ist das kindliche Pippi-Langstrumpf-Denken in Hinblick auf Österreichs EU-Partner im Falle eines bewaffneten Angriffs. Ebenfalls gerade nur 14 Prozent sind zumindest "eher" dafür, dass "Österreich im Falle eines bewaffneten Angriffs auf einen anderen EU-Staat diesem mit bewaffneten Truppen zu Hilfe kommt". Es wäre an sich zwar noch irgendwie logisch, dass ähnlich wenige Österreicher anderen EU-Ländern militärisch zu Hilfe kommen wollen, wie selbst bereit wären, das eigene Land mit der Waffe zu verteidigen. Jedoch – und das ist nun der wirkliche Hammer – stimmen zugleich auch mehr als 72 Prozent der Aussage zu, dass "andere EU-Staaten Österreich militärisch unterstützen sollen, wenn Österreich militärisch angegriffen wird".
Und da setzt wirklich das Verständnis für diese große Mehrheit der Mitbürger aus: Selber wollen sie nichts Relevantes tun im Falle eines Angriffs auf Österreich oder ein anderes Land. Aber die anderen sollen sehr wohl Österreich schützen und herauspauken.
Da kann man nur fragen: Für wie blöd halten die Österreicher die anderen Miteuropäer? Welcher Idiot hat ihnen eingeredet, dass es eine Versicherung gibt, die im Schadensfall vollen Schutz gibt, in die man aber nie einzahlen muss (außer mit guten Ratschlägen am Heurigen- und Stammtisch, was die Deutschen, was die Amerikaner alles falsch machen …)?
Absolut entsetzlich. Ähnlich schockierend und deprimierend ist aber auch der Blick auf die österreichischen Parteien, wenn auch in ganz anderen Fragen:
Die Neos haben zwar in etlichen Wirtschaftsfragen und auch beim Pensionsthema sehr vernünftige Ansichten. Gesellschaftspolitisch stehen sie aber ganz weit links, haben weder mit den Begriffen Heimat oder Familie irgendeine Beziehung, sondern kämpfen mit den Grünen vehement um die Rolle als oberste Lobby von Kirchenfeinden und LGBTQ-Aktivisten. Vor allem aber erwecken sie hundertprozentig den Eindruck, dass sie sich in Wahrheit selbst nur an der Seite der SPÖ in einer künftigen Regierung sehen (sei es in einer linken Ampel wie ihre Schwesterpartei in Deutschland, sei es als Mehrheitsbeschaffer für Rot-Schwarz) , was spätestens seit der Übernahme der SPÖ durch Andreas Babler jede wirtschaftsliberale Aussage zur lächerlichen Farce macht.
Die FPÖ ist zwar gesellschafts- und migrationspolitisch sehr in Ordnung. Sie macht sich nach ihrer unverantwortlichen Corona-Politik aber vor allem durch ihre Russlandnähe unwählbar. Diese zeigt sich insbesondere durch sämtliche Aussagen zum Ukraine-Krieg, deren Inhalt im Effekt immer den Interessen Wladimir Putins dient, also des schlimmsten Aggressors seit Adolf Hitler und Josef Stalin. Diese Aussagen sind in Wahrheit viel schlimmer als das, was man da bisher über die einstige Achse Kickl-Jenewein-Ott-Moskau an Enthüllungen zu hören bekommen hat. So bedenklich das auch ist, aber die drei Problemzonen dieses Informationsflusses sind noch irgendwie verständlich, wenn auch nicht gerade eine Visitenkarte die FPÖ. Denn:
Aber völlig unverzeihlich ist es, dass die FPÖ zutiefst antiwestlich, antiamerikanisch ist, dass sie die größte Bedrohung der europäischen Nachkriegsordnung noch immer nicht begriffen hat, und dass sie den Schutz durch eine moderne Raketenabwehr verwehren will. Ganz offensichtlich, nur weil das die russischen Interessen stört. Im Grunde wäre auch dringend ein Schutz vor nahöstlichen Raketen nötig, wie die letzten Tage wieder bewiesen haben.
Und die ÖVP hat gleich zwei völlig inakzeptable Koalitionsentscheidungen zu verantworten. Einerseits ist das die Ausdehnung der Zahlpflicht zugunsten des linken Propagandasenders ORF auf alle österreichischen Haushalte, also auch auf jene, die ihn fast nie sehen oder hören. Andererseits ist das die Schaffung der Möglichkeit der Einführung einer sogenannten Leerstandsabgabe für die Bundesländer. Diese ist ein glatter Eingriff in die Grundrechte jedes Haus- und Wohnungseigentümers und wird deshalb als eigenes neues Verfassungsgesetz eingeführt, was die Zustimmung der SPÖ gebraucht und dort natürlich auch jubelnd gefunden hat. Denn nur mit einem Verfassungsgesetz können Grundrechte ausgehebelt werden (was theoretisch auch noch am Europäischen Gerichthof für Menschenrechte scheitern könnte, aber auf den ist – siehe Migration – wenig Verlass).
Eine Leerstandsabgabe ist eine klare Abwendung von einer marktwirtschaftlichen Lösung des Wohnungsproblems (die durch eine Erhöhung des Angebots erfolgen müsste, durch Motivierung von Wohnungseigentümern, ihre Wohnungen zu vermieten, durch Abbau der unzähligen Schikanen, Bau- und Mietenregulierungen). Sie ist auch eine Abwendung von einer konservativen Milderung des Wohnungsproblems (durch einen Stopp der ungerufenen Einwanderung aus afrikanischen und islamischen Ländern). Und sie ist eine klare Hinwendung zu kommunistischen Umverteilungs-Modellen (die klar daraus folgenden nächsten Schritte, die natürlich jetzt ebenfalls so lange dementiert werden, bis sie dann eingeführt werden müssen: Kontrollen, ob Wohnungen ausreichend benutzt werden; Begrenzung der Quadratmeteranzahl, die eine Person bewohnen darf; Einquartierungen in zu große Wohnungen; Rückgang der Investitionen in den Wohnungsbau usw).
Beide Abgaben machen fassungslos: War doch die ÖVP lange "der" Garant dafür, dass keine neuen Steuern eingeführt werden, dass die Reste an Marktwirtschaft verteidigt werden! Das war ihr wichtigster USP. Daher bleiben jetzt auch folgende Fragen unbeantwortet:
Diese Glaubwürdigkeit ist aber auch deshalb so geschmolzen, weil die ÖVP Richtung Babler-SPÖ bei weitem keine so klare Absage ausgesprochen hat wie Richtung Kickl-FPÖ. Dabei ist die (ständige) Forderung nach neuen Steuern für die SPÖ eine viel zentralere DNA als für die FPÖ die Absage an eine funktionierende Raketenabwehr. Dort ist es nur Dummheit Kickls.
Es ist zum Verzweifeln. Für einen Österreicher, für den dieses Land verteidigenswert ist. Für einen Österreicher, der dieses Land eng im Westen verwurzelt sieht. Für einen Österreicher, für den in der Politik Werte wie Familie, Heimat und nationale Identität zentral sind. Für einen Österreicher, der weiß, dass nur marktwirtschaftliche und nie staatsplanerische Mechanismen funktionieren.
Als Christ würde er verzweifelt summen: Wohin soll ich mich wenden?