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Die Konservativen leben – und das ganz heftig

Das Innsbrucker Wahlergebnis ist nicht nur durch die Abwahl eines amtierenden Bürgermeisters eine absolute Sensation, der nur 40 Prozent der Stimmen bekommt. Es macht auch den Zustand der österreichischen Linken enorm deutlich. Und es sendet auch den nichtlinken Kräften in diesem Land eine schallend laute und klare Botschaft, die freilich jene Österreicher außerhalb Tirols nicht zu hören bekommen, die sich nur über den ORF informieren.

Denn in der Hauptabendnachrichtensendung des Gebührenfernsehens wird gleich viermal "berichtet", dass Johannes Anzengruber vor der Wahl aus der ÖVP ausgeschlossen worden ist, weil er gegen den offiziellen Kandidaten der Partei kandidierte. Das ist absolut nicht mehr neu, wird von den ORF-Genossen aber ganz eindeutig gezielt dazu verwendet, um von der aktuellen und krachenden Ohrfeige abzulenken, dass der grüne Bürgermeister Willi völlig unerwartet deutlich aus dem Amt hinausgewählt worden ist.

Das liegt voll auf der Linie, dass die Grünen österreichweit ein Drittel der Unterstützung eingebüßt haben. Sie haben den einzigen politischen Job verloren, wo sie irgendwo in der Republik an die Spitze gekommen sind und zumindest in einer Landeshauptstadt eine Nummer eins besetzt haben. Anders formuliert: Die Grünen bauen ab, egal ob sie Nummer zwei oder Nummer eins sind. Die Menschen haben genug von der Klimapanikmache, die sie immer mehr in den Würgegriff nimmt, während die Chinesen munter ein Kohlekraftwerk nach dem anderen bauen. Da hilft es den Grünen auch nichts, dass ORF, viele Medien und so manche Lehrer dabei fanatisch mitmachen.

Besonders bitter für die Grünen und die Volksfront-Träumer ist auch, dass der kommunistische Modeboom offensichtlich nicht auf die Grünen übertragbar ist. Die Kommunisten profitieren von den netten Gesichtern ihrer Kandidaten sowie von den Studenten und wohlstandsverwöhnten grünen Witwen im SUV, die keine Ahnung haben, was Kommunismus in der Geschichte gewesen ist und in der heutigen Realität bedeutet. Von den Grün-Wählern haben so manche hingegen offensichtlich erkannt, was die Grünen bedeuten und wählen dann doch lieber einen Bürgerlichen, bevor sie sich alles verbieten lassen.

Bürgerliche Wähler wenden sich zunehmend besonders gerne dann von ihrer Partei ab, wenn ein bürgerlicher Kandidat mit ungefähr den gleichen Wertvorstellungen wie die Partei als Rebell gegen diese auftritt und ein unabhängiges Image hat. Musterbeispiel, wie das funktioniert, war vor Anzengruber eindeutig Sebastian Kurz mit der "neuen" Volkspartei. Damals haben auch viele Medien im naiven Irrglauben, damit der verhassten ÖVP zu schaden, das von Kurz geschickt erfundene naive Spiel mitgespielt, dass sich in der ÖVP Türkis und Schwarz frontal gegenüberstünden. Dabei ist es in Wahrheit nur darum gegangen, erstens den überforderten und das Migrationsthema in seiner Brisanz nicht begreifenden Parteiobmann Mitterlehner abzusetzen und zweitens die ÖVP wieder offen für ein Zusammengehen mit der FPÖ zu machen. Aber man hat das sehr geschickt als eine ganz neue Partei verkauft.

Damals war Kurz das Neue, das am wenigsten Partei-Stallgeruch hatte, heute ist Anzengruber das Neue, das mit dem gleichen Rezept Erfolg hat. Es gibt kaum etwas, was mehr psychologische Distanz zum Bild von einem Parteifunktionär suggeriert als der frühere Beruf Anzengrubers als Hüttenwirt. Wer mag nette Hüttenwirte nicht, wenn man nach langer Wanderung bei ihnen einkehrt? Die sind keine Promi-Quereinsteiger aus Sport oder Fernsehen, die bekannt, aber ahnungslos sind. Hüttenwirte erwecken vielmehr den Eindruck, ganz nahe bei den Menschen und bescheiden zu sein.

Recht ähnliche Vorgänge, also die ständige Sehnsucht der Wähler nach etwas Neuem und der wachsende Unwille, einer Partei in die Nähe zu kommen, waren auch schon bei der einstigen Van-Staa-Wahl in Innsbruck und bei der Bundespräsidentenwahl zu sehen, als sowohl der rote wie der schwarze Kandidat schon im ersten Wahlgang ausgeschieden sind.

Aber auch bei den Erfolgen der FPÖ spielt zweifellos mit, dass ihr die anderen Parteien und die meisten Medien die Wähler geradezu zutreiben, indem sie die Freiheitlichen in geradezu geschlossener Front attackieren und für unberührbar erklären. Dadurch stehen diese im Grund als die einzige Alternative, als das Andere, das Neue da. Natürlich spielen die Freiheitlichen seit Jörg Haider bei dieser Perspektive bewusst mit.

Damit sind wir endgültig bei den liberalkonservativen, den bürgerlichen und bäuerlichen Wählern gelandet. Die haben in Innsbruck jenen Kandidaten in breiter Mehrheit gewählt, der zwar aus der ÖVP gekommen ist, der aber völlig offen für eine Kooperation mit der FPÖ ist. Neuerlich haben wir in eindeutigen Zahlen den Beweis, wie dumm die derzeitige ÖVP-Führung ist, wie ein "Mitterlehner 2.0" die Freiheitlichen auszuschließen. Prompt hat jener Kandidat, der von dieser ÖVP-Führung als Bürgermeisterkandidat ausgesucht war, eine Abfuhr erlitten, die noch eklatanter war als die für Willi.

Bleibt nur noch offen, ob die ÖVP-Führung die Lektion begriffen hat und ob sie noch rechtzeitig die Kurve in dieser Frage kratzt. Denn bei Bundeswahlen wird es schon wegen der enormen Kosten wohl keine völlig neue Partei geben können, die ganz an der Spitze mitmischen kann.

Genau die in Innsbruck so überklar gesehenen Zusammenhänge werden die Bierpartei ohne großen Apparat (oder gerade deswegen) recht gut abschneiden lassen.

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