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Fußballer sind keine Sängerknaben

Einst habe ich mir als Jugendlicher auf dem Fußballplatz ein kräftiges Schimpfwort-Repertoire erworben. Das hat mir genug Munition für spätere, grob werdende Auseinandersetzungen gegeben – auch wenn mir klar war, dass ich jene Ausdrücke in Gegenwart von Eltern oder Lehrern nie verwenden sollte. Heute hingegen wird die Verwendung solcher Schimpfwörter zur großen internationalen Aufregung. Selbst wenn sie nur in geschlossenen Veranstaltungen im Kreise vermeintlich Gleichgesinnter fallen, wie es jetzt einigen Rapid-Spielern bei einer Siegesfeier mit Fans passiert ist.

Nun, keine Frage, das gehört sich nicht, was da nicht nur mit hysterischer Aufregung österreichische Medien, sondern auch auflagenstarke deutsche Boulevard-Zeitungen aus einem Wiener Lokal berichten, wo eine ausgelassene Siegesfeier der Rapid-Fans stattgefunden hat. Dennoch darf man sich fragen, wie schlimm es denn wirklich ist, wenn (vor allem) junge Männer unter Freunden bisweilen die Sau rauslassen? Offenbar zählen in diesen woken Zeiten schwulenfeindliche Ausdrücke und Gesänge zu den allerschlimmsten Kapitalverbrechen, fast schlimmer als Morde oder gar unpräzise Zeugenaussagen, wenn man nach der öffentlichen Aufregung geht.

Doch in Wahrheit ist kräftiges Schimpfen und Fluchen eine psychologische gute Adrenalin-Abbau-Methode. Eine weit bessere jedenfalls als mit gestrecktem Bein einen Gegner niederzutreten (wie es fast jede Woche auf irgendeinem Fußballplatz passiert) oder sich irgendwo in der Stadt zu bandenmäßigen Prügelorgien zu verabreden (wie es in der Fanszene immer wieder passiert) oder unbehelligt von mitfahrenden Polizisten ganze Züge zu terrorisieren. Es ist auch völlig absurd, wenn es die Sportwelt für problemlos in Ordnung hält, wenn etwa ein Spieler ständig erbarmungslos und nervtötend niedergepfiffen wird, sobald er dem Ball nur in die Nähe kommt, es aber zum Megaverbrechen wird, wenn einmal von den Rängen eine politisch nicht korrekte Bemerkung gebrüllt wird.

Besonders köstlich wird es freilich, wenn schwulenfeindliche Äußerungen bei der Feier eines Vereins fallen, an dessen Präsidiumsspitze zwei überaus SPÖ-nahe Menschen stehen, und der von der roten Gemeinde Wien – konkret: vom gebührenfinanzierten Strom-Unternehmen "Wien-Energie" – die weitaus höchste Sponsoren-Unterstützung erhält.

Die Genossen können es nicht fassen: Da  steckt die Partei da so viel öffentliches Geld hinein (das gar nicht ihr gehört) – und dann so etwas! Da wird aller linken Correctness-Umerziehung brutal ins Gesicht gesungen.

Ganz offensichtlich haben sich Präsident und Vizepräsidentin bei Rapid in den falschen Verein verirrt. Da sie Anhänger und Spieler aber nicht austauschen können, da sie diese nicht so linkswenden können wie zuvor den ORF oder das Lehrangebot der Wirtschaftsuniversität, bliebe nur eine logische Verhaltensweise, wenn ihre Empörung in irgendeiner Weise ernst zu nehmen sein soll: Dann müssen die beiden doch bitte entschlossen und geschlossen zurücktreten. Und wenn die Genossen von "Wien-Energie" über das Verhalten von Rapid-Spielern und -Anhängern entsetzt sind, dann gäbe es eine logische Reaktion: Dann brauchten sie nur den Sponsor-Vertrag zu kündigen. Wenn sie den passenden Richter finden, könnten sie das sogar fristlos tun (freilich ist da das berüchtigte Wiener Straflandesgericht nicht zuständig ...). Das tun sie aber keineswegs.

Oder haben sie bei "Wien-Energie" gar Angst vor den Reaktionen der Wiener Rapid-Spieler und -Anhänger? Vor der hohen Wahrscheinlichkeit, dass diese dann reihenweise ihre Strombezugsverträge kündigen (wenn die noch dazu draufkommen, dass sie anderswo, wo sie mit dem Strompreis keinen Fußballklub subventionieren, ohnedies oft günstiger wegkommen)?

Wenn aber Präsident, Vizepräsidentin und "Wien-Energie" außer der Absonderung politisch-korrekter Empörungen nicht reagieren, dann sind sie in ihrer woken "Haltung" endgültig nicht mehr ernst zu nehmen.

Eine andere Ebene der Rapid-Affäre im Wasserglas ist die der Handys. Von Karl Nehammer bis Sebastian Kurz und vielen Polizisten sollte man langsam gelernt haben: Im Zeitalter der omnipräsenten Filmkameras und der dauerhaft gespeicherten Handy-Chats landet fast jedes persönliche Verhalten auf dem Präsentierteller der Öffentlichkeit. Das übt fast rund um die Uhr einen totalen Druck auf die Menschen aus.

Folgenreich sind die privaten Äußerungen freilich immer nur dann, wenn sie über die privaten Kreise hinausdringen (oder wenn eine agitatorische Justiz Material an die Medien weiterspielt), und wenn auch die klassischen Medien darüber berichten. Das aber tun sie nur sehr selektiv, dann jedoch kräftig. So sind jetzt bei einer rein internen Veranstaltung von Rapid gefallene Schimpfwörter durch mitfilmende Handys zum großen Aufreger der politisch korrekten Klasse geworden.

Viel schlimmere Dinge, die sich beim Ende des Spiels Rapid gegen Austria ereigneten, blieben hingegen völlig unberichtet: Da wurde zuerst aus dem Austria-Sektor Pyrotechnik auf den Familiensektor abgeschossen, worauf die Rapid-Fans auf die Austrianer losstürmten und wilde Ausschreitungen begannen. Aber solche Kleinigkeiten sind für Funktionäre und Medien nicht der Rede wert – auch wenn sie sehr gefährlich enden könnten –, solange nur nicht ein schwulenfeindliches Wort fällt. Da muss dann mit aller Schärfe vorgegangen werden.

Damit die politisch-korrekte Heuchelei weitergehen kann.

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