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Warum die ÖVP begreifen sollte, dass Wahltermin wie auch Inhalt existenziell sind

In der ÖVP ist eine heftige Debatte um den Wahltermin entbrannt. Zentrale Frage ist dabei: An welchem Datum wird ihre Niederlage wohl weniger groß ausfallen? Die Antwort ist einfach: Sie wird in jedem Fall schlimm werden, wenn die ÖVP nicht erstens inhaltlich wie zweitens auch in den Festlegungen zu einer eventuellen Koalition eine radikale Kursumkehr vornimmt – eine Kursumkehr, die sie wieder zurück zu ihrer alten Identität und damit auf Erfolgsspur bringen würde. Dennoch gibt es einen sehr gravierenden, gleichsam doppelten Grund, auch bei der ÖVP über eine Vorverlegung nachzudenken.

Beginnen wir mit den (für jeden Wahltermin) entscheidenden Festlegungen über eventuelle  Koalitionen: Die ÖVP sollte sich daran erinnern, dass sie in den letzten Jahrzehnten immer nur dann erfolgreich gewesen ist, wenn sie sich für Partnerschaften in alle Richtungen offen gezeigt hat. Sie hat in ihren Erfolgswahlkämpfen nie eine Partei ausgeschlossen, sondern die Entscheidung über eine Koalition immer von inhaltlichen Fragen abhängig gemacht, also davon, in welcher Konstellation ein sinnvolles Regierungsprogramm am ehesten möglich ist. Daraus ergibt sich, dass es für einen Wahlerfolg wichtig ist, den Wählern schon vor dem Wahltag die wichtigsten inhaltlichen Positionen klarzumachen, dass es aber schädlich ist, sich vorher auf Partner festzulegen, dass es ihr immer geschadet hat, sich "ohne Wenn und Aber" auf eine Koalition mit der SPÖ festzulegen.

Weder Wolfgang Schüssel noch Sebastian Kurz, also die beiden ÖVP-Erfolgsgestalten der letzten Jahrzehnte, haben jemals eine andere Partei komplett als Partner ausgeschlossen. Das hat hingegen zuletzt Karl Nehammer getan, als er gesagt hat, Herbert Kickl komme als Partner in keiner Funktion in Frage. Damit hat er eindeutig auch gleichzeitig die FPÖ als Ganzes ausgeschlossen, auch wenn man das in der ÖVP zu verwischen versucht. Aber es können wirklich nur total vertrottelte ÖVP-Politiker glauben, dass die FPÖ ihren Parteiobmann in irgendeiner Weise fallen lassen würde. Das wäre höchstens dann denkbar, wenn die FPÖ eine überraschende Niederlage erleiden sollte. Es wird ihr jedoch im Gegenteil von Dutzenden Umfragen der fulminanteste Wahlerfolg ihrer Geschichte prophezeit.

Die Nehammer-Erklärungen zur FPÖ werden, wenn sie bis zum Wahltag nicht zurückgenommen werden, den Freiheitlichen sogar zu noch viel besseren Ergebnissen verhelfen, als jetzt schon die Umfragen versprechen. Im Grunde braucht die FPÖ nur ein paar Wahlplakate, auf denen steht: "Wer Nehammer wählt, bekommt Babler in der Regierung". Das wäre wirksam und zugleich inhaltlich auch richtig – egal ob die ÖVP hinter oder vor der SPÖ  landen sollte. Letzteres erscheint nach allen Umfragen zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht so unmöglich, wie es ein Absturz der FPÖ wäre. Liegt diese doch seit mehr als einem Jahr kontinuierlich zwischen 28 und 30 Prozent, während die SPÖ zwischen 22 und 24 Prozent Unterstützung hat und die ÖVP zwischen 20 und 22.

Es ist sicher, dass die nächste Regierung zwei dieser drei Parteien umfassen muss. Sollte die Koalition Rot-Schwarz heißen, würden die beiden wohl zusätzlich eine der kleineren Parteien als dritten Partner brauchen. Theoretisch hätte als einzige Alternative, bei der nur eine der drei großen Parteien in der Regierung säße, nur noch eine Linkskoalition eine kleine Mehrheits-Chance. Dies hätte sie aber nur dann,

  • wenn sowohl KPÖ wie Bierpartei den überraschenden Sprung ins Parlament schaffen sollten;
  • wenn die beiden Rechtsparteien zugleich ein wenig von ihren derzeitigen Umfragewerten verlieren;
  • wenn alle Linksparteien, also Rot, Grün, Pink, Rotrot und Rotrotrot, zugleich den selbstmörderischen Mut zu einer Fünfparteienkoalition(!!!) haben sollten, obwohl das schon angesichts der Teilnahme von so viel Parteien nie und nimmer funktionieren kann;
  • und wenn die Neos nichts aus der katastrophalen Entwicklung der deutschen Schwesterpartei FDP gelernt haben sollten, deren Umfragewerte sich in einer ähnlichen Linkskoalition (wenn auch "nur" aus drei Parteien) halbiert haben, die daher aus etlichen deutschen Parlamenten fliegen wird.

Also nur wenn dieser recht unwahrscheinliche, aber nicht ganz unmögliche Fall einer Koalition einer linken Fünferkoalitionsmehrheit eintritt, bräuchten FPÖ und ÖVP nicht mehr über eine Regierungsbeteiligung und eventuelle Partnerschaft nachzudenken.

Das heißt aber ansonsten ganz eindeutig: Wenn Nehammer bei seinem Nein zur FPÖ bleibt, dann steht nur eines fest – dann steht die SPÖ als einziger Teilnehmer der nächsten Regierung fest. Das ist aber das Letzte, was potentielle ÖVP-Wähler wollen.

Aus diesem Grund, aber auch wegen der personalisierten Vorstellung, dass der Traiskirchner Heurigenwirt Babler mit seinem intellektuellen Niveau der nächste Bundes- oder Vizekanzler sein wird, wird die ÖVP wahrscheinlich noch viel schlechter abschneiden, als ihr derzeit schon die Umfragen bescheinigen. Denn die Vorstellung Babler ist für sehr viele bürgerlichen Wähler weit schlimmer als der für ÖVP-Wähler auch nicht sonderlich erotisierende Gedanke, dass der nächste Bundes- oder Vizekanzler Herbert Kickl heißt.

Kann die Fähigkeit zu rationaler politischer Analyse, kann die Einfühlung in die eigene Wählerschaft in der gegenwärtigen ÖVP-Führung wirklich so total verlorengegangen sein, dass sie das nicht begreift?

Eine rationale ÖVP-Führung, die bei den Wahlen halbwegs gut abscheiden möchte, müsste Folgendes tun, um aus dieser selbstgestellten Falle noch einmal herauszukommen:

  • Sie müsste erklären, dass sie keine andere Partei als Partner ausschließt, und dass diese Offenheit natürlich auch deren Parteichefs einschließt.
  • Sie müsste statt solcher Ausschluss-Phantasien einen klaren Prioritätenkatalog dafür aufstellen, was inhaltlich Voraussetzung für eine ÖVP-Regierungsbeteiligung ist; und dieser Katalog müsste unbedingt auf Distanz zu etlichen von den Grünen zuletzt durchgesetzten Punkten gehen.
  • Sie müsste klarmachen, dass sie ohne Realisierung dieser Punkte lieber in Opposition geht.

Dabei wären gewiss manche für die ÖVP unabdingbare Punkte für die FPÖ schwer verkraftbar, noch viel mehr aber für die SPÖ. Damit bekämen aber jedenfalls bürgerliche Wähler wieder inhaltliche Gründe, für die ÖVP zu stimmen – und nicht nur eher abstoßend wirkende Pseudogründe nach dem Kindergartenmotto: "Nein, mit dem spiel ich nicht."

Ein solcher sinnvoller ÖVP-Katalog müsste sich auf wenige, aber wesentliche Punkte konzentrieren, wobei in Zeiten der Kriege die außen- und sicherheitspolitischen Positionen wohl die wichtigsten sind. Die ÖVP müsste etwa Folgendes sagen:

  1. Wir treten nur dann einer Regierung bei, wenn diese klar an der Seite der Ukraine gegen Kriegstreiber Putin steht (was für manche in der FPÖ gewiss schwer zu akzeptieren sein wird, aber eben lange nicht so unannehmbar ist wie ein "Ihr kommt nur in die Regierung, wenn ihr Kickl abschießt").
  2. Wir treten nur einer Regierung bei, wenn diese im Nahostkonflikt klar an die Seite Israels gegen die Hamas-Terroristen und gegen den Kriegstreiber Iran und seine diversen Milizen steht (was für große Teile der SPÖ ebenso schwer zu akzeptieren sein wird – siehe etwa die antiisraelische Intervention von Heinz Fischer, der lebenden SPÖ-Legende).
  3. Wir treten keiner Regierung bei, die neue Steuern einführt oder Steuern erhöht.
  4. Wir treten keiner Regierung bei, die die Gesamtschule will.
  5. Wir treten nur einer Koalition bei, die strengere Strafen für Klimakleber und andere Versuche der Nötigung beschließt.
  6. Wir treten nur einer Regierung bei, die die ORF-Haushaltsabgabe wieder abschafft.
  7. Wir treten nur einer Regierung bei, welche die schikanösen und inflationserhöhenden CO2-Steuern wieder abschafft und statt dessen die (vom Finanzminister seit längerem empfohlene) unterirdische Speicherung von CO2 vorantreibt, um dem Land hohe EU-Strafen zu ersparen.
  8. Wir treten nur dann einer Regierung bei, wenn deren Minister sich national und auf EU-Ebene für wirksamere Mittel als derzeit gegen die illegale Immigration und insbesondere für die Wiederabschiebung illegaler Migranten einsetzen.
  9. Ein wichtiges Ziel für uns in der Regierung wird die militärische Sicherheit der Republik sein, einschließlich der immer wichtiger werdenden Abwehr von Raketen.
  10. Ein wichtiges Ziel für uns in der Regierung wird die langfristige Sicherheit des Pensionssystems trotz der steigenden Lebenserwartung und der zu geringen Geburten sein.
  11. Ein wichtiges Ziel für uns in der Regierung wird die Verankerung einer österreichischen Leitkultur sein.

Gewiss kann man daneben auch noch die üblichen langen Wahlprogramme verabschieden. Aber nach der schlimmen Zeit einer Koalition mit den Grünen muss sich die ÖVP, will sie denn politisch überleben, auf wirklich klar kommunizierte Prioritäten festlegen, die auch eine – vielleicht sogar reuevolle – Distanzierung von den Grünen signalisieren. Immerhin scheint sie mit dem neuen EU-Spitzenkandidaten Lopatka erste Signale in diese Richtung auszusenden, der nach einem Othmar Karas gewiss eine Positivgestalt ist.

Noch einmal zur Frage des Wahltermins. Es gibt nur einen einzigen Grund für die ÖVP, überhaupt daran zu denken, diesen vorzuverlegen: Der ist allerdings gravierend. Im Oktober enden nämlich sowohl die Amtszeiten des österreichischen Richters im EU-Gerichtshof wie auch des Richters im zum Europarat gehörenden Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Für beide Gerichtshöfe hat Sebastian Kurz im wohl größten Fehler seines politischen Lebens den Grünen das Vorschlagsrecht überlassen. Beide hoch ideologisierten Gerichtshöfe tragen aber zusammen die Hauptschuld an der millionenfachen Immigration aus Afrika und Asien nach Europa.

Es wäre daher ein absoluter Wahnsinn, wenn die Grünen diese beiden Positionen im allerletzten Moment ihrer Regierungsbeteiligung wirklich noch besetzen könnten. Das wäre doppelt schlimm, da deren jeweilige Amtsdauer weit über die gesamte nächste Legislaturperioden dauern wird. Damit würden alle kleinen Erfolgsschritte der ÖVP im Kampf gegen die illegale Migration nicht nur zunichte gemacht, sondern ins absolute Gegenteil verkehrt. Damit wäre endgültig das anfangs verkündete Konzept der gegenwärtigen Regierung zertrümmert, also dass sie das angebliche "Beste aus zwei Welten" verkörpern würde. Denn dann hätten die Grünen zwar gewaltige Erfolge bei ihrer Klimapanik-Politik erzielt, die ÖVP aber keinen bei ihrer "Welt", also beim versprochenen Kampf gegen die illegale Migration. Für diesen Kampf gäbe es vielmehr eine schwere Niederlage.

Das ist ein gewichtiges Amalgam, das für eine Vorverlegung des Wahltermins spricht. Jedoch ist mehr als zweifelhaft, ob es in der ÖVP noch Kräfte mit genügend juristischem Sachverstand gibt, welche die überragende Bedeutung dieser beiden Gerichtshöfe für den Kampf gegen die illegale Migration überhaupt begreifen. Diese Europagerichte können seltsamerweise weitgehend im Schatten der veröffentlichten Meinung vorgehen, sie determinieren aber weitgehend das Agieren aller österreichischen Behörden und Gerichte.

So haben die linken Richter des EuGH erst vor wenigen Tagen ein weiteres Riesentor für die illegale Migration aufgerissen: Nunmehr ist auch "häusliche Gewalt" ein Grund, um Asyl zu bekommen. Das öffnet im Grund der halben Weltbevölkerung den Weg nach Europa (häusliche Gewalt ist ja schnell behauptet und kaum widerlegbar; und wer sie bezweifelt, hat sofort alle Kampffeministinnen des Landes am Hals). Das geht noch viel weiter als alle bisherigen Entscheidungen über die Genfer Flüchtlingskonvention hinaus, die lediglich im Falle individueller politischer, religiöser oder rassischer Verfolgung Asyl zuspricht.

Diese Gerichtshöfe sind so wichtig und mächtig, dass hier linke Besetzungen wirklich um jeden Preis verhindert werden müssten.

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