Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Von Boeing bis zur EU: Wenn Unternehmen woke werden (müssen?)

Flugzeuge, die von der US-Firma Boeing gebaut worden sind, sind in den letzten Jahren von vielen, allzu vielen blöden Vorfällen betroffen gewesen. Zuletzt ist während eines Fluges ein Stück der Kabinenwand ohne erkennbaren Grund herausgerissen. So ein Pech auch. Davor gab es mehrere Boeing-Abstürze. Doppeltes Pech ist dabei, dass Fliegen halt bei vielen Menschen noch immer mit deutlich mehr Bauchweh verbunden ist, als wenn diese in ein (eigentlich gefährlicheres) Auto einsteigen. Daher reagieren viele Passagiere und in der Folge die Fluggesellschaften halt sensibel – oder bei Boeing würde man meinen: übersensibel –, wenn sich bei einem Unternehmen die Vorfälle häufen. Dreifach blöd ist freilich, dass es bei Boeing etliche fundamentale Änderungen gegeben hat, die bei sehr vielen Menschen die Vermutung aufkommen lassen, dass bei den erwähnten "Vorfällen" nicht nur Zufall und Pech im Spiel gewesen sind, sondern dass sie auf Fehler mit an sich vorhersehbaren Folgen zurückgehen. Diese Fehler sollte man sich sehr genau anschauen – denn genau die gleichen Fehler werden ja von der EU in den nächsten Jahren auch europäischen Unternehmen aufgezwungen.

Zuerst zu Boeing: Seit mehr als zwei Jahren gilt dort ein neuer "Anreiz-Plan". Solche Pläne halten die Bewertungsmaßstäbe und Ziele fest, welche die Höhe der über den Grundgehalt hinausgehenden Prämien der Mitarbeiter festlegen. 2022 hat es bei Boeing eine grundlegende Änderung der "operationellen Ziele" gegeben, die gleichzeitig für die Mitarbeiter-Entlohnung deutlich wichtiger geworden sind.

Diese Ziele haben bis 2021 gelautet: "Produkt-Sicherheit, Mitarbeiter-Sicherheit und Qualität". Inzwischen sind da weitere, ganz anders gelagerte Ziele hinzugekommen. Durch diese sind naturgemäß die bisherigen Ziele wie die Produkt-Sicherheit zwangsläufig relativiert worden. Den alten Zielen kann man natürlich nicht mehr so viel Aufmerksamkeit widmen, wenn man diese seither gleichzeitig auch auf andere Ziele richten muss.

Die neuen, zusätzlichen Ziele heißen "Klima" und "Diversity, Equity and Inclusion". Die letzten drei Punkte werden in den USA meist mit DEI abgekürzt. Diversität, Fairness und Inklusion sind ebenso wie "Klima" Ziele, die eine ganz dicke grün-linke Handschrift zeigen. Ihre Hereinnahme ins Unternehmen bedeutet ein totales Einknicken vor dem Diktat der woken Political-Correctness. Diese Ziele sind nun dem einst weltweit führenden Flugzeugkonzern Boeing (wie etlichen anderen Unternehmen) besonders wichtig. Sie haben logischerweise das Augenmerk für die Qualität wie auch die Sicherheit der erzeugten und gewarteten Flugzeuge relativiert und damit reduziert.

Warum tat Boeing das? Wohl aus mehreren Gründen:

  • weil es einem modischen und von linken Mainstreammedien getrommelten Zeitgeist entspricht;
  • weil Boeing – wenn auch Privatfirma – in vielfacher Hinsicht vom Wohlwollen der US-Regierung abhängig ist (bei den Regulierungen, bei den Rüstungsaufträgen);
  • weil an die Spitze dieser Regierung genau ein Jahr vor der Boeing-Zieländerung ein linker Präsident gekommen ist;
  • weil der Vermögensverwalter Blackrock einer der Eigentümer ist, der bekannt dafür ist, auf "seine" Unternehmen Druck im Sinne der grünen Ideologie und der Klimapanikmache auszuüben;
  • weil auch andere Fonds in die Hände von Gutmenschen geraten sind, die andere Ziele im Auge haben als nur die Interessen jener Menschen, die Geld für das eigene Alter bei ihnen angelegt haben.

Dabei waren die Klima-Themen ohnedies länger schon relevant. Denn Luftfahrtunternehmen schauen sich längst genau die Verbrauchs- und Emissions-Werte neu zu kaufender Flugzeuge an – schon deshalb, weil viele Flughäfen sonst mit ihren Regulierungen unangenehm zu werden drohen.

Hingegen ist das DEI-Paket eine relativ neue Zielvorgabe für Unternehmen, die nach dem George-Floyd-Mord und den rassistischen – aber angeblich "antirassistischen" – Unruhen der US-Schwarzen an Dynamik gewonnen hat. Ihre gewaltige Bedeutung lässt sich auf diesen Satz kondensieren: Künftig sind nicht mehr nur die Leistung, die Fähigkeiten, die Qualität eines Mitarbeiters das Wichtigste, sondern ebenso wichtig ist die Förderung und Beförderung von Vertretern diverser angeblich oder wirklich benachteiligter Gruppen auf allen, also auch verantwortungstragenden Ebenen. Dazu zählen Schwarze, Behinderte, Ureinwohner (die früher Indianer genannt worden sind), Trans-Menschen, Schwule, Frauen usw.

Dadurch werden massiv weiße und asiatische Männer ohne sexuelle Auffälligkeiten und ohne geistige und körperliche Behinderungen benachteiligt. Es ist ja logischerweise nicht möglich, irgendeine Gruppe zu bevorzugen, ohne gleichzeitig jemand anderen zu benachteiligen.

Das würde ja nichts machen, so meinen die für diese Benachteiligung verantwortlichen Linken. Denn die weißen Männer seien ja bisher zu Unrecht bevorzugt gewesen, wird unter Zuhilfenahme kruder genderistischer, postkolonialer und Queer-Slogans behauptet.

Jedenfalls gibt es inzwischen in mehr als zwei Dritteln der 500 wichtigsten US-Unternehmen "Diversity-Officers", die in Wahrheit nur dazu da sind, mehr Schwarze und andere "Minderheiten" ins Unternehmen und in führende Positionen zu bringen. Rund 40 Prozent der Unternehmen haben sogar quantitative Ziele gesetzt, um den Anteil der Schwarzen zu fördern, und dementsprechend den der Weißen und der (beruflich immer sehr erfolgreichen) Ostasiaten zu drücken.

Nun aber zeigt sich immer mehr, dass halt der Hauptzweck eines Industrieunternehmens doch nicht die Förderung des Anteils solcher Gruppen ist, sondern die möglichst qualitätsvolle, also auch auf Sicherheit bedachte Herstellung eines Produktes entsprechend den Bedürfnissen des Marktes. Und dazu braucht man halt primär die Besten und Engagiertesten. Und wenn man die vernachlässigt, dann wechseln sie halt den Arbeitgeber oder strengen sich nicht mehr an.

Sowohl die bedenklichen Zwischenfälle bei Boeing-Maschinen als auch die Kursentwicklung an der Börse zeigen, dass sich der Konzern ganz offensichtlich verflogen hat. Zum Vergleich: Die Aktie des europäischen Konkurrenten Airbus hat sich wieder komplett vom Absturz des Pandemie-Ausbruchs erholt, die von Boeing hingegen in keiner Weise. Auch die Auftragsbücher sprechen eindeutig für die Europäer.

Der höchstwahrscheinlich durch die DEI-Verirrung mitverursachte Sturzflug von Boeing erinnert an die peinlichen Auftritte der Rektoren der drei einst renommiertesten US-Universitäten bei einem Kongresshearing. Dabei zeigte sich, dass auch bei der Besetzung der Rektors-Positionen primär Political-Correctness-Motive im Spiel sind. Dreimal traten da Frauen an; aus Harvard, der einst angesehensten Uni war es eine Schwarzamerikanerin. Sie alle waren nicht imstande oder willens gewesen, den linksradikalen Studenten entgegenzutreten, die mit Sympathieausbrüchen die Hamas-Terroristen unterstützt hatten.

Auch bei den Unis war schon seit Jahren nicht mehr die Leistung alleine entscheidend gewesen, ob jemand aufgenommen wird, ob jemand einen Abschluss erhält, sondern immer öfter waren Quoten für benachteiligte Minderheiten, also vor allem Schwarze, wichtiger. Die Argumente des prominenten schwarzamerikanischen Spitzenökonomen Thomas Sowell wurden von den linken Professoren in den Uni-Führungen immer vom Tisch gewischt. Dabei hat Sowell nachgewiesen, dass man dadurch den Schwarzen nicht hilft, sondern schadet, wenn man ihnen die üblichen Leistungsanforderungen erspart. Dadurch sinke erstens die Qualität der Unis selber, und deshalb werden zweitens nach dem Studium die schwarzafrikanischen Ärzte, Anwälte, Forscher usw. von allen potentiellen Klienten, Kunden oder Patienten als minderwertig angesehen.

Auch in vielen anderen Bereichen hat sich der Woke-Terror intensiviert. So verlangt die Nasdaq-Börse allen Ernstes, dass im Vorstand jeder dort gelisteten Firma auch andere Personen sitzen als nur weiße heterosexuelle(!) Männer. Man lernt: Die Schwulenbewegung ist nicht nur in der französischen Staatsspitze sehr erfolgreich unterwegs.

Aber in den USA ist gleichzeitig auch in allen Schichten der Bevölkerung die Gegenbewegung gegen die links-grüne Wokeness-Diktatur gewaltig angeschwollen. Diese Gegenbewegung reicht von Eltern, die sich zusammenschließen, um linken Lehrern in den Schulen die Propaganda für den Transkult zu verbieten (der in vielen Pubertierenden den Wunsch nach einer Geschlechts-Umoperation wachruft), bis zu Firmen, bei denen die unternehmerische Rationalität zurückgekehrt ist. Wie dies etwa soeben diverse Mietwagen-Firmen sind, die Zehntausende E-Autos abverkaufen, weil sie zu teuer bei der Reparatur sind und zu rasch ihren Wert verlieren.

Besonders wichtig war im Vorjahr eine oberstgerichtliche Entscheidung, dass "Affirmative Aktionen" in den US-Universitäten zu beenden sind. Das war nichts anderes als jene unter anderem von Sowell so kritisierte Aufnahmepolitik, die Schwarze mit schlechteren Noten gegenüber Weißen mit besseren Noten bevorzugt hat.

Dieser mittlerweile gewaltig angeschwollene Anti-DEI-, Anti-Woke-, Anti-Political-Correctness-, Anti-schwarzen-"Antirassismus"-Rassismus-Bewegung erklärt auch wahrscheinlich viel besser als alles andere den klaren Trend hin zu den US-Republikanern und zu deren radikalstem Vertreter, also Donald Trump. Beide werden übrigens auch mehrheitlich von den gemäßigten Schwarzamerikanern unterstützt, die unter den "Antirassismus"-Unruhen am meisten gelitten haben.

Auch wenn sich Airbus, das europäische Gegenmodell zu Boeing, in den letzten Jahren hervorragend entwickelt hat, so ist doch auch Europa von dem oben geschilderten selbstmörderischen DEI-Trend keineswegs frei. Ganz im Gegenteil. Denn die EU drückt den europäischen Unternehmen in den nächsten Jahren ähnliche Schwachsinnigkeiten aufs Auge. Schon ab 2026 – aber wohlweislich erst nach den EU-Wahlen! – müssen auch kleinere Unternehmen einen aufwendigen ESG-Bericht erstellen. Das trifft schon Unternehmen ab 10 Mitarbeitern und 350.000 Euro Bilanzsumme.

"ESG" sind zwar andere Buchstaben als "DEI" und Europa hinkt den USA dabei um ein paar Jahre nach. Jedoch sind sie ansonsten genau derselbe Schwachsinn, genauso schädlich für die Unternehmensleistung und Produktqualität, genauso schädlich für die Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten (oder kann sich jemand vorstellen, dass China oder Indien jemals so dumm sein werden, auch solche Regeln einzuführen?).

Der einzige Unterschied: In Europa ist der bürokratische Druck noch viel größer. Denn in Europa verlangen sogar die Banken einen solchen ESG-Bericht.

Diese Buchstaben bedeuten: Environment, Social und Governance. Es geht dabei, so heißt es verharmlosend, um die Berücksichtigung von Umwelt-, Klima-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen durch die Unternehmensführungen. Abgesehen von den Kosten der Erstellung solcher Berichte, die eine ganz neue unproduktive Branche entstehen lässt, werden die ESG-Pflichten eine gewaltige Druck- und Erpressungsmaschine in Händen der grünen NGOs und roten Gewerkschaften darstellen. Überdies werden Unternehmen wohl für jeden einzelnen dieser Buchstaben einen Beauftragten anstellen müssen. Diese werden nicht nur ihren eigenen Lohn kosten, sondern ununterbrochen Sand ins firmeninterne Getriebe schütten, ohne in irgendeiner Weise produktiv zu sein.

Jedes einzelne dieser Ziele trägt aber mit Sicherheit zu einer Verschlechterung der eigentlichen Aufgaben eines Unternehmens bei: Gute Produkte und Dienstleistungen zu erstellen, Arbeitsplätze zu sichern und den Investoren (also meistens Menschen, die für ihr Alter sparen) einen Ertrag zu erwirtschaften.

Jedoch:

  • Wieder einmal haben die Wirtschaftsverbände geschlafen, als diese neue gewaltige Überregulierungslast beschlossen worden ist, und nicht laut dagegen aufgebrüllt (weil man darf ja nur an Regierung oder Papst oder UNO oder der Nationalmannschaft Kritik üben, jedoch keineswegs an der EU …).
  • Wieder einmal sind EU-Gesetze so schädlich für Europa, dass man glauben könnte, sie wären in China oder Indien oder im restlichen Südostasien ausformuliert worden, um die Konkurrenten auf dem alten Kontinent noch älter ausschauen zu lassen.
  • Wieder einmal wird ein Vorsprung, den sich ein europäisches Unternehmen wie Airbus auf dem Weltmarkt erarbeitet hat, leichtfertig durch immer noch mehr Regulierungsdruck geschwächt – was auch für etliche andere Branchen gilt.
  • Wieder einmal schwächt die EU eindeutig das lauthals abgegebene Versprechen, Regulierungen abzubauen.
  • Wieder einmal werden von der Politik zusätzliche linke Schwammziele wie "Umwelt" wie "Soziales" den Unternehmen aufgezwungen, statt endlich zu begreifen, dass Europa da ohnedies längst schon viel mehr tut als alle anderen und dass im internationalen Wettbewerb solche Ziele eigentlich nur noch dann eingeführt werden sollten, wenn sie für alle, zumindest für alle größeren Länder in gleicher Weise gelten.

ESG ist nichts anderes als eine neue große Schaufelladung auf den Sarg der europäischen Wirtschaft, so wie es DEI für die amerikanische war und ist.

Am meisten aber wundert es, dass sich die nationalen Regierungen wundern, wenn Unternehmer und Bauern immer öfter erzürnt auf die Straße gehen, obwohl sie doch hören: Man habe eh noch Schlimmeres verhindert; man müsse das alles ja nur deshalb tun, weil es die EU vorschreibt. Als ob die EU ohne die nationalen Regierungen irgendetwas beschließen könnte ...

PS: An den Vorwürfen an Boeing ändert es nichts, dass die meisten Vorfall-Flugzeuge an sich schon vor den neuen DEI-Zielen gebaut worden sind. Denn die Wartung und eventuelle Rückholung von auffällig gewordenen Flugzeugtypen bleibt auch nachher Aufgabe des Flugzeugbauers. Zumindest wenn ihm die Sicherheit wichtiger ist als Rassenquoten.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung