Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Karl Nehammer hat mit seiner Absage an Gendersternchen und ähnlichen Schwachsinn absolut recht – und doch ist er vor dem ebenso wichtigen zweiten Schritt zurückgeschreckt, der diese Absage erst wirklich praktikabel und durchsetzbar machen würde. Denn all dieser Schwachsinn ist ja aus einem echten Bedürfnis heraus entstanden, das wiederum die Folge eines großen Irrtums, eines schweren Verlusts an Sprachbeherrschung und eines massiven Versagens vieler Universitäten gewesen ist.
Wie so oft, hat auch in Sachen Gendern eine linke Hysterie eine Zeitlang etliche an sich vernünftig denkende Menschen erfasst. Die einschlägige Liste ähnlicher Hysterie-Beispiele ist bekanntlich lang: Sie reicht vom Glauben an Verstaatlichungen über das Mitmachen bei der Klimapanik bis zum Einknicken bei der Gesamtschul-Kampagne. Nach einiger Zeit und eingehender Prüfung hat jedoch der bürgerliche Mainstream jedes Mal mehrheitlich begriffen, was für Irrwege das waren und sind.
So ist es auch beim Gendern der Fall. Eine Zeitlang konnte man gutmeinenden, wenn auch sprachlich wenig versierten Bürgerlichen einreden, die deutsche Sprache würde Frauen unsichtbar machen. Eine solche Behauptung ruft bei konservativ erzogenen Menschen, insbesondere Männern, sofort ein schlechtes Gewissen hervor. Haben sie doch immer gelernt, dass Frauen besser, insbesondere höflicher zu behandeln sind.
Viele haben daher den Schwachsinn nicht auf den ersten Blick durchschaut. Auf den zweiten wurde freilich den meisten klar: Es ist schlicht ein Unsinn zu behaupten, dass Frauen in Österreich oder Deutschland durch den Gebrauch des generischen Maskulinums in der deutschen Sprache weniger sichtbar wären als Frauen in jenen Sprachräumen, wo es gar keine grammatikalischen Geschlechter gibt (etwa im Englischen).
Auf den dritten Blick haben die meisten inzwischen auch begriffen, dass das grammatikalische ("generische") Geschlecht absolut nichts mit dem biologischen Geschlecht zu tun hat. So sind das Mädchen und der Filmstar trotz dieses grammatikalischen Geschlechts biologisch eindeutig weibliche Wesen, während die Sturmspitze einer Fußballmannschaft ebenso eindeutig männlichen Geschlechts ist ebenso wie sämtliche Mitglieder einer – grammatikalisch weiblichen – Heereskompanie (zumindest bis vor kurzem). Auch ist das Mitglied in den seltensten Fällen eine Sache (trotzdem haben besonders dumme Genderisten den Plural oft gegendert, also etwa "Mitglieder*innen" geschrieben). Ebenso haben Muttersprache und Vaterland völlig geschlechtsunabhängige Bedeutung.
Diesen Unterschied haben aber einige radikale Genderprofessorinnen nicht begriffen, die neuerdings an vielen Universitäten auf Steuerkosten ihr Unwesen treiben dürfen. Sie haben offenbar irgendeinen Inhalt für ihre Retorten-Disziplin gebraucht und haben sich deshalb an der Sprache als angebliches Diskriminierungselement vergriffen, obwohl sie von dieser und vor allem der Grammatik absolut keine Ahnung haben.
Herumdoktern an der Hymne ist ebenso Gift wie Herumdoktern an der Sprache. Gegen ewiges Herumdoktern an wirtschaftlichen Gesetzen und Verordnungen können sich die Menschen nur mit Massenaufständen wehren, wie es zuletzt die französischen Gelbwesten oder deutschen Bauernaufmärsche gewesen sind. Gegen politische Eingriffe in ihre kulturelle Identität können sie sich hingegen viel nachhaltiger wehren, indem sie diese einfach nicht mitmachen. Diese Eingriffe in die kollektive Kultur führen aber zu etwas sehr Gefährlichem: zu einer massiven Vertiefung der geistig-kulturellen Entfremdung zwischen Regierenden und Beherrschten.
Das hat die ÖVP inzwischen verstanden. Das ist absolut erfreulich, nachdem sie sich lange nicht gegen das Gendern gewehrt hat, sondern vielfach dabei mitgemacht hat.
Die ÖVP hat jetzt offenbar verstanden, dass skurrile Schreibweisen, die man nicht einmal vorlesen kann, ein absoluter Irrsinn sind. Das sind sie doppelt in Zeiten, wo Millionen Menschen im deutschen Sprachraum leben, die sich – höflich ausgedrückt – mit der deutschen Sprache sehr schwer tun. Je mehr man die Sprache durch solche ideologische Turnübungen verkompliziert, umso schwerer macht man den Spracherwerb. Dabei hätte man den möglichst raschen Spracherwerb durch die Migranten doch für eines der wenigen Ziele halten sollen, die sowohl rechts wie links eigentlich gleich akzeptabel sind.
Man freut sich jedenfalls über die Rückkehr der Vernunft und will der ÖVP gar nicht lange frühere Fehler vorhalten, die die Partei insbesondere (aber nicht nur) unter ihren früheren linken Obmännern Pröll und Mitterlehner begangen hat. Schließlich begehen wir alle Fehler. Ganz besonders häufig tun das die politischen Parteien. Und es ist jedenfalls viel besser, wenn jemand auf Distanz zu seinen einstigen Fehlern geht, als wenn er nur des Stolzes wegen daran festhält.
Einen zentralen Aspekt hat die ÖVP freilich noch immer nicht verstanden. Der ist aber eine Hauptursache, warum der ganze Sternchen/Doppelpunkt/Unterstrich/Binnen-I-Schwachsinn überhaupt erst in die Welt gekommen ist. Diese Ursache ist in der Epoche davor zu finden, als einige feministische Aktivisten begonnen haben, das grammatikalische mit dem biologischen Geschlecht zu verwechseln. Sie haben damals jene nervtötende Sprech- und Schreibweise durchgesetzt, die im universitären Bereich so klang: "Rektoren und Rektorinnen, Dekaninnen und Dekane, Professorinnen und Professoren, Assistenten und Assistentinnen, Studentinnen und Studenten". Aber auch viele Politiker haben geglaubt, so reden zu müssen (obwohl sie dadurch die Distanz zu den Zuhörern nur immer noch mehr vergrößert haben).
Langsam hat man aber erkannt, dass das für die Sprechenden wie auch die Zuhörenden unerträglich ist. Man hat aber völlig falsche Schlüsse gezogen. Man hat ohne jedes Sprachgefühl herumexperimentiert und über Sternchen&Co einen Ausweg aus dem Dilemma zu basteln versucht, das die Verwechslung des grammatikalischen mit dem biologischen Geschlecht nach sich zieht. Im Grunde scheint Nehammers Vorstoß, soweit er bisher bekannt ist, also vorerst nur eine Rückkehr zu diesen leicht besseren, aber ebenfalls holprigen Zeiten zu bedeuten.
Es bleibt zu hoffen, dass der ÖVP-Obmann auch endgültig den zweiten Schritt setzt, also den zur glasklaren grammatischen Klarheit. Es ist zu hoffen, dass die Antwort auf die Frage "Wieviele österreichische Staatsbürger gibt es?" mit "nicht ganz acht Millionen" wieder eindeutig wird. So wie sie es durch viele Generationen immer gewesen ist, beziehungsweise sich nur durch das Schwanken der Bürgerzahl im Lauf der Zeiten ein wenig geändert hat. Seit der genderistischen Sprachzerstörung ist es jedoch völlig unklar, ob die richtige Antwort heute nicht eigentlich "vier" Millionen ausmacht, weil sie sich ja vielleicht nur auf die Männer bezieht. Jetzt muss man daher immer nachfragen (wenn man nicht eh selber wie bei der noch relativ leichten Staatsbürgerfrage die Fakten weiß), was ein Sprecher eigentlich gemeint hat: die Gesamtheit oder nur den männlichen Teil?
Besonders lächerlich ist auch der jüngste Versuch der Sprachzerstörer, die aus dem Strudel ihrer Dummheit nicht mehr herausfinden: Sie haben das Partizip Präsens zu einem Universalvehikel umzumodeln und aus Studenten "Studierende" zu machen versucht. Das beweist übrigens wieder einmal, wie viele Dummheiten ihre Wurzeln auf universitärem Boden hatten und haben, wo ja mancherorts zu bestimmten Zeiten auch der Marxismus oder der Nationalsozialismus die dominierenden Lehren gewesen sind.
Dabei zeigt gerade das Studierende-Beispiel, wie unsinnig die Verwendung des Partizipiums ist, das ja immer nur eine gerade im Moment ausgeübte Tätigkeit bezeichnet. Aber leider sind allzu viele Studenten nur ganz selten auch Studierende. Auch wenn sie sich selbst so bezeichnen mögen.
Jede Sprache braucht unbedingt einen klaren und knappen Gesamtbegriff, um ohne lange Saltos männliche und weibliche (und wer glaubt, dass es die wirklich gibt, auch: "diverse") Angehörige einer Gruppe gemeinsam zu bezeichnen. Das ist in so gut wie sämtlichen Sprachen der Welt so.
Denn die Fälle, wo man eine Aussage nur in Hinblick auf einen Teil machen will, sind viel seltener als Aussagen über die Gesamtheit. In diesen wenigen Fällen sagt man dann eben "die männlichen Österreicher" oder "die weiblichen Österreicher", um präzise zu kommunizieren.
Tausende Sprachexperten haben inzwischen bewiesen, dass dieser Sprachgebrauch über viele Generationen eingelernt und sehr präzise ist. Das war und ist er nicht nur deshalb, weil es halt immer so war, weil er den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen ist, sondern vor allem auch deshalb, weil er der klarste, knappste, eindeutigste ist. Und weil sich jede Sprachentwicklung der Geschichte immer in Richtung dieser Adjektiva entwickelt hat.
Es ist ja auch kein Zufall, dass die allermeisten Autoren der deutschen Literatur ebenso wie die allermeisten Medien (bis auf linke Kampfmedien wie den ORF) auf jede Form des Genderns verzichten. Also alle, die besonders und hauptberuflich einen genauen, differenzierten, knappen und verständlichen Sprachgebrauch benötigen und pflegen.
Daher gilt:
Denn ohne dieses Eingeständnis kann eine liberalkonservative Partei, die ohne Not mehrfach den Fehler einer Koalition mit einer Linkspartei oder gar mit den Grünen begangen hat, nie wieder glaubwürdig werden. Auch in vielen anderen Themen nicht, wo Nehammer jetzt zum Glück versucht, die Dinge wieder ins Lot zu bringen.
Vor allem aber muss er von dem eigenen Fehler einer kategorischen Absage an die Kickl-FPÖ wieder abrücken. Denn diese ist außer mit ihrer Russland-Liebe nicht "schlimmer" als die Haider- oder Strache-FPÖ, die dafür andere Schattenseiten hatten (Haiders NS-Apologien etwa oder Straches Raucher-Kampagnen). Denn wenn Nehammer nicht davon wieder abrückt, weiß jeder, dass die ÖVP auch künftig mit Rot oder Grün zusammenarbeiten wird müssen, und dass es daher nicht zu dem ersehnten Ende des Genderns und nicht zur Verwirklichung vieler anderer kluger Ankündigungen kommen wird, die Nehammer in diesen Tagen verbreiten lässt.
PS: Kurze Anmerkung zu den wahren Problemen von Frauen. Diese bestehen wahrlich nicht in einer präzisen Sprache. Diese bestehen im Inland vielmehr vor allem in der Tatsache, dass noch immer das Pensionssplitting nicht Gesetz ist, also die automatische Aufteilung der während der Ehe von irgendeinem der beiden Partner erworbenen Pensionsansprüche. Und diese bestehen außerhalb Europas vor allem in der massiven Demütigung von Frauen im islamischen Raum. Diese beiden wirklichen Großprobleme von Frauen werden aber von den linken Kampffeministinnen nicht einmal angetastet.
PPS: Einen ganz wichtigen, ja historischen Teilerfolg beim dritten – erst in den letzten Jahren überhaupt entstandenen – echten Frauenproblem hat soeben eine britische Professorin gerichtlich gegen die "Open University" erzielt. Sie war dort hinausgeworfen worden, weil sie die Tatsache vertrat, dass das Geschlecht biologisch unveränderbar festgelegt ist, und daher unbedingte Priorität gegenüber einer frei wählbaren Identität haben muss. Dieser Erfolg ist wieder einmal von den Mainstreammedien überhaupt nicht gemeldet worden.