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Zum Glück überprüft fast niemand nach dem Ende eines Jahres die Prophezeiungen, die an dessen Anfang gemacht worden waren. Dennoch beginnt das Tagebuch dieses Jahr mit drei Prophezeiungen, einer zu Deutschland, einer zu den USA und einer zu Österreich. Eine ist schon vor vielen Jahren gemacht worden, macht aber noch immer dadurch völlig fassungslos, wie genau sie eingetreten ist. Bei den anderen liegt das Eintreten – oder doch Nichteintreten? – freilich noch vor uns.
Dennoch seien alle drei Prophezeiungen gewagt.
Die alte Prophezeiung stammt aus dem Jahr 1946. Sie stammt von Franz Werfel, dem wohl größten österreichischen Dichter, aus seinem letzten Werk, dem "Stern der Ungeborenen". Sie lautet:
"Zwischen Weltkrieg Zwei und Drei drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Der Gebrauch des Wortes ‚Humanitätsduselei‘ kostete achtundvierzig Stunden Arrest oder eine entsprechend hohe Geldsumme. Die meisten der Deutschen nahmen auch, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Humanität und Güte erschien ihnen jetzt der beste Weg zu diesem Ziel. Sie fanden ihn sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenlehre.
[…] Sie waren die Erfinder der undankbaren Ethik der ‚selbstlosen Zudringlichkeit‘. Zur Erholung hielten die Gebildeten unter den Heinzelmännchen philosophische Vorträge an Volkshochschulen, in protestantischen Kirchen und sogar in Reformsynagogen, wobei ihr eintöniges Thema stets der brüderlichen Pflicht des Menschen gewidmet war. Ohne Pflicht ging’s nicht, wie ja die deutsche Grundauffassung vom Leben in der ‚Anbetung des Unangenehmen‘ bestand.
Sie waren, mit einem Wort, echte Schafe im Schafspelz. Da sie aber selbst dies krampfhaft waren, glaubte es ihnen niemand – und man hielt sie für Wölfe."
Es macht absolut fassungslos, wie genau Werfel vor fast 80 Jahren die Entwicklung der Deutschen hin zur Humanitätsduselei vorausgesagt hatte, wie tief er sie durchschaut hat, obwohl sie sich in den Jahrzehnten davor der Weltgeschichte völlig anders präsentiert haben. Und obwohl erst viele Jahrzehnte nach dieser Prophezeiung deren Eintreten sichtbar geworden ist (auch wenn es noch nicht zum dritten Weltkrieg gekommen ist).
Aber offenbar gibt es wirklich so etwas wie das Wesen von Nationen – auch wenn ich das lange für eine unzulässige Verallgemeinerung angesehen habe. Ich habe vielmehr immer versucht, es mit Viktor Frankl zu halten (vielleicht weil ich bei diesem großen Psychoanalytiker noch die Chance auf zwei Begegnungen und ein wirklich langes Gespräch gehabt habe), der trotz der furchtbaren Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus jede negative Pauschalaussage über die Deutschen abgelehnt und statt dessen immer wieder gesagt hat:
"In Wirklichkeit gibt es nur zwei Menschenrassen, nämlich die ‚Rasse‘ der anständigen Menschen und die ‚Rasse‘ der unanständigen Menschen."
Die Ereignisse der letzten Jahre und Jahrzehnte scheinen aber Werfel Recht zu geben. Sind doch die Deutschen und ihre Humanitätsduselei hauptschuld an der millionenfachen Massenmigration von Menschen aus kulturfremden Völkern und aus dem noch immer sehr eroberungsorientierten Islam lange nach 1946 nach Europa, die den Kontinent mehr zu zerstören droht, als es die – ersten – beiden Weltkriege getan haben. Sind doch die Deutschen hauptschuld an der zunehmenden Entfremdung der Osteuropäer vom Westen Europas, also jener, die nach dem (letztlich von den Deutschen verursachten!) Leiden unter dem Kommunismus die Dummheit und Gefährlichkeit der Humanitätsduselei erkannt haben.
Gewiss scheint es vermessen, an die Prophezeiung Werfels auch zwei eigene Prophezeiungen anzuhängen – die beide sich noch dazu schon vor Ende des Jahres 2024 als falsch herausstellen könnten. Dennoch seien sie gewagt. Beide betreffen sie zwei Wahlgänge im kommenden Jahr.
Die eine bezieht sich auf die USA. Sie lautet:
Wenn sich weder bei den US-Republikanern noch bei dem Demokraten jene Kräfte durchsetzen, die einen anderen Kandidaten haben wollen, also wenn das Kandidatenduell wirklich Trump gegen Biden heißen sollte, dann wird Donald Trump wieder US-Präsident. Was sehr wahrscheinlich ist.
Dabei scheint völlig klar, eigentlich will die Mehrheit der Amerikaner keinen der beiden. Jedoch liegt innerhalb beider Parteien jene nationale Mehrheit in der Minderheit, dürfte also bei den Vorwahlen keine Chance haben, und ist außerstande, sich zu einer schlagkräftigen dritten Partei zu finden.
Im direkten Duell Trump-Biden aber wird sich wohl Fünferlei auswirken:
Zum Schluss der Versuch einer Prophezeiung zu den ebenfalls heuer fälligen österreichischen Wahlen: Wenn Karl Nehammer nicht noch radikal den Kurs der ÖVP ändert, wird er an der schwersten Niederlage der Volkspartei-Geschichte nichts mehr ändern können. Diese Kursänderung müsste vor allem in folgenden Elementen bestehen: Nehammer sollte
Gewiss würden zu einem glaubwürdigen Programm noch viele andere Punkte gehören, aber diese fünf sind für die Österreicher eindeutig die wichtigsten, wenn sie beurteilen müssen, ob sie der ÖVP doch noch einmal eine Chance geben.
Gewiss bedeuten diese fünf Punkte auch das klare Zugeben von eigenen Fehlern. Aber dieses Zugeben ist dringend notwendig. Dieses Zugeben würde Glaubwürdigkeit verschaffen. Dieses Zugeben könnte Nehammer noch den Sessel des Parteivorsitzenden retten.
Es gibt ja immer wieder Politiker, die durchaus davon profitieren, dass sie schwere Fehler begangen UND zugegeben haben. Das kann durchaus Glaubwürdigkeit verschaffen, weil das Getue von Politikern in Interviews, dass sie immer richtig gehandelt und nie ihre Meinung geändert haben, oft nur noch peinlich ist.
Ganz aktuelles Beispiel dafür ist der bayrische CSU-Ministerpräsident Markus Söder, der jetzt in einem Jahreswechsel-Interview erstaunlich offen zugegeben hat: Es war ein "Fehler", als einst eine Regierung unter Führung von CDU/CSU und unter einem CDU-Verteidigungsminister die Wehrpflicht abgeschafft hat (das war übrigens ein Fehler, den die ÖVP nicht gemacht hat).
Es würde Nehammer nützen, gäbe er seine Fehler zu.