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Ja, nichts schreit in Österreich mehr nach einer objektiven Untersuchung als die Zustände in der Justiz. Nein, nichts ist ungeeigneter als eine vom Justizministerium selbst an der Verfassung vorbei geschaffene Kommission; in Italien wird ja auch nicht die Mafia beauftragt, eine Kommission über die Umtriebe der Mafia zusammenzustellen. Doppelt Nein: Martin Kreutner ist von vornherein als skandalöse Besetzung entlarvt, der nun von der Justizministerin mit dem Vorsitz beauftragt worden ist. Und leider noch einmal Nein: Das war nicht der einzige Justizskandal der letzten Stunde.
Kreutner ist in den letzten Jahren vor allem durch eines aufgefallen: Er hat sich immer wieder auffallend massiv im Interesse der sogenannten Korruptionsstaatsanwaltschaft WKStA und zu deren Verteidigung geäußert. Dabei ist es völlig klar: Genau diese WKStA – also ihre völlig einseitigen Aktivitäten fast nur gegen schwarze und blaue Politiker, ihr großer Bogen rund um die größte Korruptionsaffäre der Republik (also die Medienbestechungen durch das Imperium der Gemeinde Wien im dreistelligen Millionenbereich), die an Folter grenzende Überlänge der Verfahren der WKStA und die Tatsache, dass es ihr fast nie gelungen ist, eine rechtskräftige Verurteilung ihrer durch die jahrelangen Verdächtigungen ruinierten Opfer zu erreichen, – müsste im Zentrum jeder Untersuchung stehen, die wirklich den Zuständen in der österreichischen Strafjustiz auf den Grund gehen wollte. Und die nicht nur ein gefügiges Erfüllungshündchen für die parteipolitischen Interessen einer linksradikalen Ministerin ist.
Kreutner hingegen hat in seiner Zeit im Innenministerium immer eng mit der WKStA zusammengearbeitet. Seit seiner Emeritierung ist er selbständig tätig und berät zu den Themen Korruption und Compliance. Er spricht zwar viel von Transparenz, jedoch hat er bei seiner Bestellung zum Chef der Zadic-Kommission nicht den Kreis jener Menschen und Institutionen offengelegt, für die er tätig gewesen ist. Dabei weiß man sogar bei der René-Benko-Blase, welcher Politiker und Beamter Honorare von dem dunklen Imperium erhalten hat.
Der nächste Skandal: Justizministerin Zadic will in jene Kommission auch noch Staatsanwälte setzen! Sie will also damit doppelt absichern, dass sich keine Untersuchung gegen jenes System wendet, das am dringendsten zu untersuchen wäre. Überdies wird damit die Grenze einer völlig im rechtsfreien Raum schwebenden "Kommission" zu einer Institution verwischt, welche gemäß Strafprozessordnung sehr wohl eine ganze Menge hoheitlicher Macht hat, welche die Macht zum Ruinieren von Menschen hat, ohne dass jemals ein unabhängiges Gericht das rechtskräftig erlaubt hätte, wie wir leidvoll erfahren haben.
Das alles macht noch klarer, dass da mit Steuermitteln eine rein parteipolitische Aktion auf der üblichen Linie des Zadic-Ministeriums – also alle Kraft gegen die ÖVP – geplant ist (was übrigens auch dadurch bestätigt wird, dass sich die Neos sogar damit brüsten, dass die ganze Aktion ihre Idee gewesen sei).
Das wird überdies dadurch bestätigt, dass Zadic der Kommission Zeit bis Mai gegeben hat - also genau richtig für den Wahlkampf. Freilich nicht der Grünen, wie sie gerne hätte, sondern ausschließlich der FPÖ.
Tatsache ist, dass der tragisch ums Leben gekommene Sektionschef Christian Pilnacek seit vielen Jahren gerade in der (seinen Worten zufolge) schwer "politisierten" WKStA das Hauptproblem der Strafjustiz gesehen und getadelt hat. Er hat das noch in den Wochen vor seinem Tod auch bei einem langen Abendessen in meinem Haus wie auch – noch später – in einem ebenfalls langen Gespräch mit einem der prominentesten Rechtsanwälte des Landes getan. Bei diesen Gesprächen sind nie auch nur im Entferntesten jene Behauptungen gefallen, die post mortem in einem angeblichen oder wirklichen, aber selbst in diesem Fall sehr dubiosen Gesprächsmitschnitt bekannt geworden sind. Aber offenbar will Frau Zadic auch durch die weitere (bisher unbekannte) Zusammensetzung dieser Skurril-Kommission dafür sorgen, dass nur diese Behauptungen thematisiert werden.
Da aber der Inhalt dieser Behauptungen ja auch von der Staatsanwaltschaft selber untersucht wird, ist noch ein weiteres ziemlich klar: Nicht einmal Zadic geht davon aus, dass diese Behauptungen selbst etwas Strafwürdiges aufdecken, selbst wenn sie so gefallen sein sollten. Obwohl die Staatsanwaltschaft ja viel mehr Möglichkeiten hätte als diese Kommission. Sonst bräuchte sie ja nicht diese dubiose Parallelaktion.
Denn rechtlich ist klar: Es gibt keinen Paragraphen, der es einem Bürger verbieten würde, einen Beamten – wie eben Pilnacek – zu kritisieren, weil erstens eine vermeintlich oder wirklich diesem Beamten unterstehende Behörde – wie eben die WKStA – etwas Falsches oder Rechtswidriges gemacht hat, und weil zweitens dieser Beamte diese Aktion nicht gestoppt hatte. Dass der Beamte das rein kompetenzmäßig gar nicht gekonnt hätte, muss ja der sich beschwerende Bürger nicht wissen, schon gar nicht dann, wenn er selbst nicht rechtskundig, sondern bloß Lehrer, Musiker und Parlamentspräsident ist.
Hätte Zadic, statt parteipolitisch zu intrigieren, die Wahrheit rund um die Person Pilnacek suchen wollen, dann hätte sie ganz anders vorgehen müssen. Dann hätte sie in der Regierung oder im Parlament den Konsens für eine außerhalb des zu untersuchenden Ministeriums stehende Kommission (oder einen Ausschuss) suchen müssen. Das wäre dann verfassungsrechtlich, auch in Hinblick auf das Legalitätsprinzip, sauber gewesen.
Und selbst wenn sie nur eine – höflich ausgedrückt: suboptimale – ministeriumsinterne Kommission einberuft, hätte es personell drei bessere, ja eigentlich unumgängliche Persönlichkeiten gegeben, die in dieser sitzen müssten (in einer überparteilichen Kommission natürlich erst recht).
Das sind:
Gäbe es die ÖVP noch und wäre sie nicht schon vor lauter Angst in Agonie erstarrt, dann wäre es völlig nachvollziehbar, wenn der Bundeskanzler als Regierungschef im Gegenzug zur Zadic-Infamie nun auch selber eine Kommission etwa mit diesen drei Frauen einsetzt. Diese wäre zwar auch im rechtsfreien Raum. Aber eben auch nicht mehr als Zadics hauseigene Reinwaschungskommission.
Aber Karl Nehammer wird das natürlich nicht tun. Er ist in seiner koalitionären Verstrickung beschäftigt genug damit, den drittletzten Zadic-Skandal abzunicken, nämlich einen Gesetzesentwurf, in dem entgegen allen Regeln der deutschen Sprache und entgegen den Empfehlungen seines eigenen Verfassungsdienstes und seiner Verfassungsministerin nur noch weibliche Bezeichnungen verwendet werden.
PS: Zu diesem Zadic-"Gesetzes"-Entwurf: Man darf wirklich gespannt sein, ob auch die ÖVP-Parlamentsabgeordneten so politsuizidal veranlagt sind wie ihr Parteichef und diesem Gesetzentwurf zustimmen. Und damit die Wahrscheinlichkeit der eigenen Nicht-mehr-Wahl einzementieren.
PPS: Man darf aber auch gespannt sein, ob die FPÖ einmal von ihrem destruktiven Kurs abweicht. Dann müsste sie im Parlament ganz konstruktiv einen mit jenem aus dem Haus Zadic wesensgleichen, nur ins Deutsche übersetzten Gesetzesentwurf einbringen, bei dem die verfassungsüblichen Geschlechtsbezeichnungen verwendet werden, sonst aber alles identisch ist. Das wäre nicht nur konstruktiv, das würde auch die ÖVP-Fraktion zu einem Offenbarungseid zwingen.
PPPS: Wäre die Nacht noch länger, müsste man auch noch über weitere aktuelle Skandale in der österreichischen Strafjustiz schreiben. Etwa über Afghanen, die Amok laufen, Polizisten und Straßenbahnfahrer gefährlich bedrohen - und von der Staatsanwaltschaft sofort auf freien Fuß gesetzt werden. Etwa über Syrer, die Kirchen devastieren - und ebenfalls gleich wieder freigehen. Was ja ein weiterer Aspekt der von Pilnacek so präzise konstatierten Politisierung ist.