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Die größte Insolvenz der zweiten Republik geht wie ein Erdbeben sowohl durch die Banken- wie auch die Parteienwelt und sollte da wie dort grundlegendes Nachdenken auslösen. Dabei kommt sie zumindest für Leser des Tagebuchs alles andere als überraschend. Denn schon vor mehr als fünf Monaten war hier am 18. Juni wörtlich zu lesen: "Steht die nächste große Krise schon in den Startlöchern?" Schon damals hat das Tagebuch unter Hinweis auf René Benko auf Entwicklungen hingewiesen, die einen "dramatischen Rückgang des Bedarfs an Büroflächen" auslösen. "Das muss nicht nur den Benkos dieser Welt, sondern auch den Banken große Sorgen machen. Denn bisher waren Bürohäuser ein sehr beliebtes Pfand für große Kredite."
Ein halbes Jahr lang haben sich die Banken und involvierten Prominenten rund um René Benko und ähnliche Glücksritter jedoch keine erkennbaren Sorgen gemacht, haben das krachende Imperium des Tiroler Schulabbrechers offensichtlich weiter unterstützt und jedenfalls nicht frühzeitig die Notbremse gezogen.
Die Bankvorstände werden sich noch sehr genau rechtfertigen müssen, ob sie im letzten Halbjahr wirklich rechtzeitig alle für einen ordentlichen Kaufmann angebrachten Konsequenzen aus Entwicklungen gezogen haben – die sowohl jeder Manager einer Großbank als auch jeder sich als Berater verdingende Ex-Politiker spätestens vor dem Sommer erkennen hätte müssen. Oder ob sie den Schaden hinausgezögert oder gar vergrößert haben.
Benko ist gewiss alles andere als ein Sympathieträger – aber das ist noch nicht kriminell. Und sein Geschäftsmodell, großteils mit fremdem Geld wild in Immobilen zu investieren, diese zu entwickeln und zu verkaufen, ist immer scharf an der Kante gesegelt – aber an sich auch noch nicht kriminell. Zumindest nach all dem, was man heute weiß.
Dieses Geschäftsmodell ist durch gleich mehrere Entwicklungen, die spätestens vor einem halben Jahr absehbar oder auch bereits Realität waren, in schwere Schieflage geraten:
Es würde mich nicht sehr überraschen, wenn in nächster Zeit aber auch etliche jener Bankmanager ihren Job verlieren oder Bekanntschaft mit den Gerichten machen sollten, die da auf das Ziehen der Notbremsen vergessen haben, die allzu naiv an das glaubten, was ihnen Benko vorgegaukelt hatte: eben an das ewige Steigen der Immobilienpreise.
Die Liste der Fragen an die Banken – aber auch an die seltsame Beraterwelt Benkos – ist eine mindestens ebenso gewichtige wie die der Vorwürfe an den Tiroler:
Zu viele drängende Fragen, als dass man sich mit der billigen Parteipolemik abspeisen lassen dürfte, die sich da rundum in den letzten Stunden aufgebaut hat. So ist es absurd, es wie Rot und Blau zu inkriminieren, dass auch große Unternehmen während der Pandemie die Unterstützungsleistungen des Steuerzahlers erhalten haben. Zwar waren die Corona-Hilfsprogramme an sich viel zu großzügig (wie das Tagebuch immer wieder scharf kritisiert hat). Aber sobald sie einmal aufgestellt waren, war es zweifellos rechtens, dass sie an große und kleine Unternehmen, an schwarze, rote oder blaue Unternehmen nach den gleichen Regeln ausbezahlt wurden. Es sei denn, es ließe sich da eine konkrete Unkorrektheit nachweisen. Auf die es aber weit und breit keinerlei Hinweise gibt.
Für die SPÖ dürfte es sich in nächster Zeit als zusätzlich peinlich erweisen, dass sie vor kurzem zusammen mit der FPÖ einen Untersuchungsausschuss beantragt hat, in dem den Covid-Förderungen nachgegangen werden soll. Denn dabei hat die SPÖ ausdrücklich ausgerechnet die Benko-Firmen als Beispiel angeblich ÖVP-naher Unternehmen genannt.
Auch die Übernahme des Kika-Leiner-Imperiums durch Benko scheint sich vorerst für einen politischen Skandal nicht zu eigenen. Denn diese Handelskette ist schon seit vielen Jahren nach dem Abgang des Patriarchen Koch, durch den Branchen-Strukturwandel und schon vor einem früheren Eigentümerwechsel in tiefen Schwierigkeiten gesteckt. Zwar war es mehr als überflüssig – aber leider medien- und österreich-üblich –, dass sich die Politik auch bei Leiner als Retter aufzuspielen versuchte, aber Tatsache ist, dass damals außer Benko weit und breit niemand zu finden gewesen ist, der bereit gewesen wäre, den Traditionsladen zu übernehmen.