Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Selbst dem verbohrtesten Gewerkschafter müsste der Widerspruch aufstoßen. Österreich erlebt einerseits zum ersten Mal seit langem eine Rezession und andererseits zum ersten Mal seit langem Streiks. Das passt in keiner Weise zusammen. Dafür kann es nur zwei Gründe geben.
Der eine wäre die Hoffnung, damit in einem Wahljahr punkten zu können. Noch logischer ist eine ganz andere Motivation, die aus dem ständigen Mitgliederverlust der Gewerkschaften erwächst. Daher wollen diese zeigen, dass sie doch noch wichtig sind. Daher wollen sie den Eindruck verbreiten, dass die Arbeitnehmer ohne Gewerkschaft und Streiks am Hungertuch nagen würden.
Das durchaus stolze Ergebnis von Abschlüssen um die 9 Prozent scheint der Gewerkschaft ja auch Recht zu geben. Damit kann man zumindest in eine Mitglieder-Werbeaktion gehen.
Freilich: Wer den Arbeitsmarkt näher kennt, kommt zu ganz anderen Schlüssen. In Wahrheit würden die Löhne auch dann stolz steigen, wenn es gar keine Gewerkschaften gäbe. Denn der Mangel an Arbeitskräften, die geringe Beteiligung der nichteuropäischen Immigranten am Arbeitsmarkt (vor allem der weiblichen), und das immer mehr spürbar werdende Geburtendefizit der autochthonen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten sorgen ganz automatisch dafür, dass die Gehälter steil steigen. Unternehmen und Branchen versuchen in Wahrheit schon seit längerem, einander die raren Mitarbeiter mit attraktiven Angeboten abzujagen.
Genau das steht hinter den Lohnabschlüssen. Denn selbst nach der von Gewerkschaftern gerne zitierten Benya-Formel hätte es nicht so hohe Abschlüsse geben dürfen. Denn in Zeiten der Rezession gibt es keinen Produktivitätsgewinn oder sonst etwas, auf die Inflationsrate aufzuschlagen. Eigentlich müsste man ja die 1,8 Prozent Wirtschaftsschrumpfung abziehen.
Die Gewerkschafts-Argumente werden auch durch die Lohnquote nicht gestützt. Denn der Anteil der Löhne an der Wirtschaftsleistung, der immer unter 70 Prozent gelegen ist, ist plötzlich auf über 73 Prozent gestiegen.
Noch etwas spricht gegen die Gewerkschaft: Der Inflationsdruck der letzten Jahre ist eindeutig aus dem Ausland gekommen, durch die EZB-Zinspolitik und die internationalen Energiemärkte. Sollten jetzt nur die Unternehmen diese Inflationslast tragen, aber nicht jene, deren Quote an der Wirtschaftsleistung so hoch ist, dann sollte sich niemand wundern, dass das zwangsläufig die Inflation wieder beschleunigen wird. Wenn es die Demographie nicht sowieso täte.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".