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Wie viele Opfer wird die Zadic-Justiz noch haben?

Christian Pilnacek war erst vor wenigen Wochen zu einem langen und gemütlichen Abend in kleiner Runde bei uns auf Besuch. Mehr als überzeugend war seine damalige Empörung über den katastrophalen Zustand der österreichischen Strafjustiz. Jetzt ist er "tot aufgefunden" worden, wie es offiziell heißt. Unabhängig von den näheren Umständen des Todes kann der langjährige Sektionschef und anerkannte Strafrechtsexperte als Opfer eines in der Tat völlig verkommenen Teils der Justiz bezeichnet werden. Pilnacek hatte wohl völlig recht mit seiner Diagnose, dass in Österreich ein "Putsch" passiert sei, und dass wir in einem bestimmten Bereich eine "unerträglich politisierte" Staatsanwaltschaft haben. Das sieht man ja auch durch den gegenwärtigen Prozess gegen Sebastian Kurz bestätigt.

Genau wegen dieser Erkenntnis wurde Pilnacek ja auch als Sektionschef aus dem Weg geräumt. Er ist bis zu seinem Tod unvorstellbare zweieinhalb Jahre von seiner Funktion suspendiert gewesen, ohne dass es auch nur wegen eines einzigen der von der Justizministerin gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu einer rechtskräftigen Verurteilung gekommen wäre. Wie immer öfter bei dieser Justiz werden die wirklich existenz- und persönlichkeitsbedrohenden Strafen nicht durch unabhängige Richter oder Geschworne, sondern durch politische Instanzen ausgesprochen, durch die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft oder in seinem Fall durch eine Ministerin mit umstrittener akademischer Qualifikation, mit bosnisch-muslimischem Hintergrund und mit einer langjährigen – nach seriös klingenden Informationen aus dem Ministerium bis heute andauernden – engen politischen Beziehung zu Peter Pilz.

In all den von Ministerin Zadic und ihren Helfershelfern gegen Pilnacek angestrengten Verfahren hat es bisher an rechtskräftigen Entscheidungen nur Freisprüche gegeben, soweit es die Zadic-Maschine halt überhaupt gewagt hat, irgendwo vor Richter zu gehen.

Pilnacek war als Sektionschef ein intensiver Kämpfer gegen die vielen Fehler und Unfähigkeiten der Staatsanwaltschaft gewesen, insbesondere gegen das jahrelange Hinauszögern von unzähligen Verfahren durch die WKStA. Er war am Ende freilich vor allem ein gescheiterter, ein besiegter Kämpfer. Etwas pathetisch formuliert: Von der Südostukraine bis Südisrael ist das Unrecht in den letzten Jahren und Wochen besorgniserregend im Vormarsch. Warum sollte Österreich das Privileg haben, dass es hierzulande anders wäre?

Die Dimension des Unrechtssystems sieht man auch sehr deutlich am gegenwärtigen Kurz-Prozess. Die politische Existenz des Altkanzlers wurde vernichtet, weil er in der von Neos und SPÖ angeheizten Hassatmosphäre des parlamentarischen U-Ausschusses ungeschickt herumgeredet hat, obwohl er nie direkt gelogen hat. Dieses Herumreden hat auf Betreiben von Zadic und der roten WKStA-Staatsanwälte nicht nur die größte politische Krise der letzten Jahre, sondern auch einen der größten Prozesse der Republik ausgelöst (für den natürlich wir Steuerzahler ebenso aufkommen müssen, ebenso wie für Pilnaceks Bezüge während seiner willkürlich verfügten Suspendierung).

Dieses Herumreden wird absurderweise aber strafrechtlich genauso verfolgt wie eine falsche Aussage in einem echten Prozess. Der große Unterschied ist: In einem Prozess wird bei herumredenden Antworten immer und automatisch der Richter – zumindest wenn es ein halbwegs guter ist – in ruhiger Atmosphäre nachfragen: "Herr Zeuge, das war jetzt etwas unklar und klingt widersprüchlich. Daher frage ich sie jetzt ganz genau und detailliert: …."

Ganz anders in jenem Parlamentsausschuss: Da haben die Neos ob einer unklaren Formulierung innerlich gejubelt und sind, statt nachzufragen, sofort zu den Staatsanwälten gelaufen. Und diese haben wiederum innerlich gejubelt, weil sie ebenfalls schon lange einen politischen Hass auf Kurz hatten, nachdem er sie einmal wegen ihrer politischen Schlagseite zu kritisieren gewagt hatte.

Schon allein die Tatsache, dass eine Situation im Parlament strafrechtlich gleichbehandelt wird wie eine streng geregelte Gerichtsverhandlung unter neutraler Leitung, ist in Wahrheit ein massiver Verstoß gegen die Grund- und Menschenrechte. Aber freilich: Wenn es um ihre eigene Macht und ihre Privilegien geht, waren die Abgeordneten (aller Parteien), die das einst so beschlossen haben, noch nie zimperlich.

Worum geht es beim Kurz-Prozess? Es geht um die Behauptung der Staatsanwälte, dass Kurz selbst über die Besetzung der Spitzenpositionen in der Verstaatlichten-Holding bestimmt hätte, aber das im Parlamentsausschuss nicht zugegeben, sondern nur von "informiert" gesprochen habe. Da jedenfalls der Finanzminister für die Besetzung des Aufsichtsrats zuständig und verantwortlich gewesen ist, wird den Staatsanwälten der Beweis wohl kaum gelingen, außer Ex-Minister Löger sagt: "Ja, ich war trotz meiner Ministerverantwortlichkeit nur ein Hampelmann und Befehlsempfänger"; und außer der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der Holding sagt Ähnliches in Hinblick auf die Vorstandsbestellung.

Wohlgemerkt: Selbst wenn Kurz sehr wohl an Minister Löger vorbei jeden einzelnen Aufsichtsratsposten bestimmt hätte, hätte er damit kein Gesetz verletzt. Es geht eben nur darum, ob er dann im späteren Ausschuss-Verhör seine Rolle präzise genug wiedergegeben hat.

Man sollte diesen eventuellen und im Grund völlig belanglosen Präzisionsmangel von Kurz all dem entgegenhalten, was der Strafjustiz alles vorzuhalten ist, obwohl diese nicht im Hexenkessel eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu agieren braucht:

  • Zum zweiten Mal ist bei einem Prozess gegen einen ÖVP-Politiker ein Richter – natürlich wird versichert: streng zufällig – zum Zug gekommen, bei dem schon vor Prozessbeginn massiv seine politische Haltung bekannt gewesen ist (der Kurz-Richter hat Jahre als einstiger Staatsanwalt vergeudet, um den SPÖ-Verschwörungstheorien über angebliche Skandale beim Abfangjäger-Kauf nachzujagen – bekanntlich ohne jeden Erfolg). Der ja schon mehrfach aufgefallene Präsident des Wiener Straflandesgerichts, der einen Richtertausch veranlassen hätte können, kennt offenbar eines der wichtigsten Grundprinzipien eines Rechtsstaats nicht, die meiner Generation schon bei der einstigen Einführung in die Grundbegriffe des Rechts eingebläut worden ist: Recht darf nicht nur formal geschehen, sondern es soll dabei auch immer jeder Anschein einer Ungerechtigkeit vermieden werden – vor allem für die Öffentlichkeit.
  • Selbst in der jahrelang bebrüteten und über zahllose Schreibtische dieser Zadic-Justiz gegangenen Anklageschrift gegen Kurz hat sich ein blamabler Fehler eingeschlichen. Eine Aussage wurde einfach einer falschen Person zugeordnet.
  • Ebenso skandalös ist, dass die Staatsanwälte aus den vielen von ihr geschnappten Chats nur jene Passagen in ihre Anklage aufgenommen haben, die gegen Kurz sprechen. Dabei wären sie rechtlich eindeutig verpflichtet gewesen, auch alles für einen Angeklagten Sprechende aufzunehmen.
  • Erst vor wenigen Wochen hat die gegen Kurz so brutal vorgehende WKStA im sogenannten Karmasin-Prozess eine schallende (und inzwischen rechtskräftige) Ohrfeige durch ein Obergericht bekommen: Sie habe "rechtswidrig" Rechte eines Angeklagten verletzt.
  • Selbst gegen den ihnen übergeordneten Sektionschef – das war damals eben Pilnacek – haben die WKStA-Staatsanwälte einst rechtswidrige Mittel eingesetzt und eine Dienstbesprechung mit ihm heimlich mitgeschnitten. Auch das blieb bei Zadic sanktionslos.
  • Schier unendlich sind auch sonst die Niederlagen der von Zadic immer geschützten und unterstützten WKStA in Prozessen gegen Politiker: Strache, Waldhäusl, Seeber, Wallner, Chorherr, drei Innenministeriums-Sektionschefs, Steinacker, Frischmann, Blümel. Um nur ein paar Namen zu nennen, die fast alle schwerste finanzielle, berufliche und existenzielle Schäden erlitten. Während es für die WKStA in ihrer ganzen Unfähigkeit und hasserfüllten Schlagseite nie Konsequenzen gegeben hat.
  • Gigantisch sind auch die Kosten, die allein der Politprozess gegen Kurz in all seinen Etappen bei der angeblich so überlasteten Staatsanwaltschaft und den Gerichten auslöst: Die gehen zweifellos in die Hunderttausende Euro, gäbe es in der Justiz eine echte Kostenrechnung. Gar nicht vorstellbar, was einsparbar wäre, wenn man sich solche Monsterverfahren wegen eines Verhaltens ersparen würde, das – abgesehen von der parteipolitischen Agitation – nicht einmal die Relevanz eines Fliegenschisses hat.
  • Es ist für den Steuerzahler absolut provozierend, dass diese Justiz ausgerechnet jetzt im neuen Budget nicht weniger als 214,9 Millionen Euro zusätzlich bekommt. Das ist eine Budgeterhöhung von mehr als 11,5 Prozent! Gerechtfertigt wäre mehr Geld für die Justiz nur dann, wenn sie sich den wirklich empörenden Delikten zuwenden würde: etwa den Hunderttausende Menschen terrorisierenden Klimaklebern und den aggressiven Demonstranten, die auf Österreichs Straßen einem von Österreich anerkannten Staat lautstark die Vernichtung androhen. Aber unter dieser Ministerin geschieht nichts davon.
  • Der prominente Universitätsprofessor Franz Marhold geißelte das Verhalten der österreichischen Staatanwaltschaft, die das Ermittlungsverfahren durch seine Dauer selbst zur Strafe ohne Richter macht, mit einem besonders harten Vergleich: Das sei wie die "Inquisition". Er forderte daher erstens die Wiedereinführung des weitestgehend abgeschafften Untersuchungsrichters und zweitens eine eingehende Untersuchung durch den Rechnungshof, warum die WKStA denn immer so lange braucht. "Wir dürfen uns mit dieser Länge nicht abfinden." Er stellte diese Forderungen wohl deshalb so deutlich auf, weil die eigentlich verantwortliche Justizministerin dazu nicht willens und der gegen diesen Missstand kämpfende Sektionschef "suspendiert" worden ist.
  • Bis zu 8000 unschuldige Opfer sind in den letzten Jahren von österreichischen Staatsanwälten verfolgt worden. Für sie gibt es im neuen Budget nun endlich eine nennenswerte Entschädigung – die freilich nach Aussage vieler Juristen bei weitem nicht einmal die finanziellen Kosten deckt, von den beruflichen und persönlichen Kosten gar nicht zu reden.

Was besonders empörend ist: Diese Entschädigungen für grobe Unfähigkeit oder Böswilligkeit – es sind 70 Millionen vorgesehen – zahlen natürlich wieder wir Steuerzahler, während die schuldigen Staatsanwälte keinerlei Konsequenzen zu tragen haben, weder finanzielle noch karrieremäßige. Wir haben ja zusätzlich auch noch ihre saftigen Gehälter (die höher sind als die der Richter!) zu zahlen für die Führung all dieser sinnlosen und zum Teil sadistischen Verfahren.

Fast noch empörender ist, dass die Grünen dieser Entschädigung unschuldig Verfolgter offensichtlich nur unter der Bedingung zugestimmt haben, dass gleichzeitig auch alle Homosexuellen für die Strafen gemäß dem früher gültigen Strafrecht entschädigt werden, weil sie etwa Jugendliche verführt haben.

Am empörendsten ist aber, dass sonstige Verurteilte, die nach anderen früher geltenden, aber inzwischen aufgehobenen Paragraphen bestraft worden waren, weiterhin nicht entschädigt werden. Dazu gehören etwa – um nur ein Beispiel zu nennen – die wegen Ehebruchs Verurteilten, als das noch strafrechtlich pönalisiert war.

Und nur noch lächerlich wird das Ganze, wenn man sich bewusst macht, wie aufgeregt gerade die Grünen gehechelt haben, als ÖVP und FPÖ in Niederösterreich beschlossen haben, dass jene Strafen zurückgezahlt werden, die auf Grund von später durch den Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnungen verhängt  worden sind.

Das einzig Gute: In einem Jahr ist die Ministerschaft jener Frau mit Sicherheit beendet, deren "Dissertation" nur durch "Hochschulkorruption" nicht für ungültig erklärt worden ist, wie Korruptionsjäger Stefan Weber offen beklagt hat (die politische Schieflage der Uni-Wien-Führung ist freilich längst allgemein bekannt und heute nicht Thema).

PS: Noch einmal zurück zu Pilnacek: Ein zumindest für mich eindeutiger letzter Beweis für seine Korrektheit ist der Umstand, dass er offenbar daran zerbrochen ist, als ihm erstmals ein wirkliches, aber im Vergleich zu all dem von Zadic&Co Behaupteten letztlich geringfügiges Delikt passiert ist. Das auch schon ehemalige Bundeskanzlerinnen begangen haben.

PPS: Noch einmal zurück zu Sebastian Kurz: Angesichts seiner Erfahrungen in den letzten Jahren kann man es zwar nachempfinden, dass er genug von der Politik hat, wie er jetzt im Prozess erklärt hat, und von all dem Gift und Hass, dem er da begegnet ist. Auch kann ihm kein normaler Mensch, der keine parteipolitische Motivation hat, ernsthaft sein Ausschuss-Herumgerede vorhalten. Umso größer ist aber seine Verantwortung, seine geradezu historische Schuld daran, dass die Grünen in die Regierung gekommen sind, dass eine Person wie die Frau Zadic Justizministerin geworden ist. Das ist nicht nur für ihn und für seine ÖVP verheerend. Das ist es auch für Österreich.

PPPS: Noch einmal zurück zur Korruptionsstaatsanwaltschaft: Jenen, die sie mit dem Argument verteidigen "Sie versuchen halt, etwas übergenau jeder Unkorrektheit nachzugehen", ist dreierlei entgegenzuschleudern. Erstens, dass es in der Strafprozessordnung halt anders vorgesehen ist, dass sie nämlich objektiv vorgehen sollte; zweitens, dass die WKStA die Opfer ihrer Übergenauigkeit halt nie bei Rot oder Grün sucht; und drittens und vor allem, dass sie den mutmaßlich allergrößten Korruptionsskandal der Republik nie vor einen unabhängigen Richter gebracht hat. Das ist die Medienbestechung durch das Imperium der Gemeinde Wien.

PPPPS: Endgültige Übelkeit befällt einen aber, wenn man auf die Beileidsheuchelei der Frau Zadic stößt. Jene Frau, die hauptverantwortlich ist für das Los, unter dem Pilnacek gelitten hat, unter der der gesamte Rechtsstaat noch ein weiteres Jahr leiden wird und die stets alle Umtriebe der WKStA gedeckt hat, säuselt Betroffenheit und rühmt Pilnacek als "fachlich äußerst versierten Juristen, der mit seiner Expertise einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung des Strafrechts geleistet hat." Bitte vier doppelte Schnäpse, um das zu ertragen.

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