Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Wie unsere Justiz der Hamas hilft oder: die Inhumanität der Humanität

Der brutalste Aggressionsakt samt Massenmord, Folter und Geiselnahme rund um das Mittelmeer seit Adolf Hitler hat einen hauptschuldigen Verbrecher: Das sind alle Angehörigen der Terrororganisation Hamas. Deren Untaten binnen weniger Stunden gehen wohl fast noch über jene von Wladimir Putin und seiner Armee hinaus.  Aber es gibt über die Hamas hinaus noch sehr, sehr viele andere, denen jetzt zumindest eine gründliche und ehrliche Gewissenserforschung sehr gut täte. Samt allen notwendigen Änderungen des eigenen Verhaltens.

Dabei ist es angebracht, in Österreich anzufangen. Und zwar bei Polizei und Justiz (womit sowohl die Judikatur wie auch das Verhalten der Staatsanwaltschaft gemeint sind). Es ist absolut unerträglich, dass es in Österreich ungestraft Sympathieaktionen zur Unterstützung dieses Großverbrechens geben kann. Es ist infam, wenn Polizei und Justiz das als Ausdruck der Meinungs- und Versammlungsfreiheit ignorieren. Es ist skandalös, wenn in Österreich öffentlich geraten werden muss, auf der Straße keine Symbole zu zeigen, die einen als Unterstützer Israels oder als Jude ausweisen.

Polizei und Justiz können sich auch nicht darauf ausreden, dass halt die Gesetze so sind. Denn der Gesetzgeber hat eigentlich völlig klar in den Paragraph 282a des Strafgesetzbuches hineingeschrieben, dass die öffentliche Gutheißung terroristischer Straftaten mit zwei Jahren Freiheitsstrafe zu bestrafen ist. Oder genauer: dass jeder zu bestrafen ist, der solche Taten "in einer Art gutheißt, die geeignet ist, die Gefahr der Begehung einer oder mehrerer solcher Straftaten herbeizuführen".

Niemand in Österreich kann eine Justiz verstehen, die ein solches Gutheißen bei Unterstützungs-Bekundungen für den "Islamischen Staat" dem Gesetz gemäß bestraft, bei ebensolchen Bekundungen für die Hamas-Verbrechen hingegen total untätig bleibt. Steckt da am Ende gar Antisemitismus dahinter, wenn die Staatsanwaltschaft in Sachen Hamas-Unterstützung nicht aktiv wird, wenn sogar Imame ungehindert weiter die Hamas in Predigten anpreisen dürfen? Oder ist gar in dieser Strafjustiz jemand der Meinung, das sei gar kein Terrorismus? Dass die Taten der Hamas zum Unterschied vom "Islamischen Staat" eh nicht geeignet wären, "eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens oder eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens herbeizuführen", die "mit dem Vorsatz begangen wird, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören."

So heißt im Gesetz die Definition, die aus Morden und erpresserischen Entführungen eine "terroristische Straftat" macht. Glaubt diese Strafjustiz mit ihrem erbärmlichen Kirchturmhorizont allen Ernstes, dass die Gefährdung für Juden in Wien eh nichts mit dem Gewährenlassen gegenüber den Hamas-Bejublern zu tun hat? Oder dass es bei uns eh keine Störungen und Schädigungen geben kann, wenn da jemand einen großen Nahostkrieg mit all seinen Folgen für die Energieversorgung auslösen will? Wahrscheinlich, weil wir so neutral sind und weil Kreisky immer mit den Palästinensern gepackelt hat ….

Oder hängt das Verhalten der Justiz gar mit der islamischen Herkunft der den Staatsanwälten gegenüber weisungsbefugten Justizministerin zusammen? Oder hängt es mit dem verbreiteten antiisraelischen Antisemitismus der SPÖ-Linken zusammen? Warum sind Polizei und Justiz nicht einmal imstande, sich an der Berliner Justiz aus dem eigentlich schwer linkslastigen Deutschland zu orientieren, die jetzt Palästinenserdemos verboten hat? Was hilft da ein erfreulich geschlossener Israel-Unterstützungsaufruf aller fünf Parlamentsparteien (bei dem man zum Glück auch nicht die FPÖ ausgeschlossen hat, wie es die von allen guten Geistern verlassene deutsche Politik in Hinblick auf die AfD gemacht hat)? Was nützt da die erfreulich klare Distanzierung der aus Palästina stammenden SPÖ-Abgeordneten Duzdar von der Hamas?

Dabei steht Österreich nicht nur wegen Duzdar und dieses geschlossenen Aufrufs aller Parteien noch gut da im Vergleich zur EU. Die Bundesregierung hat immerhin auch alle Zahlungen an die Palästinenser (wenigstens jetzt) gestoppt. Hingegen hat der sozialdemokratische EU-Außenkommissar Borrell gleich – im Widerspruch zu anderen Kommissaren – verkündet, dass das EU-Geld aus "humanitären" Gründen weiterhin nach Gaza fließen wird. Ach ja, nur "vorerst", als ob nicht gerade in dieser Frage demonstrativ schnelles Handeln wichtig wäre.

Da sind sie schon wieder, die "humanitären" Sozialdemokraten, die auch bei uns noch viel mehr Millionen und Milliarden in den Sozialstaat (und in die ständig die Hand aufhaltenden "humanitären" Organisationen!) pumpen wollen, weil angeblich Kinder irgendwo keine ausreichend warme Mahlzeit bekommen, die über Arbeitslosigkeit jammern, obwohl es hunderttausende offene Stellen gibt, für die oft lediglich Arbeitswilligkeit nötig wäre. Ebenso ist die Humanität der Linken und linker Richter hauptschuld daran, dass Europa von Millionen islamischer Migranten geflutet worden ist und wird (die von immer mehr Europäern als Invasoren gesehen werden).

Humanität zum Gipfel getrieben führt oft zur höchsten Inhumanität.

"Aber doch nicht gegen die Zivilbevölkerung in Gaza! Doch keine Kollektivbestrafung!" So jammern jetzt viele, noch bevor Israel überhaupt Bescheid über seine wahre Reaktion gegen den Angriff aus Gaza gegeben hat. Aber das ist ein völlig schiefes, ein infames Argument. Denn es ignoriert den Riesenunterschied zwischen dem, der zuerst (und nur!) die Zivilbevölkerung angegriffen, gefoltert, vergewaltigt und als Geiseln entführt hat, und dem, der erst dann darauf reagiert. Vor allem können diese Jammerer nicht einmal einen einzigen anderen Vorschlag machen, wie man ohne die Zivilbevölkerung mitzutreffen, gegen die Täter vorgehen könnte.

Im Übrigen ist auch die gesamte, angeblich unschuldige Zivilbevölkerung in Gaza am Hamas-Terror mitschuld. Hat sie doch nie das geringste Anzeichen von Widerstand gegen die seit Jahren anhaltenden Terroraktionen der Hamas gezeigt. Hat sie doch nie dagegen protestiert, dass die Hamas ihre Armeestellungen in und unter Kindergärten und Schulen angebracht hat. Und vor allem hat diese Zivilbevölkerung einst bei relativ sauberen Wahlen selbst die politische Macht der Hamas in die Hände gelegt.

Das erinnert massiv an den Nationalsozialismus mit all seinen Verbrechen: Am Anfang ist auch die Hitler-Partei bei eindeutig verfassungskonformen Wahlen an die Macht gekommen, also durch die Mittäterschaft vieler Deutscher, obwohl man schon damals wissen konnte, wie verbrecherisch die NSDAP ist (in Österreich hat sie hingegen nie auf demokratischem Weg die Macht erreicht, auch wenn sich viele damalige Sozialdemokraten in ihrem Hass auf den Ständestaat mit den Nazis verbrüdert haben).

Tatsache ist, dass diese Mittäterschaft der deutschen Mehrheit und der Bomben-Terror der Nazis (Stichwort Coventry) nicht nur von den Siegermächten immer als Rechtfertigung für den späteren Bombenterror gegen die deutsche und österreichische Zivilbevölkerung (von Wien bis Dresden) angesehen worden ist.

Tatsache ist auch, dass es in Hinblick auf den zweiten Weltkrieg zumindest sehr diskutabel ist, ob die damaligen Angriffe auf die Zivilbevölkerung für den Sieg im Krieg notwendig gewesen sind. Bei Gaza und Hamas kann es hingegen überhaupt keinen Zweifel geben, dass niemand eine Option für die Israelis nennen kann, welche die Zivilbevölkerung in diesem Krieg schonen würde – außer wehrlos dem Terror nachzugeben.

"Aber die Vorgeschichte! Die zeigt ja, dass die Palästinenser zumindest früher immer das Opfer gewesen sind." Auch dieses antiisraelische Argument erweist sich als historische Lüge (ohne dass man wie manche Israelis in der Argumentation 2000 Jahre zurückzugehen braucht). Aber es hat nie einen Staat "Palästina" gegeben, sondern nur ein Gebiet, das Jahrhunderte lang von den osmanischen Türken und dann den Briten regiert worden ist. Und in diesem Gebiet haben seit jeher Moslems, Juden und Christen gelebt. Und seit dem Abzug der Briten hat es mehrere Teilungspläne, mehrere Ansätze zu einer Zweistaatenlösung gegeben, die allesamt und immer – von Anfang an oder im letzten Moment – von der arabischen Seite torpediert worden sind.

Letztlich haben bei den Arabern immer jene obsiegt, die im großen palästinensischen Konsens die Israelis ins Meer treiben wollten, die nie einen Kompromiss wollten.

Wechseln wir zu jenen anderen Akteuren, die neben den Hamas-Mördern und neben der EU sowie unserer ebenfalls schon genannten Polizei und Justiz mitschuld sind am Megaverbrechen oder die zumindest sehr selbstkritische Gewissenserforschung betreiben sollten:

  • Da stehen die Financiers der Hamas an der Spitze, die wir nicht alle kennen, die aber jedenfalls auch in Katar und in fundamentalistisch-islamischen Kreisen zu finden sind. Sie haben nicht der Gaza-Bevölkerung geholfen, sondern nur den aktiven Terrorismus unterstützt.
  • Dazu gehören all jene, die im Falle Katars gezielt ignoriert haben, dass dort die intensivsten Unterstützer der Hamas sitzen. Die korrupte Fifa hat dort eine Fußball-WM ausgetragen. Viele Länder – auch Österreich – haben sich in Katar sogar bittend angestellt, um von dem Land ein wenig Flüssiggas zu bekommen (das Europa vor allem deshalb so dringend benötigt, weil etliche der dümmsten Länder Europas unter Dominanz der Linken glauben, ohne Atomkraft auskommen zu können).
  • Dazu gehören all jene in Politik und Verfassungsjustiz Europas, welche die Schleusen für die illegale Migration insbesondere aus der islamischen Welt soweit geöffnet haben, dass Europa in immer mehr Fragen zu keinen politischen Aktionen mehr imstande scheint, dass Antisemitismus und Israel-Hass ungehindert wuchern können.
  • Dazu gehört Russland mit seinem Angriff auf die Ukraine, der zumindest indirekt dazu geführt hat, dass die Palästinenser glauben konnten, jetzt viel ungestörter agieren zu können.
  • Dazu gehören alle jene, die beim Ukraine-Krieg glauben, dass man Verbrechern und Opfer neutral gegenüberstehen dürfe.
  • Dazu gehört die tiefe innere Spaltung quer durch die amerikanische Gesellschaft, die immer mehr an der Handlungsfähigkeit der USA zweifeln lässt, unter deren Schutz Israel bisher gestanden ist.
  • Dazu gehört das offenkundige Versagen der israelischen Geheimdienste, die völlig vom selbstmörderischen Losschlagen der Hamas überrascht gewesen sind.
  • Dazu gehört die tiefe innere Spaltung Israels, die in den letzten Monaten rund um den Machtkampf zwischen Parlament und Oberstrichtern einen noch nie dagewesenen Höhepunkt erreicht hat, der bis hin zum öffentlichen Aufruf etlicher Linksparteien zur Wehrdienstverweigerung gegangen ist.
  • Dazu gehören schließlich all jene Europäer, die nicht begreifen wollen, dass der Krieg der Kulturen zwischen der europäischen und der islamischen längst voll entbrannt ist, und dass Israel Europas wichtigster Außenposten ist.

Viele dieser Fehler, aber auch einige andere Faktoren erklären umgekehrt auch recht logisch, warum die Hamas gerade jetzt losgeschlagen hat:

  1. Sie sehen Israel und die USA so geschwächt wie schon lange nicht (Europa ist ja sowieso seit 1956 kein Faktor mehr im Nahen Osten gewesen).
  2. Sie sehen die Ablenkung der Welt durch den Ukraine-Krieg.
  3. Sie sehen die letzte Chance gekommen, um eine Sprengmine unter die Aussöhnung zwischen Israel und Saudi-Arabien (plus den Emiraten) zu legen.
  4. Vor allem aber sind sie zweifellos durch eine frühere Aktion der Israelis selber zu ihrer Massengeiselnahme ermutigt worden: Israel hat 2011 im Gegenzug für die Freilassung eines fünf Jahre in Gaza versteckt gewesenen Soldaten über tausend palästinensische Häftlinge freigelassen, die für mehr als 200 Morde an Israelis verantwortlich gewesen waren.

Jetzt hat die Hamas nicht nur einen Israeli in ihrer Gewalt gebracht, sondern über hundert, darunter Frauen und Kinder. Gar nicht vorstellbar, was sie da in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten jetzt nach dem Muster 2011 alles zu erpressen versuchen werden. Was einmal funktioniert hat, soll, so glauben sie zweifellos, jetzt noch intensiver funktionieren.

Damit sind wir wieder bei einem einstigen Akt der Humanität angelangt, eben dem Gefangenenaustausch, der später zu einer unglaublichen Eskalation der Inhumanität geführt hat. Schwäche ist als Schwäche erkannt worden.

Frühere israelische Regierungen, aber auch der einstige deutsche Bundeskanzler Schmidt haben – siehe damalige Reaktionen auf diverse Flugzeugentführungen – noch gewusst: Wer einmal aus humanitären Gründen einer Erpressung nachgibt, wer einmal Kompromisse bei Law and Order macht, wird noch viel öfter und viel schlimmer und viel brutaler erpresst werden, wird noch viel mehr Unordnung und Gesetzlosigkeit ernten.

Es gibt aber auch Hoffnung: Die findet sich in der Tatsache, dass jetzt die bisher (wegen hochgespielter Absurditäten wie der Annahme einer geschenkten Zigarrenkiste durch Premier Netanyahu) tief verfeindeten israelischen Parteien zu einer Einheitsregierung zusammengefunden haben. Die findet sich auch in der Tatsache, dass in den USA (vorerst) nicht einmal Donald Trump gegen den Kurs der Regierung Biden agitiert hat.

PS: Zu den vielen Tragödien kommt noch eine österreichische Groteske hinzu: Die Transportmaschine des Bundesheeres, die Österreicher aus Israel wenigstens bis Zypern ausfliegen hätte sollen, ist wieder einmal fluguntauglich. Im Grund ist das aber keine Groteske, sondern eine ebenfalls tragische Folge der verbrecherischen Missachtung des Bundesheeres durch alle Regierungen seit der schwarz-blauen Regierung Schüssel (vom Herrn Darabos gar nicht zu reden, der selbst für die SPÖ untragbar geworden ist). Von der Regierung Nehammer kennen wir vorerst auch nur Ankündigungen, es wieder besser zu machen.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung