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Wer Grün berührt, vergiftet sich

Die Koalition funktioniert. Sie funktioniert nicht. Sie funktioniert. Sie funktioniert nicht. Längst steht alles, was in der Innenpolitik geschieht, im Schatten der spätestens in einem Jahr fälligen Wahlen. Damit drängt sich eine Zwischenbilanz samt Ausblick auf die Zeit nach diesen Wahlen auf – auch vor dem Hintergrund der Vorgänge in Deutschland.

Diese Bilanz fällt ziemlich eindeutig aus: Nationale Koalitionen mit den Grünen entwickeln sich für alle anderen Beteiligten ganz offensichtlich zwangsläufig zur Katastrophe. Ob es die bürgerliche ÖVP in Österreich ist, ob es die roten und gelben Partner in der deutschen Ampelkoalition sind: Sie alle haben schwer verloren, wie der einheitliche Trend der Umfragen zeigt.

Die deutsche Linksampel liegt in Summe der drei Parteien seit Monaten fast bei jeder Umfrage deutlich unter 40 Prozent. Schwarz und Grün zusammen erreichen in Österreich gar nur noch weniger als ein Drittel der Stimmen. Dabei hatten die Regierungsparteien da wie dort zusammen bei der letzten Wahl noch mehr als 51 Prozent. Einziger Unterschied: In Deutschland scheinen die Grünen als einzige regierende Partei auf nationaler Ebene trotz schwerer Rückschläge bei den letzten Landtagswahlen ihr Niveau halten zu können. In Österreich haben sie hingegen jeden dritten Wähler verloren, was katastrophal ist.

ÖVP, SPD, FDP müssten da eigentlich im Chor sagen: Grüne ade, scheiden tut gar nicht weh. Die Klimapanikmache bedient nur noch die kleine Gruppe der Grünwähler, stößt aber alle anderen ab, vor allem wenn es an ihre private Heizung und ans Autofahren geht. Und bei der Asylpolitik verlangen sowohl klare Mehrheiten der FDP- wie auch der SPD eine grundsätzlich andere Richtung – und auch bei den Grün-Wählern zuletzt in Hessen wünschen das immerhin 47 Prozent, wie Wahltagsbefragungen zeigen.

Das hält die SPÖ nicht ab, alles auf eine österreichische Wiederholung der deutschen Ampel-Formel zu setzen. Mit dem Abschuss von Pamela Rendi-Wagner ist bei der SPÖ jedenfalls die letzte Exponentin dahin, die wohl eher mit der ÖVP koalieren wollte.

Auch die Neos scheinen ganz auf die Variante einer Ampel zu setzen. sie scheinen alles dafür geben zu wollen, endlich ein Ministerbüro zu besetzen. Da sie mit der ÖVP zusammen nicht einmal zu den besten Zeiten des Sebastian Kurz eine Mehrheit gehabt hätten, bleibt ihnen nur die Ampelperspektive. Denn für die FPÖ, mit der zusammen die Pinken allerdings auch noch deutlich zu wenig, wenn auch mehr Unterstützung hätten, haben sie nur einen geradezu genetischen Hass übrig (auch wenn im rein wirtschaftspolitischen Bereich – der für eine wirklich liberale Partei der wichtigste sein sollte – die Positionen eigentlich nicht gar so weit auseinander liegen). Bleibt also nur die linke Ampel, die – eventuell, vielleicht, möglicherweise – einmal doch die Mehrheit schaffen könnte, wenn die Linke die nächste Ibiza/Silberstein-Infamie ein wenig besser inszeniert. Allerdings ist auch den Neos nicht das Schicksal ihrer deutschen Schwesterpartei FDP in einer linken Ampel mit den Grünen verborgen geblieben: Die Wählerunterstützung für die FDP hat sich darin existenzbedrohend halbiert. Wollen wir das auch erleiden, fragen sich kluge Köpfe bei den Neos.

Vor diesem Hintergrund hat die österreichische Koalition in den letzten Wochen tapfer und unverdrossen versucht, wenigstens in der Sacharbeit einige – schon lange versprochene – Punkte abzuarbeiten. Das ist ihr in zwei großen Bereichen auch gelungen: Zum einen durch das Informationsfreiheitsgesetz, das viel Licht, aber auch eine ganze Reihe dunkler Schatten bringt. Zum anderen beim überraschend glatt gelungenen Finanzausgleich, wo plötzlich alle Bundesländer zufrieden sind. Das deutet freilich darauf hin, dass der Bund allzu großzügig gewesen ist und am Schluss der Steuerzahler und die von weiteren Schulden belastete nächste Generation die Opfer sein werden. Jedenfalls war weit und breit kein Stöhnen der Länder zu hören, dass jetzt auch sie sparsamer sein müssten. Obwohl das hoch an der Zeit wäre.

Dennoch ist eindeutig: Die zwei zuletzt größten Mühlsteine am Hals der Koalition sind entsorgt. Das trägt zweifellos zur momentanen Schmerzlinderung bei. Wenn man sonst nach wesentlichen Erfolgen von fast vier Jahren Schwarz-Grün forscht, dann fällt einem die weitgehende Abschaffung der Stillen Progression ein. Das ist gewiss eine anerkennenswerte Leistung, die man von den beiden nicht wirklich erwarten hat können, nachdem davor so oft ähnliche Versuche steckengeblieben waren. Ansonsten fällt einem aber nur noch ein, dass das Bundesheer und seine Finanzierung wieder einen größeren Stellenwert bekommen haben. Was freilich weniger Leistung der Regierung ist, als dringend notwendige Reaktion auf den Putin-Krieg.

Zwei Jahre war Schwarz-Grün von der Corona-Krise überlagert. Davon sprechen beide Parteien heute auffallend wenig, obwohl am Corona-Beginn die Unterstützung für sie sogar auf 60 Prozent gestiegen war. Einerseits sind die damaligen Anstrengungen vielfach in Vergessenheit geraten, andererseits erinnern sich viele Österreicher sehr wohl an etliche Fehlleistungen. Das waren etwa die Schulschließungen, das war der allzu häufige Wechsel der Regeln, das leichtfertige "Koste es, was es wolle" in Hinblick auf die großzügigen Entschädigungen, eine geradezu einfältige Werbekampagne für Abstandhalten und Impfen, das allzu einseitige Vertrauen auf die Virologen sowie der monatelang auch von der Wissenschaft verbreitete Irrglaube, dass Impfungen immun gegen die Infektion machen würden (obwohl sie "nur" vor schweren Erkrankungen schützen, wie sich später herausgestellt hat).

Das Schlimmste war die Verweigerung des Dialogs mit den Kritikern. Über diese und die Skepsis vieler Bürger gegenüber dem Impfen wurde drübergefahren. Das ist immer ein schwerer Fehler. Denn hie und da hatten die Kritiker der Maßnahmen halt doch recht.

Auch sonst bleibt die Bilanz von Schwarz-Grün mager. Auf welchen Bereich auch immer man hinblickt:

  • auf die Instrumentalisierung der Strafjustiz durch linksradikale Staatsanwälte (und deren zynisches Herumtrampeln auf den Menschenrechten ihrer Opfer);
  • auf den neuerlichen dramatischen Anstieg der Migrantenzahlen im Vorjahr (auch wenn man dazusagen muss, dass diese Invasion im laufenden Jahr gegenüber 2022 wieder etwas eingebremst worden ist, und dass sich die Lage in Deutschland viel schlimmer entwickelt hat);
  • auf das völlige Fehlen von echten Reformen beim Pensionssystem (was sowohl für die Rettung der Staatsfinanzen, für die Psyche der Älteren wie auch den mittlerweile in wirklich allen Bereichen explodierenden Personalmangel wirtschaftspolitisch das Wichtigste wäre);
  • auf den weiteren steilen Qualitätsverlust der Universitäten (die sich mehr ideologischen Schwachsinnigkeiten wie dem Gendern oder der Lehre vom sozialen Geschlecht als irgendwelchen Leistungen in Lehre oder Forschung gewidmet haben – wobei bei der Forschung allerdings als erfreuliche Ausnahmen die Technische Universität, wo auch zwei Nobelpreise die Leistung beweisen, die Medizin und die Montanistik herauszuheben sind).
  • auf die Tatenlosigkeit gegenüber den Klebeterroristen.
  • auf die Tatenlosigkeit gegenüber den Unterstützern des Hamas-Terrors.

Diese flaue Bilanz kann man durch so gut wie alle Bereiche der Politik weiterdeklinieren.

Vor allem aber fehlt der schwarz-grünen Koalition jede große Erzählung, wofür sie eigentlich gut ist, wofür wir sie brauchen sollten. Der Gesamteindruck erinnert stark an die rot-schwarzen Koalitionen. Sie wollen beide zwar gestalten – aber eben ganz anders gestalten als der Regierungs-"Partner". Die Formel vom "Besten aus zwei Welten" klingt mehr nach PR-Agentur als nach einem gemeinsamen Impetus. Das "Beste aus zwei Welten" hat sich in der wirklichen Welt als die ständige Kollision zweier überhaupt nicht zusammenpassender Welten herausgestellt.

Gewiss: Das war vom ersten Tag an vorhersehbar gewesen (und das Tagebuch hat – so sei ein wenig eitel gesagt – das Scheitern von Schwarz-Grün auch vom ersten Tag an prophezeit).

Gewiss: Die Herren Nehammer und Kogler samt ihren Transmissionsriemen ins Parlament haben sich fleißig und tapfer bemüht. Aber es konnte natürlich auch ihnen nicht gelingen, aus einer von Anfang an absurden Konstellation etwas Sinnvolles zu machen.

Diese Konstellation geht auf die Fehlentscheidung des Sebastian Kurz zurück, die Koalition mit der FPÖ durch eine mit den Grünen zu ersetzen. Sie hatte die fatale Folge, dass Herbert Kickl – dessen Person ja Auslöser für die Entscheidung von Kurz gewesen ist, die Koalition abzubrechen – seither von biblischem Hass und Rachegelüsten gegen die ÖVP angetrieben wird. Das ist zwar psychologisch nachvollziehbar, das ist aber letztlich ein Verhalten, das nur zu einem führen dürfte: dass die FPÖ auf viele weitere Jahre auf der Oppositionsbank angenagelt bleibt. Dort kann sie zwar gute Wahlergebnisse erzielen – aber eigentlich sollte man annehmen, dass eine Partei irgendwann auch regieren, irgendwann etwas verändern und sich nicht nur in Rachefeldzügen zerfransen will.

  • Dabei ist völlig klar: In Österreich gibt es seit Bruno Kreiskys Zeiten immer eine Mehrheit rechts der Mitte.
  • Dabei funktionieren von den Gemeindestuben über die Wiener Bezirksvertretungen bis zu den diversen Landesregierungen die Dinge zwischen Schwarz und Blau sehr gut. Sie denken in vielem gleich und wollen Ähnliches.
  • Dabei funktioniert etwa in Italien – dem europäischen Land mit den weitaus meisten Regierungskrisen – eine vergleichbare Rechtskoalition sehr gut.

Warum ist das nicht auch auf österreichischer Bundesebene möglich? Oder sind die gegenseitigen Attacken vor der Wahl am Ende nur Taktik, um dann nach der Wahl zusammenzufinden?

So, wie es im Winter 1999/2000 der Fall gewesen ist, als monatelange Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ gescheitert waren und ÖVP und FPÖ dann – wider einen strampfenden Bundespräsidenten, wider einen hasssprühenden ORF, wider eine sich selbst überschätzende Kronenzeitung – eine der zumindest eine Zeitlang erfolgreichsten Regierungen der Republik gebildet haben.

So, wie es schon lange in Oberösterreich sehr konstruktiv der Fall ist.

So wie es in Salzburg ohne Konflikte der Fall ist.

So, wie es zumindest seit einem Dreiviertel Jahr in Niederösterreich sehr harmonisch der Fall ist – obwohl sich vor der Wahl die jeweiligen Parteispitzen von ÖVP und FPÖ gegenseitig als inakzeptabel hingestellt haben.

Übertriebener Streit vor der Wahl ist jedenfalls ein gefährliches Spiel, wenn man nachher zusammenfinden will. Aber die Hoffnung lebt. Auch wenn wir alle wissen, welcher Hass, wie viel Gift nachher wieder von ORF & Co gegen Schwarz-Blau versprüht werden wird.

Aber jenseits des Journalistengebells wäre es ganz eindeutig für das Land sehr gut, wenn die ÖVP die Außen-, Gesundheits- und Wirtschaftspolitik ungehindert in die Hand bekäme und dort eine klar prowestliche, verantwortungs-, stabilitäts- und wachstumsorientierte Politik machen könnte; und wenn sich die FPÖ mit ihren Zentralpunkten durchsetzen – oder zumindest entscheidende Denkanstöße geben könnte, die im Dialog konstruktiv aufgegriffen werden. Die da wären:

  • direkte Demokratie; 
  • Stopp mit allem Zwangsgendern in öffentlichen Institutionen;
  • Vorrang für normale Familien;
  • ein Aus für ORF-Zwangsgebühren;
  • Strafrechtsreformen, die jedes Schlupfloch für Bestechungsinserate stoppen:
  • den Mut, Staatsanwälte zur Haftung heranzuziehen, wenn sie Unschuldige jahrelang verfolgen;
  • Engagement für eine Beendigung aller Einschränkungen der Meinungsfreiheit insbesondere auf EU-Ebene;
  • und Abwendung von den Klimapanik-Schikanen.

Man wird ja noch träumen dürfen. Vor allem dann, wenn sich das "Beste aus zwei Welten" als ein Albtraum erwiesen hat.

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