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Wenn am Samstag in Sölden die neue Saison im alpinen Ski-Weltcup beginnt, dann feiert das ehemals arme Bergbauerndörfchen im Tiroler Ötztal auch das 30-Jahr-Jubiläum der Gletscherrennen im Skizirkus. Doch zum Feiern ist den Verantwortlichen dieser Tage nicht wirklich zu Mute – sind sie doch ins Fahrwasser einer immer heftiger und immer unsachlicher werdenden Klimaschutzdiskussion gerissen worden, die nicht bloß die Rennen am Rettenbachferner, sondern Skifahren als Ganzes in Frage stellt. Und die Skifahrer, so nüchtern muss man das feststellen, sind an dieser Positionierung als High-End-Klimasünder wirklich selbst schuld.
Denn anstatt sich robust und mit unzählig vorhandenen guten Argumenten aus der Diskussion rauszuhalten und die durchaus vorhandenen Problemfelder selbstbewusst unter ihresgleichen voranzutreiben, üben sich die Repräsentanten des Skisports in einer Art Selbstgeißelung. Ganz so, als sei die von Klimafanatikern verbreitete These, wonach die alpine Wintersportindustrie mit ihrem verschwenderischen Tun den eigenen Sport zerstöre, indem das von den eigenen zwei Brettern aufgeheizte Klima den Schnee vollends wegschmelzen ließe, auch nur annähernd richtig. Und dass sich nur mit einer radikalen Umkehr, sprich: einer Verschlankung des Wettbewerbs, einer klimafitten Schrumpfkur, einem Ergrünen des weißen Sports, Schnee und Menschheit retten ließen.
Immer zahlreicher werden die Flagellanten aus den eigenen Reihen – und zwar sind es meist Ex-Rennfahrer wie der Bayer Felix Neureuther, die sich "Sorgen machen" oder ein "radikales Umdenken" verlangen, und die – natürlich fern der Berge – von den urbanen Medien liebend gerne vor den Vorhang geholt werden. Denn den linksurbanen Eliten, die die Liebe zu Schnee, Bergen oder Wintersport gleichsam als präfaschistoides Vergnügen auffassen, wäre es ohnedies am liebsten, würde Skifahren wenn nicht gänzlich verboten, dann wenigstens mit einer saftigen Luxussteuer (zur Umverteilung an die Armen) versehen.
Hat sich vor ein paar Tagen ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer noch mutig der Kritiker-Phalanx entgegengestemmt und etwa den rot-weiß-roten Abfahrer Julian Schütter kritisiert, der bisher im Weltcup einzig durch seine missionarische Klimaschutzinitiative aufgefallen ist ("Der Julian muss sich über kurz oder lang auch die Frage stellen, ob sein Beruf, sprich Sportler, mit seiner Ideologie übereinstimmt und kompatibel ist"), so scheint er tags darauf von der in der Öffentlichkeit selten sattelfesten ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober – Liebling der linken Medien – zurückgepfiffen worden zu sein. Da ist plötzlich von einer Klima-Task-Force die Rede, der unbequeme Köpfe wie Neureuther angehören sollen. Es brauche "notwendige Veränderungen" und "wir müssen uns anpassen", tönt Scherer nun.
Damit haben die Klimapaniker, die vor dem Saisonstart in Sölden mit einer miesen Kampagne den Veranstalter zu diskreditieren versucht haben, auf allen Längen gewonnen. Sukkus: Der Skisport muss sich anpassen und wir sagen ihm, wie er das zu tun hat!
Offenbar hat Herr Scherer, obwohl er es als Tiroler eigentlich besser wissen müsste, vollkommen vergessen, dass sich der Skirennsport immer schon angepasst hat und absolut willens ist, dies auch fortan zu tun. So sind die unzähligen Innovationen im alpinen Rennsport immer schon dem Breitensport respektive der Allgemeinheit zugutegekommen. Andernfalls würden heute noch alle auf unfahrbaren Latten und ohne Sicherheitsnetze wie Franz Klammer anno 1976 am Patscherkofel zu Tale rutschen. So hat Kitzbühel bereits 1983(!) Schneekanonen eingesetzt und damit eine Technologie vorangetrieben, die heutzutage immer besser, immer energieeffizienter wird und bei immer höheren Temperaturen funktioniert. Überdies wurden die Hahnenkammrennen deutlich öfter wegen zu viel, denn zu wenig Schnee abgesagt – so viel zum Thema Klimawandel und Schneearmut.
Die schon vor 30 Jahren von den Grünen propagierte ökologische Katastrophe durch den Kunstschnee samt Versiegen der alpenländischen Quellen ist übrigens bis dato auch nicht eingetreten (wie die meisten anderen ihrer Prophezeiungen auch).
Ebenso wurden die Seilbahnen – sie sind außer dem Kunstschnee der zweite Hauptkritikpunkt an der Skiindustrie – immer energiesparender; auch deshalb, weil alte Anlagen sukzessive durch moderne ersetzt wurden. Sie bilden letztlich auch die nötige Infrastruktur für alpinen Ganzjahrestourismus im heraufbeschworenen schneelosen Zeitalter – von E-Bikes, Bike-Trail-Parks bis hin zur Sommernutzung der Kunstschnee-Speicherseen (Letztere bilden überdies ein enormes Reservoir für künftige Pumpspeicherkraftwerke).
Dass fallweise bei Gondel-Neubauten in Landschaftsbilder eingegriffen wird, ist natürlich ein großes Thema, muss aber ganz abseits von der Klimahysterie diskutiert werden – zumal jene, die Seilbahnen stoppen wollen, nichts dabei finden, wenn Bergrücken stattdessen mit riesigen Windrädern zubetoniert werden (und diese insbesondere von widerspenstigen Ländern wie Tirol und Salzburg offensiv einfordern). Gerade dieses Beispiel zeigt die große, große Heuchelei in der Ski-Debatte, in der sich nun just Klimaschutzministerin Leonore Gewessler eingemischt hat, indem sie lamentiert hat: "Da ist es für mich unverständlich, warum man auf Biegen und Brechen an einem Ski-Start im Oktober festhalten muss, weil das versteht wirklich keiner, warum jetzt in diesem Umfeld auf den letzten Gletscherresten schon Ski gefahren werden muss."
Kein Wort davon, dass die Söldener damit den von den Grünen zu Heiligtümern erklärten Gletschern (die offenbar unberührt bleiben mögen) sogar helfen, länger zu existieren: Mit extra angelegten Schneedepots aus dem Vorjahr und frisch produziertem Kunstschnee wurde der zerklüftete Rettenbachferner neu modelliert und auf ihm eine Piste hingezaubert – alles unter dem strengen Auge der Naturschutzbeamten. Und kein Wort davon, dass der Weltcupstart heuer schon eine Woche nach hinten verlegt worden ist, weil man erkannt hat, dass die gut einmonatige Lücke zwischen Sölden und den nächsten Weltcuprennen zu groß ist. Wobei allerdings eine Verlegung in den November laut den Veranstaltern viel zu unsicher wäre, weil es dann auf 3350 Metern Seehöhe wettertechnisch ganz schön ungemütlich werden kann (im Gegensatz zum Oktober).
Man kann natürlich über die grundsätzliche Idee des Gletscherauftakts gerne diskutieren – ob nämlich das von der Skiindustrie gewünschte Startsignal in den Winter marketingtechnisch wirklich der Weisheit letzter Schluss ist oder ob die Ouvertüre erst dann erfolgen sollte, wenn sich auch unten im Tal der erste Rauhreif auf die grünen Wiesen legt. Aber es ist völlig irrelevant für das künftige Klima, ob nun im Oktober in Sölden oder erst Ende November am Polarkreis im finnischen Levi gefahren wird.
Eine österreichische Ministerin sollte froh sein, wenn Sölden im Blickpunkt der Sportöffentlichkeit steht und hernach Touristen aus der ganzen Welt die heimischen Skipisten bevölkern. Frau Gewessler scheint es aber offenkundig deutlich lieber zu sein, wenn sich der Wintertourismus ganz verzupft, die Tiroler wieder zu verarmten Bergbauern werden und dem Staatssäckel die Tourismus-Milliarden wegbrechen, weil nur so das Land seine sogenannten Klimaziele erreicht und nur so das von den Grünen prophezeite Verbrutzeln des Erdballs zu verhindern ist.
Im Ernst: Der Skisport (auf Profi- wie Breitenebene) ist keinesfalls der große Klimasünder, als der er dargestellt wird. Oder hat schon jemand den Fußball als Ganzes in Frage gestellt – mit seinen stromfressenden Flutlichtmasten, den opulenten Stadionbauten, den bewässerungsintensiven Rasenplätzen, den Spieler- und Fanmassen-Bewegungen zu Erde und in den Lüften, den anfallenden Müllbergen im Zuge der Matches und einer Weltmeisterschaft auf drei(!) Kontinenten.
Solche Gesamtrechnungen ließen sich für alle Sportarten anstellen – und keine einzige könnte da in den Augen von Klimafanatikern die Absolution bekommen (hinsichtlich Volkswirtschaft und -gesundheit freilich allemal). Nur bei den Skifahrern gibt es eben eine riesengroße Lust, den eigenen Sport schlechter zu machen, als er ist, und in den Chor der Klima-Sekte und Ski-Hasser miteinzustimmen. Die Ski-Scham grassiert selbst schon bei den (Ex-)Profis – und wie!
Dabei ist die Saison – im Vergleich zum Ganzjahressport Fußball – bekanntlich extrem kurz und endet schon wieder Mitte März (womit die Belastung für den Planeten limitiert ist). Ein Slalomspezialist etwa kommt heuer nur auf 13 Einsätze, muss aber genauso das ganze Jahr trainieren. Die Saison stattdessen im Frühjahr zu verlängern, wie gerade auch aus der Politik zu vernehmen ist, wäre aber die dümmste Idee überhaupt: Denn viele lieben zwar den Frühlingsskilauf, den Fahrern televisionär dabei zusehen, mögen dann aber doch die wenigsten. Daher hat der Winterauftakt Ende Oktober bei einstelligen Temperaturen unter dem städtischen Hochnebel sicher mehr Berechtigung als ein Saisonausklang im April bei Frühlingssonne und 25 Grad. Zumal dann die Klimafanatiker noch lauter schreien würden.