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In diesem Winter wird die "Spezialoperation" des Wladimir Putin gegen die Ukraine in ihr drittes Jahr gehen. Trotz Hunderttausender Opfer auf jeder Seite, trotz unermesslicher Zerstörungen, deren Ausmaß nur noch durch die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs übertroffen werden, trotz schlimmer globaler Folgen von der Ernährungs- bis zur Wirtschaftskrise ist auch nach diesem Winter kein Ende, kein Sieg einer der beiden Seiten zu erwarten. Dennoch stehen jetzt schon ganz eindeutig die zwei großen Sieger fest. Diese beiden Sieger sind aber fast genauso beklemmend, wie wenn der militärische Imperialismus Putins in Nachfolge eines Napoleon Bonaparte oder Adolf Hitler freie Bahn bekommen würde.
Erster Sieger des Ukraine-Krieges ist eindeutig die islamische Welt. Und zweiter ist China.
Den Erfolg der islamischen Welt sieht man am deutlichsten an zwei Schauplätzen: in Armenien und am Golf.
Armenien hat nun endgültig die Auseinandersetzung um die armenische Enklave Berg-Karabach in Aserbaidschan verloren. Die islamisch-türkischen Aseris haben die christlichen Armenier besiegt. Punkt.
Diese bittere Erkenntnis wird in den Medien gerne hinter der Floskel eines Waffenstillstandes verborgen. Diese Floskel kann aber in Wahrheit die bittere Realität nur auf der Ebene des diplomatischen Gewäschs verdecken (so, wie die amerikanische Niederlage einst im Vietnamkrieg auch als "Waffenstillstand" verkauft worden ist). Die Armenier selber wissen ganz genau, dass sie den Krieg verloren haben, dass die armenische Bevölkerung von Berg-Karabach vor einer bitteren Alternative steht: Entweder verlassen sie ihre Heimat oder sie lassen sich von Aserbaidschan entrechten und ihrer seit Jahrhunderten bestehenden ethnischen Identität entblößen. Ein Drittes gibt es nicht. Daran können auch armenische Massendemonstrationen gegen die eigene Regierung nichts ändern, die diese Niederlage eingestehen hat müssen.
Die Gründe der Niederlage sind eindeutig:
Das alles ist zutiefst traurig – auch weil Armenien eine der ältesten und eindrucksvollsten christlichen Kulturen ist. Das ist doppelt traurig, weil der Ukraine-Krieg nicht nur der Türkei und Aserbaidschan genutzt hat, sondern auch noch einer dritten islamischen Macht: nämlich dem Iran.
Dieses Land liegt strategisch ungemein wichtig: Es grenzt unter anderem an die Türkei, an Armenien, Aserbaidschan und Afghanistan. Der Mullah-Staat kann offensichtlich durch eine Kooperation mit Russland zunehmend erfolgreich die internationalen Sanktionen umgehen und sein Basteln an der Atombombe fortsetzen. Es beliefert Russland mit Waffen, vor allem Drohnen und Artilleriemunition.
Zweiter Sieger des Krieges ist China. China bekommt jetzt jede Menge billiger Energie aus Russland. Das Land ist in der Rangordnung der Internationale der Diktaturen zur Nummer eins aufgestiegen. Das politische Kräfteverhältnis zwischen den beiden Mächten hat sich total umgekehrt. Putin ist heute abhängig vom Wohlwollen des chinesischen Herrschers Xi. China wiederum kann damit seine eigenen Schwächen kompensieren.
Diese sind ja in den letzten Jahren eskaliert: Das hierzulande kaum beachtete Krachen der chinesischen Immmobilienbranche ist eine der größten wirtschaftlichen Pleiten der Weltgeschichte; die chinesische Demographiekurve zeigt eine ähnlich gefährliche und lähmende Überalterung wie die Europas; zunehmend werden internationale Investitionen und Handelsvereinbarungen aus China abgezogen und anderswohin verlegt, etwa nach Indien, nach Vietnam, nach Afrika, nach Mexiko; die Jugendarbeitslosigkeit ist steil gestiegen; letztlich zeigt sich (wieder einmal), dass eine erfolgreiche Marktwirtschaft nur in einem funktionierenden Rechtsstaat dauerhaft funktionieren kann und nicht in einer Gesellschaft, wo der Staat, Parteifunktionäre und damit die Korruption das letzte Wort haben.
Was fast noch dramatischer ist als die politstrategischen Zugewinne für die islamische Welt und China durch den Ukraine-Krieg: Auf der anderen Seite ist die Geschlossenheit der westlichen Welt porös geworden. Das zeigt sich ebenfalls mehrfach.
In Polen, dem bisher stärksten Unterstützer der Ukraine, wirkt sich der massenhafte Zustrom ukrainischen Getreides (das jetzt auf dem Landweg transportiert werden muss, weil die Russen das Schwarze Meer blockieren) als gefährliche Konkurrenz aus. Die polnischen Agrarpreise sind dadurch unter Druck gekommen. Das empört die polnischen Bauern. Und das gefährdet wiederum die Wahlaussichten der gegenwärtigen Regierungsparteien bei den im Oktober bevorstehenden Wahlen. Was jetzt wiederum Warschau dazu veranlasst hat, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu stoppen.
Das ist dramatisch, auch wenn immer schon klar war: Nur die gemeinsame Angst vor und Aversion gegen Russland hat die beiden Völker zusammengeschmiedet, die an sich ja durchaus alte Ressentiments gegeneinander haben, die auch im alten Galizien des Habsburgerreiches mit seinen Rivalitäten zwischen ruthenischer, polnischer und jüdischer Bevölkerung bekannt gewesen sind.
Es ist jedenfalls ganz eindeutig ein schweres Versagen der EU, dass sie trotz aller Klagen der Polen über die Getreidepreis-Krise in dieser Frage bisher nichts unternommen hat. Sie hätte ja nur organisieren und garantieren müssen, dass die Züge mit ukrainischem Getreide durch Polen bloß durchfahren und erst in großen Häfen entladen werden dürfen, von wo aus wie früher von Odessa aus der Weltmarkt zu bedienen wäre. Aber wiederum hat die EU geschlafen, sich mit absurden Scheinproblemen wie dem Führerscheinentzug für ältere Europäer befasst und wohl auch der ungeliebten polnischen Regierung eines auswischen wollen.
Jetzt hat sie den Salat eines ukrainisch-polnischen Konflikts. Der ist das letzte, was Europa jetzt gebraucht hat.
Dabei ist die so wichtige Unterstützung für die Ukraine ohnedies schon durch mehrere andere Entwicklungen bedroht: