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Bei Umfragen in Deutschland liegt die AfD jetzt erstmals schon bei 23 Prozent. Sie ist der Spitzenreiterin CDU/CSU sehr nahe gerückt, die Schwankungsbreiten überlappen sich. In Österreich liegt die ziemlich ähnlich positionierte FPÖ mit noch besseren Werten sogar schon seit längerer Zeit überhaupt an erster Stelle. Auch innerparteiliche Turbulenzen bei beiden Aufsteigerparteien können diesen Trend nicht stoppen. Denn diese als rechtspopulistisch bezeichneten Gruppierungen können derzeit fast keinen Fehler machen, der größer wäre als die Fehler und Streitereien der anderen, welche ihnen immer neue Wähler zutreiben. Dabei ist der Grund ihrer Erfolge ganz eindeutig.
Diese Erfolge werden durch die innerlich zerrissenen Reaktionen der einzigen Konkurrenz zu AfD und FPÖ noch verstärkt. Sie sind nur als giftige Mischung zwischen Zickzack und "Jein" zu bezeichnen.
In Deutschland ist CDU-Parteichef Friedrich Merz nicht nur, wie vorauszusehen gewesen, von Linksparteien und Medien, sondern auch innerparteilich in der Luft zerrissen worden, weil er davon gesprochen hat, dass er auf Gemeindeebene eine Kooperation mit der AfD für zulässig hält. Als Tribut an die in den Medien dominierende Linke, aber auch an den Merkel-Flügel in der CDU hat er dabei in vorweggenommenem Gehorsam ohnedies gleich beteuert, dass er auf Bundes- und Landesebene eine solche Kooperation nach wie vor ausschließt. Dennoch haben sofort zwei Landeschefs der Union, die auf striktem Anti-AfD-Kurs reiten, die aber vor allem insgeheim statt Merz nächster Kanzlerkandidat der Union werden wollen, öffentlich gegen die vorsichtigen Öffnungsversuche von Merz protestiert. Das waren die Ministerpräsidenten Markus Söder aus Bayern und Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen. Sie beriefen sich auf die seit Merkel gültige Beschlusslage innerhalb der Partei, die jede Kooperation mit der AfD ablehnt.
Darauf hat Merz sofort einen totalen Rückzug von seinem ohnedies vorsichtigen Schritt gemacht und so getan, als ob er diese kommunale Kooperation nie als möglich bezeichnet hätte, als ob er eh immer total Nein zur AfD gesagt hätte. Dieser verlogene Zickzack war grenzenlos peinlich und hat Merz persönlich zwangsläufig schwer geschadet. Aus der kurzfristigen CDU-Lichtgestalt ist endgültig eine mehr als traurige Gestalt geworden.
Nur scheinbar anders geht es in der ÖVP zu. Dort gibt es zwar keine offizielle innerparteiliche Beschlusslage, aber ebenfalls einen innerparteilichen Flügel, der von der Verteufelung der FPÖ durch Medien und Linksparteien angesteckt worden ist, obwohl die Mehrheit der eigenen Wähler das ganz anders sieht. Das hat zu einer ähnlich schizophrenen Reaktion des schlecht beratenen Parteiobmanns Karl Nehammer geführt.
Nehammer versucht die innenpolitische Gretchenfrage neuerdings dadurch zu beantworten, dass er die FPÖ von ihrem Parteiobmann Kickl trennt. Kooperationen mit der FPÖ seien möglich, aber nicht mit Kickl. Das ist jedoch absurd. Keine Partei lässt sich ihren Obmann von außen abschießen. Mit seiner Argumentationslinie hat ihn Nehammer nur noch fester an der Parteispitze einbetoniert.
Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Verhalten Kickls, das Nehammer zum Anlass seines Neins zu Kickls genommen hat, ebenso absurd ist. Kickl hat nämlich gegen Österreichs Teilnahme beim Aufbau eines gesamteuropäischen Systems zur Abwehr ballistischer Raketen agitiert. Die ist angesichts der Entwicklung der modernen Kriegsführung dringend notwendig. So ein System könnte von Österreich im Alleingang nie bewerkstelligt werden. Kickls Nein dazu ist also alles andere als ein Beitrag zur Sicherheit Österreichs. Diese Absage ist ganz offensichtlich von Kickls schon mehrfach gezeigten Sympathien für Russland getragen. Sie kostet die FPÖ aber viele Sympathien unter den Offizieren, von denen ja ein überdurchschnittlicher Teil bisher FPÖ-nahe war.
Zurück zu den Ähnlichkeiten der Reaktion der einst so großen bürgerlichen Parteien Deutschlands und Österreichs CDU und ÖVP auf die rechts von ihr in die Höhe geschossenen Parteien. Bei allen skizzierten Unterschieden ist diese Reaktion im Grund sehr ähnlich, ob man sie nun als Zickzack oder als "Jein" beschreibt. Sie kommt bei den Wählern, die oft ein Gefühl für das Wesentliche haben, jedenfalls als klares Nein an.
Was man aber bei diesen beiden derzeit von jedem politpsychologischen Gespür völlig freien christdemokratischen Parteien nicht begreift: Damit haben sie sich selbst ins eigene Knie geschossen. Ein Nein zu AfD oder FPÖ bringt ihnen keinen Wähler zurück, sondern treibt nur noch weitere Stimmbürger zu den Rechtspopulisten.
Dabei müsste zumindest die ÖVP aus eigener Erfahrung wissen: Sie ist erstens schon in drei Bundesländern eine Koalition mit der FPÖ eingegangen; und diese Koalitionen funktionieren. Zweitens sollte die ÖVP noch in Erinnerung haben: Sie ist in den letzten Jahrzehnten immer dann am erfolgreichsten gewesen, wenn sie offen für ein Bündnis mit der FPÖ gewesen ist. Zwar werden diese Erfolgsphasen in der zur Personalisierung neigenden Sichtweise der Partei auf die herausragenden Parteichefs Schüssel und Kurz zurückgeführt. Aber in Wahrheit gehen deren Erfolge zu einem Großteil auf ihre Offenheit zu einer Koalition mit der FPÖ zurück.
Dennoch verhält sich auch die heutige ÖVP nicht schlauer als die CDU, die bisher nicht solche Erfahrungen gesammelt hat. Das ist in beiden Fällen bedauerlich für diese Parteien. Das ist hilfreich für das weitere Wachstum von FPÖ und AfD.
Aus einem klaren Grund: Damit sind Stimmabgaben für AfD beziehungsweise FPÖ die klarste, die einzige Möglichkeit, Nein zur Linken zu sagen. Und genau das ist der weitaus stärkste Antrieb, warum jemand überhaupt eine Partei rechts der Mitte wählt. Aus einer Vielzahl von Gründen:
In all diesen Punkten sind einander – trotz aller Differenzen in Detailfragen –CDU/ÖVP und AfD/FPÖ inhaltlich viel näher als eine von ihnen irgendeiner der Linksparteien, ob Rot, ob Grün, ob Dunkelrot. Und vor allem die Wähler sind einander viel näher.
Solange daher CDU wie ÖVP sagen, wir werden aber dennoch mit einer Linkspartei koalieren, werden immer mehr ihrer Wähler sagen: Dann wählen wir halt jene Partei, die das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht tun wird (auch wenn es 2019 ein seltsames Techtelmechtel Kickl-Rendi gegeben hat).
Es gibt freilich auch zwei Punkte, wo es im Substantiellen Differenzen zwischen ÖVP/CDU und FPÖ/AfD gibt.
Das sind gewiss Punkte, die bei eventuellen Koalitionsverhandlungen schwierig werden. Apriori-Festlegungen sind da jedoch Killerargumente. Jedoch: Gegenüber SPÖ oder den Grünen gibt es ein Dutzend Mal so viele Meinungsverschiedenheiten.
Jedenfalls kann eine sachliche Differenz in einem konkreten Punkt nie ein Grund sein, deswegen gleich den Parteiführer einer Partei mit Quarantäne zu belegen, mit der man sonst durchaus könnte. So ein sachlicher Grund kann geeignet sein, seine Klärung zur Koalitionsbedingung zu machen, aber er ist ungeeignet, von vornherein einem Parteiführer eine generelle Absage zu erteilen.
Und jedenfalls hat Italien, wo es gleich drei Rechtsparteien gibt, gezeigt, dass solche Differenzen überwindbar sind – und dass am Ende, nachdem sie sich im Prinzip geeinigt haben, ausgerechnet jene Partei weit mehr Stimmen als die Russenfreunde bekommen hat, die weitaus am stärksten Nato- und USA-freundlich ist. Obwohl sie vorher als die am weitesten rechts stehende Partei Italiens verfemt gewesen ist.
PS: Noch eine Anmerkung zur Bezeichnung "rechtspopulistisch" für FPÖ und AfD: Sie dürfte weitgehend stimmen. Nur: Mit genau der gleichen Logik müssten die Sozialdemokraten als "linkspopulistisch" bezeichnet werden. Wer ständig ohne Rücksicht auf ein Morgen Geld ausgeben will, ist zumindest populistisch, wenn man ihn nicht noch viel kritischer bezeichnen will: nämlich als einen, der vorsätzlich in die Krida gehen will. Oder gar als Betrüger, weil er ja mit Geld um sich wirft, das ihm gar nicht gehört.