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Die Mietzinsbremse oder: Das Ende der wirtschaftlichen Vernunft

Na Bravo: Mit der Regierungseinigung auf einen Mietpreisdeckel von fünf Prozent – der also auch bei viel höherer Inflation die jährliche Mietzinsanpassung auf fünf Prozent begrenzt – ist ein weiteres Bollwerk bei der Verteidigung der wirtschaftlichen Vernunft gegen den vor allem linken Populismus gefallen. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die SPÖ noch viel Unsinnigeres verlangt hat, und dass der Deckel nur für drei Jahre gelten soll.

Denn die Erfahrung zeigt, dass populistische Regelungen trotz aller negativen Folgen kaum mehr wegzubekommen sind, wenn sie einmal eingeführt worden sind – auch schon deshalb, weil ja immer irgendwo ein Wahlkampf vor der Türe steht. Man denke nur an den Friedenszins, der im ersten(!) Weltkrieg eingeführt worden ist, der generationenlang für viele wohnungssuchende beziehungsweise Häuser besitzende Österreicher negative Folgen gehabt hat, die nur mühsam und stückchenweise beseitigt worden sind. Hat doch die SPÖ den Friedenszins – also die Tatsache, dass manche Menschen fast gratis große Wohnungen nutzen konnten, die sie gar nicht gebraucht hätten – geradezu militant verteidigt.

Wechsel zum nunmehrigen Regierungsbeschluss: Der gleichzeitig angekündigte Stopp von Gebührenerhöhungen scheint dafür zu sorgen, dass nicht nur die privaten Vermieter von Eigentumswohnungen geschoren und de facto teilenteignet werden, sondern dass auch die öffentliche Hand Opfer bringen muss. Nur: Die meisten Gebühren werden von Ländern und Gemeinden eingehoben, für die der Bund keine direkten Gesetze machen kann. Daher ist das, was die Regierung jetzt verkündet hat, ein bloßer Appell ohne Rechtsfolgen.

Rechtlich könnte der Bund Länder und Gemeinden nur über ein Verfassungsgesetz zu einem Gebührenstopp zwingen. Die SPÖ wird aber Schwarz-Grün mit Sicherheit nicht die nötigen Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit geben, da ja die Gemeinde Wien der weitaus größte Gebührentreiber im Lande ist. Und bei der FPÖ kann man darauf tippen, dass sie an eine Zustimmung Bedingungen knüpfen wird, die wahrscheinlich für die Grünen schwer verdaulich sein werden (etwa, dass die Mietpreisbremse nur für Inländer als Mieter gelten soll).

Also ist durchaus zu befürchten, dass zwar für die privaten Wohnungsvermieter die Teilenteignung kommt, hingegen die Gemeinden ungeschoren bleiben. Es sei denn, die ÖVP bleibt wenigstens dann hart und sagt dann doch noch zur Mietzinsbremse Nein, wenn der Gebührenstopp keine Zweidrittelmehrheit bekommt. Was aber irgendwie überraschen würde.

Gewiss kann sich die Regierung zugutehalten, dass sie noch um Kilometer näher bei der wirtschaftlichen Vernunft ist als die SPÖ, die überhaupt das Einfrieren der Mieten auf drei Jahre fordert, obwohl gleichzeitig Gehälter und Pensionen mit oder über der Inflationsrate steigen. Die SPÖ-Forderungen wären daher nicht nur die schlimmste Umverteilung der letzten Jahrzehnte, sondern auch fast schon eine Gesamtenteignung.

Gewiss gibt es auch vage Hoffnungen, dass sich die Inflation von derzeit 7 Prozent weiter reduziert und dass daher die 5-Prozent-Grenze ohnedies irrelevant wird. Aber wissen kann es vorerst niemand, ob nicht irgendwo in der Welt ein neuer wirtschaftlicher Schock wie die russische Invasion und ihre Folgen passiert, ob die Gewerkschaften bei der Lohnrunde Zurückhaltung üben, also nur die Kompensation der im Inland ausgelösten Preiserhöhungen verlangt, und ob die Europäische Zentralbank die Kraft hat, am Weg der Vernunft festzuhalten, den sie in den letzten Monaten – endlich – eingeschlagen hat.

Abgesehen von diesen Hoffnungsaspekten sind beim Regierungsbeschluss nur Unsinnigkeiten zu vermerken:

  1. So kommt es nicht zu einer Abschaffung der Grunderwerbssteuer, obwohl die ÖVP dies eigentlich als politische Gegenleistung für einen Eingriff bei den Mieten gefordert hatte. Eine solche Abschaffung hätte die Schaffung von Eigentum gefördert und wäre vor allem außerhalb der großen Städte sehr wichtig gewesen.
  2. So gibt es weiterhin keinerlei Beschlüsse, all jene überflüssigen und oft schikanösen Faktoren in Regulierungen und Bauordnungen zu reduzieren, die Bauen und damit Wohnen teuer gemacht haben – für Mieter wie Eigentümer.
  3. So wurde von der Koalition sogar angekündigt, nach einer Verfassungsmehrheit zu suchen, die auch in die bisher freien Verträge eingreift, und nicht "nur" in Kategorie- und Richtwertmieten. Ein solcher weiterer massiver Bruch der Vertragsfreiheit rückt Österreich noch mehr in die Nähe des einstigen "Realsozialismus", also des Kommunismus mit allen negativen wirtschaftlichen Folgen.
  4. So sind zwar auch die Genossenschaften von der Mietpreisbremse erfasst, aber weiterhin wird der Skandal nicht angegriffen, dass die oft parteipolitisch kontrollierten Genossenschaften an einem Mieter regelmäßig weit mehr verdienen, als der Bau seiner Wohnung kostet. Dabei wäre es jetzt die beste Gelegenheit, dieses Spielgeld der Genossenschaften zu limitieren.
  5. So gibt es keine Initiative zum Bau von mehr Wohnungen, die ganz automatisch zu einer Senkung der Mieten geführt hätte.

Für jene, die solche Eingriffe in den Wohnungsmarkt irgendwie gut finden, sei noch einmal festgehalten, warum sie in Wahrheit nur kontraproduktiv sind:

  1. Wenn sich der Mietzins vom Marktpreis entfernt, dann werden Wohnungen seltener vermietet. Das verschärft den Wohnungsmangel. Ist doch jede Vermietung für den Wohnungsbesitzer ohnedies jetzt schon ein Risiko und eine aufwendige Belastung.
  2. Zusätzlich sind Wohnungseigentümer erst vor ein paar Monaten durch die Änderung des Maklergesetzes zusätzlich schwer belastet worden, da sie deshalb jetzt bei der Vermietung einen satten Betrag für den Makler zahlen müssen.
  3. Daher werden noch mehr Österreicher als bisher Wohnungen lieber horten und sie leer stehen lassen (oder sie nur pro forma an gar nicht dort lebende Angehörige "vermieten"), bis in etlichen Jahren die Kinder, Neffen oder Enkel eine Wohnung brauchen.
  4. Noch schlimmer ist, dass durch solche Restriktionen das Interesse von Unternehmen und Sparern (siehe etwa die einst florierenden Investitionen in Vorsorgewohnungen) deutlich reduziert wird, neuen Wohnraum zu schaffen. Wenn Teilenteignungen drohen, steckt niemand mehr sein Geld in den Wohnbau.
  5. Mit Sicherheit wird es auch bald wieder marktüblich werden, illegale Ablösen zu zahlen, um an eine Wohnung zu kommen.
  6. Mit ebenso großer Sicherheit werden auch die Investitionen in den Erhaltungszustand eines Mietshauses abnehmen.

Den "Nutzen" solcher Mietzinsbremsen kann man so zusammenfassen: Sie nützen zwar auf die nächsten Jahre jenen, die jetzt schon eine Mietwohnung haben; sie schaden aber nicht nur den Eigentümern von Wohnungen und Häusern, sondern vor allem auch all jenen, die künftig eine Mietwohnung suchen, also meist den jungen Österreichern, die eine Familie gründen wollen.

Wohin das alles führt, hat man einst sehr anschaulich in Osteuropa nach dem Krieg sehen können: Da wollten die Machthaber auch sozial sein und haben die Mieten gesenkt oder eingefroren. Das Ergebnis: Ein Großteil der Häuser ist gegen Ende des Kommunismus desolat, ja abbruchsreif gewesen; und junge Familien hatten zehn oder fünfzehn Jahre auf eine Wohnung warten und sich in dieser Zeit samt Kindern auf einen Raum in der Wohnung ihrer Eltern reduzieren müssen.

Aber offenbar sind alle Lehren der Vergangenheit vergessen und umsonst gewesen, wenn Parteien glauben, mit Mietzinspopulismus Wähler gewinnen zu können.

PS: Es ist schon erstaunlich, dass in der ganzen Diskussion um Mangel am Wohnungsmarkt nirgendwo der Hauptfaktor erwähnt worden ist: Das ist die Masseneinwanderung. Nur eine Zahl: Binnen zehn Jahren hat sich in Österreich die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund von 1,6 Millionen auf 2,4 Millionen erhöht. All diese 800.000 Menschen wollen naturgemäß irgendwo wohnen. Und diese dadurch rapide steigende Nachfrage treibt ebenso naturgemäß die Preise steil nach oben. Das sollten eigentlich auch österreichische Politiker begreifen. Auch wenn sie ansonsten – übrigens: irrigerweise – meinen, dass mit wirtschaftlicher Vernunft keine Wahlen gewonnen werden können.

PPS: Niemand soll sich vom kolportierten Jubel der sogenannten Wirtschaftsforscher beeindrucken lassen: Diese und ihre Institute sind viel zu sehr von der Politik abhängig, als dass sie jemals offene und direkte Kritik üben würden.

PPPS: Besonders ärgerlich ist die Angst der Regierung vor dem Mietpreispopulismus der SPÖ angesichts der Tatsache, dass die SPÖ in Wien (wo sie ja der weitaus größte Zinskassierer Österreichs ist!) bis heute keinen Mietenstopp durchgeführt hat.  

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