Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Wer bietet mehr für Pogo?

Selten waren die Österreicher in ihren politischen Haltungen so unsicher und volatil wie jetzt. Das zeigt eine Analyse verschiedener Umfrageergebnisse.Überall ist aber dreierlei gleich: Es gibt, erstens,  weiterhin eine Mehrheit rechts der Mitte, also für FPÖ und ÖVP. Es gibt, zweitens, bei der SPÖ nicht die geringste Spur des sonst üblichen "Trainer-Effektes", also einen positiven Aufschwung durch den Antritt eines neuen Parteiobmannes. Drittens aber gibt es eine geradezu sensationelle neue Bedrohung für die gegenwärtigen roten, grünen und pinken Linksparteien, die innerhalb der diversen linken Bobo-Zirkel zu heftigen Intrigen, Mandatsschacher-Angeboten und Parteigründungs-Finanzierungsangeboten führen wird.

Denn das Hajek-Institut hat einmal die Stimmung der Österreicher mit und einmal ohne Antreten der Bierpartei abgetestet. Dabei zeigt sich Erstaunliches: Bei einem Antreten käme die Bierpartei auf 11 Prozent und würde sowohl Grüne wie Neos überholen! Die Bierpartei holt ihre Stimmen ganz überwiegend von den Linksparteien: Je drei ihrer 11 Prozentpunkte stammen von der SPÖ und den Neos, einer von den Grünen; der Rest kommt von den "Sonstigen" und nur ganz marginal von den beiden Rechtsparteien.

Der raketenartige Aufstieg der Bierpartei ist die dramatischste Wendung der letzten Jahre in den österreichischen Wählersympathien. Sie ist nur vergleichbar mit dem Absturz der ÖVP nach dem Abschuss des Sebastian Kurz durch die Zadic-Staatsanwälte.

Zusätzlich ist mehr als erstaunlich, dass die SPÖ entgegen allen Erwartungen, also selbst wenn die Bierpartei nicht antreten sollte, nur von so vielen Österreichern unterstützt wird, wie bei der für sie desaströsen Nationalratswahl 2019. Damit ist geklärt: Andreas Babler bringt den Sozialdemokraten überhaupt nichts, obwohl vor allem der ORF rund um die Uhr Babler- und SPÖ-Festspiele veranstaltet hat, obwohl meistens der Antritt eines neuen Parteichefs bei einer krisengeschüttelten Partei eine zumindest kurze Wählereuphorie auszulösen imstande ist.

Das starke Verlustpotenzial von SPÖ und Neos Richtung Bierpartei bestätigt: Es gibt auf der Linken eine städtische Schicht in den oberen Einkommens- und Bildungsschichten, die zwar aus modischen Gründen jedenfalls links sein will, die aber einerseits mit echten Prolos aus der Provinz und mit Marx-Sprüchen nichts zu tun haben will, denen andererseits die Neos schon fad geworden sind. Daher ist die Bierpartei unter einem witzigen Arzt und Popmusikanten jetzt eine Zeitlang die perfekte Lösung für diese Schicht, die man verkürzt als Bobos (bourgeoise Bohemiens) ansprechen kann.

Für Babler sind die erhobenen Zahlen blamabel; und für die Neos überhaupt existenzbedrohend. Während die Grünen zwar seit den Wahlen massiv verloren haben (von 14 auf 9 Prozent), so überrascht doch, dass sie durch die Bierpartei lediglich einen einzigen weiteren Prozentpunkt verlieren würden. Ebenso stabil hält sich ganz unabhängig von der Bierpartei die seit den Wahlerfolgen in den Städten Graz und Salzburg wieder sichtbar gewordene KPÖ. Für die KPÖ sprechen sich mit und ohne Pogo auf dem Stimmzettel 4 Prozent aus.

Freilich muss die KPÖ wegen etwas anderem bangen: Schafft sie überhaupt den Einzug ins Parlament, dem sie seit über 60 Jahren nicht mehr angehört hat? Dort muss man ja mindestens 4 Prozent (oder alternativ irgendwo ein Grundmandat) erreichen. Bangen müssen jedoch erstmals auch die Neos, die mit 6 Prozent schon recht nahe an diese Grenze abgesunken sind.

Das bedeutet nun zweifellos, dass jetzt bei den Linksparteien rundum Hektik ausbrechen wird. In der SPÖ wird man Babler verzweifelt Trainings verordnen, damit er lernt, wie er vielleicht doch noch bei den Wählern Akzeptanz finden kann, und nicht nur bei den Funktionären. Und gleich mehrere Linksparteien werden dem Herrn Pogo von der Bierpartei überaus verlockende Angebote samt Ministersitz machen (falls es für sie einen zu verteilen gibt). Andererseits wird es Werbung um Hilfsstimmen für KPÖ und Neos geben, damit die ins Parlament hineinkommen.  

Aber selbst wenn  alle Linksparteien ins Parlament kommen sollten und selbst wenn sich wider fast alle derzeitigen Umfragen eine linke Mehrheit ausgehen sollte, wäre das für die Linke nicht sonderlich lustig: Sie müsste eine Koalition aus nicht weniger als fünf Parteien bilden, wo noch dazu etliche schon von Anfang an in Existenznöten sind! Und das in einem Land, wo wir bisher immer nur ein oder zwei Parteien in der Regierung hatten.

Andererseits hat die SPÖ aber die Brücken zur ÖVP abgebrochen. Gleichzeitig sind die Erfahrungen mit Schwarz-Grün für beide Partner negativ, diese Formel ist aber auch unabhängig davon weit und breit von einer Mehrheit entfernt. Und mit den anderen Linksparteien geht sich für die Schwarzen eine Mehrheit schon gar nicht aus. Und für alle Linken sind die Freiheitlichen sowieso Teufelswerk, eine Partnerschaft mit ihnen gilt als unvorstellbar.

Rechts der Mitte gibt es nach den meisten Umfragen der letzten Wochen eine knappe Mehrheit – auch wenn es eine gewaltige Verschiebung von der ÖVP zur FPÖ gegeben hat. Deren Gründe sind hier schon mehrfach analysiert worden. Es ist kaum die Corona-Linie der Blauen, denn ihr Aufstieg hat erst so richtig eingesetzt, als Corona kaum mehr ein Thema war. Es sind ganz eindeutig die Themen Klima-Panik und Trans/Schwulen-Begeisterung. Das eine zerstört den Wohlstand, das andere die traditionelle Familie. Beides geht zwar primär von den Grünen aus und wird von Rot und Pink begeistert mitgetragen, aber die ÖVP ist aus Dummheit oder im koalitionären Druck nicht imstande, zu allen grünen Extremismen Nein zu sagen.

Noch ist aber für die Schwarzen nicht alles verloren: Denn es gibt noch eine weitere Umfrage, nämlich die nach der Kanzler-Priorität. Da schneidet einerseits Babler mit 20 Prozent noch schlechter ab als seine Partei, die von 22 Prozent unterstützt wird. Und da schneidet umgekehrt Karl Nehammer dramatisch besser ab als seine Partei. Denn er liegt statt bei 24 wie die ÖVP bei 32 Prozent. Er liegt damit Kopf an Kopf mit Herbert Kickl, den 31 Prozent als Kanzler wollen, also sogar eine Spur mehr als die FPÖ wollen (bei der sind es 30 Prozent).

Gerade dieses Kopf an Kopf beim Kanzler-Umfrageergebnis spricht ganz massiv dafür, dass ÖVP und FPÖ, wie schon einmal im Tagebuch erläutert, nach italienischem, ungarischem und vor allem skandinavischem Vorbild miteinander ein Wahlbündnis schon vor der Wahl bilden sollten, wollen sie nicht dauerhaft untergehen. Das müsste aus drei Punkten bestehen:

  • erstens die Vereinbarung von vier oder fünf inhaltlichen Eckpunkten;
  • zweitens die Zusage, bei Mehrheit eine Koalition zu bilden;
  • und drittens die Festlegung, jenen zum Kanzler zu wählen, dessen Partei beim Zieleinlauf die Nase vorne hat. Das hat zumindest in Italien unglaublich viele Sympathien für die Rechte erbracht.

Sollte ÖVP oder FPÖ aus irgendwelchen persönlichen Animositäten heraus das ablehnen, dann wird ihr das mit Sicherheit am Wahltag deutlich schaden. Und wir werden wieder trotz höchstwahrscheinlich anhaltender rechter Wählermehrheit mindestens eine linke Partei in der Regierung mit dabei haben, die alle sinnvollen politischen Beschlüsse blockiert.

PS: An der rechten Wählermehrheit wird auch der ORF nichts ändern können, selbst wenn er höchstwahrscheinlich die rasche Vermehrung der Zahl der linken Parteien dazu nutzen wird, um bei allen Diskussionen eine noch linkere Mehrheit auf den Bildschirm zu bringen.

PPS: Es wäre nicht mehr ganz überraschend, wenn sich in den nächsten Monaten noch eine – allerdings gemäßigte – linke Partei bilden würde: eine der gemäßigten und verantwortungsbewussten Sozialdemokraten. Derzeit häufen sich jedenfalls schon in mehreren Bundesländern die Protestaktionen gegen den Babler-Kurs. Das hat etwa im Innsbrucker Gemeinderat sogar zu so vielen Ausschlüssen geführt, dass dort die offizielle Babler-SPÖ nicht einmal mehr Fraktionsstatus hat.

PPPS: Die Tatsache, dass in den letzten Stunden die offiziellen SPÖ-Studenten in der Hochschülerschaft nun definitiv eine (im Tagebuch schon vor Tagen prophezeite) Koalition mit den Kommunisten eingegangen sind, wird zweifellos eine ganze Reihe weiterer Sozialdemokraten ins Nachdenken bringen. Waren die österreichischen Sozialdemokraten doch einst eine Partei, die sich lieber mit den Kommunisten geprügelt haben, statt mit ihnen zu kooperieren.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung