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Die meisten großen Wirtschaftskrisen sind durch Kriege, Energiekrisen, Pandemien oder durch die inflationären Folgen fahrlässiger Niedrigzinspolitik ausgelöst worden. Davon haben wir in letzter Zeit mehr als genug gehabt. Wir freuten uns daher, dass es zuletzt zwei gute Jahre gegeben hat. Doch scheint die nächste Krise schon ums Eck: Es ist eine eigentlich kaum beachtete und ökologisch sogar positive Verhaltensänderung, die droht, die Bankenwelt völlig durcheinander zu bringen.
Das ist der massive Trend zum Home-Office. Er ist langsam entstanden aus dem Versuch großer Unternehmen, Büroflächen einzusparen. Daher haben etliche schon vor Corona begonnen, ihren Mitarbeitern ein oder zwei Tage pro Woche zu erlauben im – elektronisch mit dem Unternehmen verbundenen – Home-Office zu arbeiten. Da außerdem immer ein Teil der Mitarbeiter krank, auf Dienstreise oder in Urlaub ist, da Abgänge nicht gleich nachbesetzt werden, konnten locker 10 bis 20 Prozent der Schreibtische eingespart werden. Wer ins Unternehmen kommt, muss sich mit seinem kleinen Container jeweils einen freien Platz suchen. Bis auf die Topebene hat niemand mehr einen eigenen Schreibtisch, da ja ohnedies alles elektronisch gespeichert ist.
Diese relativ harmlos klingende Entwicklung schien halt eine der üblichen Effizienz-Bemühungen der Wirtschaft zu sein. Mit Corona ist sie dann zu einer Lawine geworden. Viele Unternehmen haben gesehen, dass es erstaunlich gut funktioniert, wenn fast alle Mitarbeiter daheim arbeiten. Daher hat auch nach Corona nur sehr teilweise die Rückkehr ins Büro stattgefunden – haben sich doch viele Mitarbeiter an die Vorteile des Home-Office gewöhnt (sofern sie halt daheim einen eigenen Arbeitsraum haben).
Der Home-Office-Trend ist gekommen, um zu bleiben. Er löst aber auch einen dramatischen Rückgang des Bedarfs an Büroflächen aus. Das muss nicht nur den Benkos dieser Welt, sondern auch den Banken große Sorgen machen. Denn bisher waren Bürohäuser ein sehr beliebtes Pfand für große Kredite. Nun droht reihenweise der Rückfall der Bürohäuser an die Banken, die mit diesen aber nichts mehr anfangen können. Das kann die gleichen Folgen haben wie es zuletzt die Zinsänderungen für jene Banken hatten, die viele niedrigverzinste und daher stark an Wert einbüßende Staatsanleihen im Tresor haben.
Fast alle großen Umwälzungen beginnen in den USA: In deren zehn größten Bürodistrikten sind heute im Schnitt nur noch 50 Prozent der Angestellten im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit am Arbeitsplatz. Mehr als 20 Prozent der amerikanischen Büroräume stehen leer und suchen Käufer am Markt. Die New Yorker U-Bahn meldet ein anhaltendes Minus gegenüber früher.
Diese Entwicklung wird noch verschärft durch Amazon & Co, die den Bedarf an Handelsflächen schrumpfen lassen, und durch den Trend zur Künstlichen Intelligenz, der etliche Bürojobs überflüssig macht. Gleichzeitig lassen sich aber die bisher so ertragbringenden Bürohäuser kaum in Wohnraum verwandeln – ganz abgesehen davon, dass die Menschen ihre Wohnung samt Home-Office keineswegs in Bürotürmen in Stadtzentren haben wollen.
Ich schreibe in jeder Nummer von Österreichs einziger Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung "Börsen-Kurier" die Kolumne "Unterbergers Wochenschau".