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Skandal-Nudel und totale Unfähigkeit

Die erste Reaktion auf den Gipfelpunkt der SPÖ-Groteske war wohl nicht nur bei mir ein Blick auf den Kalender: Ist am Ende 1. April? Aber nicht einmal rote Kalender dürften so weit hinterherhinken, dass die Genossen Anfang Juni noch Aprilscherze versuchen und alle zwei Tage zum Spaß einen anderen Wahlsieger präsentieren. Nein, die Wahrheit ist eine viel bitterere. Ja, sie ist hinter verständlich lautem Gelächter bitter für das Land, weil die SPÖ immerhin eine Partei ist, der zumindest noch vor wenigen Tagen bei Umfragen rund 24 Prozent der Österreicher vertraut haben. Diese bittere Wahrheit lautet auf den Punkt gebracht: Die SPÖ ist eine Partei der absoluten Unfähigkeit. Da können noch so viele ORF-Comedians Propaganda für die Genossen machen: Die wirkliche Satire der Republik ist der Anspruch dieser Sozialdemokraten, sich zum Regieren größerer Einheiten als der Heurigengemeinde Traiskirchen oder des ebenfalls weinseligen Burgenlandes imstande zu halten. Das angeblich auf falsches Eintragen in eine Excel-Tabelle zurückzuführende Vertauschen der Wahlergebnisse des Parteitags ist noch dazu keineswegs die einzige Peinlichkeit, die die Partei geliefert hat. Sie ist nur der bisherige Höhepunkt einer Serie demaskierender Pannen. Diese Serie hat eine Reihe logischer Konsequenzen. Im In- und Ausland.

International sind die Folgen für das Image aller Österreicher katastrophal. "Wie blöd sind die denn?" kann man etwa jetzt schon in der Bild-Zeitung lesen. Da werden viele alte Vorurteile wiederbelebt. Auch mit Babler ist die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands nicht gerade zimperlich. Wörtlich: "Nach dem Wahl-Skandal hat die SPÖ nun eine waschechte Skandal-Nudel an ihrer Spitze. Denn Babler, der als Parteichef 2024 die SPÖ nach Olaf-Scholz-Vorbild aus dem Tief ins Kanzleramt führen soll, ist ein EU- und Nato-Gegner – und ein waschechter Wiener Salon-Kommunist."

Aufwind für Rechtsparteien

Jetzt spricht alles dafür, dass die nächste Regierung nur eine von ÖVP und FPÖ gebildete sein kann. So blind, taub und intelligenzbefreit können nämlich jene, die der SPÖ zuletzt trotz allem noch die Treue gehalten haben, eigentlich nicht sein, dass sie dies auch weiterhin tun wollen. Und Herbert Kickl ist für dieses Land nicht einmal halb so schlimm wie Andreas Babler.

Überdies sind jetzt schon viele Österreicher überzeugt, dass bei der SPÖ nicht totale Unfähigkeit, sonders zynische Manipulation stattgefunden hat. Es ist nämlich absolut unglaubwürdig, dass einfach zwei Zahlen in einer elektronischen Liste vertauscht worden sind und dass das zwei Tage niemand gemerkt hat. Es ist eigentlich undenkbar, dass in der ganzen Wahlkommission niemand auf einem Zettel mitgeschrieben hat. Noch undenkbarer ist, dass einer in die entscheidende Excel-Liste eintragen kann, was er will, und kein anderer aus der Wahlkommission zumindest bei der Verkündigung im Plenum aufschreit: "Wir haben doch ganz anders gezählt!"

Gerade bei einer so knappen Schlüsselentscheidung hätte das niemals ohne Check und Double-Check passieren dürfen, wenn man seriös und ernsthaft sein will. Wer irgendwie an die Demokratie glaubt, wer also an die Klugheit der Bürger glaubt, der ist jetzt überzeugt, dass eine Partei nicht gewählt werden wird, die nicht einmal imstande ist, eine Abstimmung von der Komplexität einer "Klassensprecher-Wahl" durchzuführen (Copyright der Servus-TV-Redakteur Paar).

Auch schon die letzten Wochen waren eine einzige SPÖ-Skandalkette. Das am meisten Provozierende war die Tatsache, dass man zuerst eine Urwahl unter allen Parteimitgliedern macht, dass aber danach der Parteitag noch einmal wählt, und zwar jemand anderen! Was müssen sich die einfachen Genossen jetzt denken, was sie in dieser Partei wert sind, die sich die Mühe gemacht haben, an dem Votum teilzunehmen, und die dieses nachträglich für irrelevante Makulatur erklärt sehen?

Zusätzlich empörend: Ausgerechnet jener Mann, der in jede Rede Phrasen von sich selbst als angeblich kleinem Mann eingebaut hat, wird von der Funktionärsklasse gegen den Willen der einfachen Parteimitglieder an die Spitze gehievt.

Dabei hatte diese Funktionärs-Kaste wochenlang so getan, als ob sehr wohl die Wahl durch die Mitglieder entscheidend sei und der Parteitag halt nur pro forma noch einmal abstimme, weil es rechtlich im Statut so vorgesehen sei.

Das beweist, dass die Stärke des Herrn Babler aus Traiskirchen in der Funktionärsklasse liegt, die man mit romantisch-wirklichkeitsfremden Marxismus-Phrasen einkochen kann, und eben nicht bei den kleinen Parteimitgliedern oder gar den Wählern. Wäre er glaubwürdig mit seinem Gerede von Demokratie, würde Babler zumindest jetzt eine Stichwahl mit Doskozil durchsetzen. Das wäre zwar noch einmal eine Schleife, aber ohne diese Schleife könnte man Babler künftig kein Wort glauben.

Daneben verblassen fast die übrigen Hoppalas der letzten Wochen. Etwa die schon hier erwähnten sprachlichen. So war der Wortlaut des SPÖ-Stimmzettels zumindest für alle jene unerträglich, die der deutschen Sprache noch mächtig sind: "Ich bin dafür, dass …" (dann stehen die drei Namen Rendi-Wagner, Doskozil, Babler und jeweils ein Text "Vorsitzender der SPÖ wird") "Keine*n der genannten Bewerber*innen."

Aber auch am bisherigen Ende der Dauergroteske findet sich ein neues sprachliches Hoppala, nämlich in einer Äußerung des neuen SPÖ-Chefs Babler: Er  behauptet, die "Zuweisung (des Sieges am Parteitag an Hans Peter Doskozil) war scheinbar falsch". Dieser Satz würde nur dann das treffen, was Babler gemeint haben dürfte, hätte er statt "scheinbar" das Wort "anscheinend" verwendet. Nimmt man Babler jedoch wörtlich, dann hieße das: Er sieht doch in Doskozil den echten Sieger.

Aber deutsches Sprache halt schweres Sprache.

Nicht nur die zwei Tage unkontrolliert gebliebene, extrem geschluderte und nur durch Zufall entdeckte Stimmauszählung der Parteitagsvoten war skandalös, das war auch schon die unfassbare zwölf Tage dauernde Zeitspanne nach der Mitglieder-Abstimmung zwischen Abgabe der letzten Stimmen und der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Kein Wunder, dass jetzt ein langjähriger Innenpolitik-Journalist vor dem Hintergrund des Hasses der Wiener Rathauspartei auf den Burgenländer Doskozil sogar an mafiöse Verschwörungstheorien glaubt: "Die Wiener Partei um Michael Ludwig ist schlauer als gedacht."

Noch viel schlimmer als all die organisatorischen und sprachlichen Unfähigkeiten einer einst großen Partei sind die inhaltlichen Positionen des Herrn Babler, mit denen man sich jetzt allen Ernstes befassen muss, da er Parteichef der SPÖ geworden ist – oder genauer: geworden sein dürfte. Man weiß ja nicht, was in der SPÖ noch alles passiert ...

Mit diesen Inhalten ist gar nicht mehr zu spaßen zumute: Denn wer zu einem Zeitpunkt, da das Land in sämtlichen Berufen (mit Ausnahme von Betriebsräten und Gleichstellungsbeauftragten) einen Mangel an Werktätigen hat, unter dem alle Bürger immer mehr leiden, egal ob sie einen Handwerker oder einen Arzt brauchen – wer da eine drastische Arbeitszeitverkürzung für alle verspricht, sollte eigentlich direkt zum Psychiater gehen. Oder er ist der ärgste Zyniker des Landes.

Das gilt auch für jemanden, der sich nach 80 Millionen Mordopfern von Tätern, die sich auf Karl Marx berufen, noch immer zu diesem Marx und dessen Lehren bekennt.

Völlig irre Ahnungslosigkeit ist auch aus Bablers Geschwafel über die EU abzulesen, die "das aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat" sei, die an "wirtschaftliche Interessen der Mitgliedstaaten außerhalb der EU" gebunden sei.

Soweit aus seinen Worten ein konkreter Sinn erkennbar ist, wünscht er größeren Vermögen (aber wohl eher nicht dem Wirtschaftsimperium des Wiener Rathauses …) eine weitgehende Enteignung an den Hals und Österreich noch viel mehr illegale Immigranten aus der Dritten Welt.

Die linksradikalen Babler-Freunde in vielen Medien versuchen all seine wirren Worte damit zu verteidigen, dass er halt zu träumen bereit sei. Und das sei doch schön. Nun, auch jeder von uns träumt oft von etwas Irrealem und Widersinnigem. Aber in aller Regel halten nur sehr wenige Bürger laute Träumereien eines Politikers für eine gute Grundlage, ihn auch zu wählen.

Statt von Träumereien könnte man besser zutreffend auch von "grün-linker Fundipolitik" reden, die der SPÖ jetzt zweifellos bevorsteht. Diesen Ausdruck hat Doskozil schon für ein früheres SPÖ-Programm geprägt, das noch lange nicht so links war, wie das, was Babler schon von sich gegeben hat.

Dass linke Träumereien keine Wahlen gewinnen, haben international bereits andere Linksparteien erlebt. Das, was bei unreifen Studenten und Bobo-Zirkeln gut ankommt, führt bei den Wählern zu krachender Ablehnung:

  • Siehe Jeremy Corbyn in Großbritannien, der 2019 als Linkssozialist im Geist der 80er Jahre seine Partei in die schwerste Niederlage der letzten 80 Jahre geführt hat.
  • Siehe Bernie Sanders in den USA, der bei den demokratischen Vorwahlen fast gegen Hillary Clinton und dann Joe Biden gewonnen hätte, weil er ähnlich wie Babler mit sozialistischen Utopien die jungen linken Parteifreunde begeistern konnte, der aber bei den allgemeinen Umfragen immer katastrophal abgeschnitten hat.
  • Siehe die SPD in Deutschland, wo die Basis der Partei vor drei Jahren mit Saskia Esken und Norbert Walter-Bojans zwei völlig unbekannte und unattraktive, aber brav links-dogmatische Parteichefs gewählt hat (die dann aber klug genug waren, im Parlaments-Wahlkampf den Pragmatiker Olaf Scholz an die Spitze zu stellen).

Wer in der österreichischen Parteienlandschaft wird innenpolitisch vom SPÖ-GAU profitieren? Auch wenn es vorerst keine Meinungsumfragen gibt, dürften das nach aller Logik FPÖ, ÖVP und Neos sein.

ÖVP wie FPÖ werden etliche jener Wähler gewinnen, die wegen der immigrationskritischen Äußerungen des Hans Peter Doskozil und/oder wegen der bürgerlich staatstragenden und europafreundlichen Attitüde der Pamela Rendi-Wagner bisher bei der SPÖ geblieben sind, während sie mit den vielen linken Forderungen Bablers nichts anfangen können.

Die Neos wiederum dürften jene SPÖ-Wähler auffangen, die zwar in den meisten Fragen (von der Migrations-Unterstützung bis zur Schwulen-Orientierung) sehr weit links stehen, die aber zumindest wirtschaftspolitisch vernünftig denken und EU-orientiert sind, die daher mit Babler absolut nichts anfangen können.

Weniger profitieren als noch ein paar Stunden zuvor erwartet dürften hingegen Grüne, KPÖ und Bierpartei – es sei denn, Babler vollzieht noch einen gewaltigen Schwenk zur Mitte, der freilich zugleich seiner persönlichen Glaubwürdigkeit gewaltig schaden würde. Der Traiskirchner spricht genau das gleiche Biotop an, in dem auch diese Parteien nach Wählern schürfen. All diese drei Gruppierungen sind ja andererseits überhaupt nur deswegen aufgeblüht, weil manchen Wählern die SPÖ nicht linksradikal genug gewesen ist. 

PS: Unter unzähligen Pointen zur SPÖ-Groteske seien die drei Besten zitiert:
- Die Gemeinde-Wien-eigenen Büchereien empfehlen als ironischen Buchtipp des Tages "Excel 2021 – Die Anleitung in Bildern. Sehen wie’s geht."
- Ein Meme setzt Babler mit Jesus gleich: "Nach 3 Tagen ein komplett wildes Comeback hinlegen".
- Oder: "Der GAK ist doch aufgestiegen. Der ÖFB hat sich nur verzählt."

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