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Es war ein Match Oberösterreich gegen Niederösterreich, bei dem der Ober klar den Unter besiegt hat. So weit so normal im Wirtschaftsleben – hätte sich nicht von der Zuschauertribüne wieder einmal überflüssigerweise die Politik eingemischt. Sie war zugegeben von den Medien und der üblen österreichischen Mentalität getrieben: "Da muss man doch etwas tun". Nein, lieber roter Andreas Babler, lieber schwarzer Sebastian Kurz, lieber blauer Herbert Kickl: Es geht die Politik gar nichts an, wenn ein Unternehmen ins Schleudern gerät.
Die Halbierung des Möbelkonzerns Leiner-Kika und die Tatsache, dass 1900 Mitarbeiter jetzt einen neuen Job suchen müssen, ist keine Katastrophe. Schon gar nicht in Zeiten, da alle Welt, auch der Handel, ohnedies händeringend nach neuen Mitarbeitern sucht. Warum soll man sie dann bei einem Defizit produzierenden Unternehmen halten?
Dennoch macht sich wieder einmal die Gewerkschaft wichtig. Aber in Wahrheit bestätigt – auch – der tiefe Fall des niederösterreichischen Möbelunternehmens nur, wie überflüssig und kontraproduktiv die Gewerkschaft ist. Für die Arbeitnehmer sind nur zwei Sachen wichtig: Erstens die Führung und der Erfolg des eigenen Unternehmens; und zweitens die allgemeine wirtschaftliche Lage insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Da dieser boomt, ist der Rest in Wahrheit nur eine Meldung für den Wirtschaftsteil, und nicht der medialen und politischen Aufregung wert. Und an beiden Faktoren kann die Gewerkschaft kein Jota verändern.
Jedoch der neu gewählte (oder formalrechtlich doch nicht gewählte) SPÖ-Chef hat sofort versucht, den Leiner-Fall zu nutzen, um von der größten Peinlichkeit der Parteigeschichte abzulenken. Das ist die wochenlange Pannenproduktion bei der Vorsitzendenbestellung. Zumindest ist sie das in dieser Skandalpartei, seit Werner Faymann auf dem Rathausplatz ausgepfiffen worden ist, seit die SPÖ-geführte Justiz den für die Parteiführung unangenehm gewordenen Franz Olah ins Gefängnis gebracht hat, seit den Silberstein-Gaunereien des Herrn Kern, seit der Waldheim-Denunziation unter Fred Sinowatz, seit dem Champagnisieren des Herrn Gusenbauer mit den Österreich-Boykottierern und seit dem im Partei-Dunstfeld inszenierten Ibiza-Lauschangriff.
Aber auch für die ÖVP ist der Fall Leiner peinlich. Denn es war ihr Bundeskanzler Sebastian Kurz, der unbedingt zum Retter des krachenden Möbelhauses werden wollte, und der daher den allzu windschlüpfrigen Herrn Benko geholt hat (oder sich als dessen Holer präsentiert hat). Dabei war schon damals das Geschäftsmodell Benkos klar: Er ist am Ende einzig an den Grundstücken interessiert. Egal, was auf diesen draufsteht. Ein ganz ähnliches Spiel betreibt Benko ja auch schon seit längerem bei einer großen deutschen Kaufhauskette, die in ganz ähnlichen Schwierigkeiten steckt wie Leiner-Kika.
Die Benko-Geschäftemachereien dürften alle legal sein. Sie sind aber nicht etwas, was sich die Politik an den Hut stecken sollte. Am Ende gewinnen immer die Geschäftemacher. Höchstwahrscheinlich wäre Benko auch ohne politische Kuppelei gierig auf Leiner gewesen, genauer: auf die Grundstücke des Möbelhauses.
Aber was hätte die Politik sonst tun sollen? Gar nichts! Sie hätte halt damals keinen kurzfristigen PR-Erfolg erzielt, dafür aber auch später keinen langfristigen PR-Schaden erlitten. Das Unternehmen war jedenfalls schon damals todgeweiht und das Match gegen die oberösterreichische Konkurrenz war verloren. Was ja schon von außen der häufige Eigentümerwechsel zeigt. Nichts ist ewig, zumindest auf Erden. Schon gar nicht im Wirtschaftsleben.
Gute Wirtschaftspolitik besteht nicht in spektakulären Rettungen einzelner Unternehmen, während alljährlich Tausende andere in Konkurs gehen, sondern in den richtigen Rahmenbedingungen für alle Unternehmen. Das hätte man schon in den frühen 80er Jahren lernen können, als Bruno Kreisky die kaputte Staatsindustrie durch serienweise Interventionen retten wollte (etwa indem er ihr große Aufträge aus dem längst ebenfalls kaputten Osteuropa verschafft hatte – die wir mit Krediten bezahlen mussten, welche die österreichischen Steuerzahler noch lange sehr teuer gekommen sind) und die dann unter seinen Nachfolgern doch aufgegeben werden musste.
Die richtigen Rahmenbedingungen sorgen für ein gutes Umfeld für alle Unternehmen, ob sie nun altbekannt und daher spektakulär sind wie Leiner oder Tausende unbekannte Kleinstunternehmen. Immer geht es darum, dass mit diesen Rahmenbedingungen die Basis gelegt wird, dass möglichst viele Unternehmen Steuern zur Finanzierung des Staates (von der Polizei bis zu den üppigen Sozialleistungen) und Arbeitsplätze für die Menschen des Landes schaffen. Die wichtigsten dieser Bedingungen:
Die Politik hätte also genug zu tun für die Wirtschaft – also für uns alle. Und es ist dabei ganz natürlich, ja geradezu gut, wie einst Joseph Schumpeter brillant gezeigt hat, wenn immer wieder Unternehmen in Konkurs gehen. Denn dadurch haben die gesunden, gut geführten, zukunftstauglichen (manchmal auch glücklicheren) erst den notwendigen Platz, hätten ausreichend Kapital und Mitarbeiter, um aufzublühen.
Natürlich macht es melancholisch, wenn ein alter Familienbetrieb abhaust. Aber ein solches Abhausen hat eben viele Wurzeln und Ursachen. Eine davon war sicher, dass die großen unternehmerischen Gründungsväter letztlich keine geeigneten Erben hatten, die das etwas altvatrische Unternehmen in die Wirtschaftswelt des 21. Jahrhunderts hinführen hätten können.
Man könnte nun lange sinnieren, warum das so gewesen ist – irgendwie kommen mir Thomas Manns Buddenbrooks in den Sinn –, und warum es schon wieder einmal ein oberösterreichisches Unternehmen, nämlich die Lutz-Gruppe, ist, die den Niederösterreichern vorgezeigt hat, wie man es richtig macht. Vielleicht ist es ja auch nur Zufall, dass Oberösterreich das wirtschaftlich erfolgreichste Bundesland ist.
Es gibt jedenfalls im Grund nur einen Bereich, wo es legitim ist, dass die Politik eingreift – was immer heißt: den Steuerzahler belastet –, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist: Das sind die Banken. Dort nämlich kann ein Konkurs einen allgemeinen Tsunami auslösen: Wenn die Sparer bei einer Bank ihr Geld nicht mehr abheben können, dann beginnen auch die Sparer bei allen anderen Banken nervös zu werden und tauschen ihre Sparbücher in Banknoten oder Golddukaten um. Das reißt dann weitere Banken und Tausende Unternehmen ins Verderben und kann eine gewaltige Wirtschaftskrise auslösen. Und die ist schon schlimm genug, selbst wenn sie keinen neuen Hitler nach oben spült.