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Wie die ÖVP die Wahl noch gewinnen könnte

In den letzten Jahren war es die Regel, dass Österreich den deutschen Nachbarn immer wieder als Vorbild vorzuhalten war. Das galt insbesondere für die ÖVP im Vergleich zur CDU/CSU. Das ist seit kurzem erstmals zumindest in einem der wichtigsten gesellschaftspolitischen Bereiche anders. Das lässt erstmals die Perspektive auf eine echte Wiederbelebung der deutschen Union aufkommen. Und das macht zweitens immer rätselhafter, warum die ÖVP nicht inhaltlich Positionen besetzt, wo sie mit mehrfach abgesicherter Gewissheit eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hätte. Und die auch nicht Milliarden kosten (wie jeder einzelne der vielen Vorschläge in der SPÖ). Kurz gefasst könnte man – leicht erstaunt – sagen: Von Berlin lernen heißt wieder siegen lernen (mit nachträglicher Ergänzung).

Es geht um das sogenannte Gendern, um die unerträglichen Sprachverrenkungen, die gemacht werden, nur weil ein paar linksradikale Feministinnen behaupten, dass ohne das Gendern die Frauen in der Gesellschaft "nicht sichtbar" wären. Inzwischen verlangen auch schon Transvestiten (also jene seltsamen Männer, die es sexuell genießen, wenn sie sich in Frauenkleider hüllen) und Schwule aller Lustrichtungen, dass auch sie ständig sichtbar gemacht werden.

Das geschieht, wie jeder Deutschsprechende Abertausende Male erfahren hat, durch unaussprechliche Doppelpunkte, durch Unterstriche, durch Binnen-Is, durch Sternchen und durch ständige Zungenbrecher wie "Expertinnen und Experten, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Politiker und Politikerinnen". Oder noch schlimmer durch Wortneuschöpfungen wie die "Studierenden" (auch für Menschen, die zwar inskribiert, aber fast nie studiert haben!) oder durch die Umbenennung beispielsweise einer "Wandererhütte" in "Wanderndenhütte" oder durch dicke neue Sprachbücher, die aus einem Bauern einen "landwirtschaftlich Beschäftigten" machen.

Es ist kein Zufall, dass es vor den Genderisten fast nur die Nazis und dann die Kommunisten waren, die die Bürger zwingen wollten, ihre Sprache zu ändern, und bestimmte Vokabel durch andere zu ersetzen, die gleich die angeordnete ideologische Botschaft transportieren. Kommunismus, Nationalsozialismus und der Genderismus als Speerspitze der sozialistischen Familienfeindlichkeit (die sich etwa auch in der Skurrilität des täglich wechselbaren sozialen Geschlechts anstelle des biologischen Geschlechts wie auch im Schwulen- und Trans-Kult äußert), ähneln sich in ihrem totalitären Anspruch auch sonst frappierend.

Zurück zum Vergleich Deutschland-Österreich, der sich in den letzten Jahren in zwei Situationen besonders deutlich gezeigt hat:

  • Einige Jahre nach Beginn des Jahrtausends waren in der Ära Schüssel alle deutschen Zeitungen voll von sehr schmeichelhaften Vergleichen, dass Österreich wirtschafts- und sozialpolitisch vieles richtiger macht als Deutschland.
  • In der Ära Kurz stellten viele deutsche Bürgerliche das – zumindest dem äußeren Eindruck nach – sehr starke Engagement Österreichs gegen die illegale Migration der alle Tore öffnenden Politik unter Angela Merkel als positives Vorbild entgegen.

Jetzt gibt es erstmals ein sehr eindrucksvolles Signal in der Gegenrichtung, also eine Position, wo zumindest ein Teil der CDU der ÖVP weit voraus ist: Es wurde vom neuen Berliner Bürgermeister Kai Wegner gesetzt. Er sprach sich jetzt, knapp nach seinem Amtsantritt (nachdem die CDU jahrzehntelang in Berlin in der Opposition gewesen war) klar und deutlich gegen die Gendersprache in der Verwaltung aus. Dieser Schritt ist doppelt mutig, weil Wegner ja auf die Sozialdemokraten als Koalitionspartner angewiesen ist, die mit der (gerade in Berlin mit seinen vielen Nomenklatura-Nachfahren des DDR-Machtapparats starken) Linkspartei und den Grünen eine alternative Mehrheit hätte. Daher ringt Wegners Entscheidung doppelte Anerkennung ab.

Wegner begründet diese völlig richtig damit, dass das Gendern die ohnedies komplizierten Verwaltungstexte noch viel komplizierter macht: "Wir erwarten ja auch von Menschen, die nach Deutschland kommen, dass sie Deutsch lernen; und gerade die Behörden sollen es ihnen nicht unnötig schwer machen."

Wir lernen: Auch konservative Parteien sind lernfähig. Denn sonst glauben sie ja oft, viele Schwachsinnigkeiten mitmachen zu müssen, um nur ja nicht verzopft zu wirken. Erst langsam kommen sie darauf, dass sie damit die Unterstützung vieler Bürger (beiderlei Geschlechts) verlieren. Werden die Bürger doch nie so oft mit den Folgen krasser Fehlentscheidungen der Politik konfrontiert wie beim abendlichen Besuch der beim Gendern besonders penetranten gebührenfinanzierten Fernsehstationen. Das gebührenfinanzierte Gendern tönt jeden Abend zahllose Male aus den Fernsehapparaten und verärgert Millionen beiderlei Geschlechts (oder in Österreich: Hunderttausende), wie zahllose Meinungsumfragen bestätigen. Die derzeit so viel diskutierte Inflation hingegen entdecken die meisten Menschen nur beim Besuch im Supermarkt.

Umso unverständlicher ist, dass in Österreich die ÖVP das Gendern seit vielen Jahren mehr oder weniger widerspruchslos mitmacht. Das bezieht sich nicht nur auf die jetzige Regierung unter dem Mister Vorsicht Nehammer, der ständig Rücksicht auf seinen grünen Koalitionspartner nehmen muss. Das war auch unter Vorgänger Kurz nicht anders, obwohl der in vielen anderen Fragen eine große Begabung hatte, den Willen des Volkes zu erspüren; obwohl der zwei Jahre mit den Freiheitlichen die Chance hatte, ohne Linkspartei zu regieren. Das war aber auch unter den Vorgängern von Kurz als ÖVP-Chef nicht anders. Ständig hatte irgendjemand in der ÖVP Angst vor einer mutigen konservativen Politik.

Dabei ist völlig klar: Nur mit einer solchen hätte die ÖVP die Chance, bei der nächsten Wahl zur Nummer eins zu werden. Statt viel Geld für politische Berater auszugeben, würde ein Wahlprogramm aus folgenden sechs Punkten genügen und mit absoluter Sicherheit einen ÖVP-Sieg einfahren (wobei etliche dieser Punkte ja schon in anderen Tagebuch-Texten erläutert worden sind):

"Wir gehen nur in eine Regierung, die

  1. das Gendern in allen amtlichen Texten abschafft;
  2. die Gebühren- oder Steuerfinanzierung des ORF abschafft;
  3. keine Steuern erhöht;
  4. die freie Wählbarkeit des Geschlechts verhindert;
  5. vorsätzliche Blockaden und öffentliche Nötigungen strafrechtlich ahndet; 
  6. und die direkte Demokratie einführt."

Man müsste schon dramatische Fehler in vielen anderen Politikfeldern machen, um trotz eines solchen Programms nicht die Wahlen zu gewinnen (so wichtig die anderen Politikfelder von der Demographie- über die Migrations- und die Wirtschafts- bis zur Sicherheitspolitik auch sind). So schwer ist das eigentlich nicht, wenn man Wahlen gewinnen will. Aber vielleicht will man das bei der ÖVP ja gar nicht, und ist durchaus froh, den Freiheitlichen ein diesbezügliches Alleinstellungsmerkmal zu überlassen, die ja konsequent aufs Gendern verzichten.

(Nachträgliche Ergänzung: Nachträglich hat Wegner seine Absage ans Gendern teilweise relativiert – ganz offensichtlich ist der Druck der Linken zu stark geworden: Er habe kein Verbot des Genderns ausgesprochen, er werde nur selber nicht gendern).

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