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Wenn Wissenschaft gefährlich wird

Denken, sagte der große österreichische Philosoph Rudolf Burger gerne, Denken ist gefährlich – denn man weiß nie, was dabei herauskommt. Genauso gefährlich sind wissenschaftliche Studien. Das Ergebnis kann einem passen oder auch nicht, solange die Methoden stimmen, ist die Wissenschaft frei. Allerdings stimmt das leider nicht mehr ganz: Es hat sich eingebürgert, dass Studien, die den Islam betreffen, vor dem gestrengen Auge von muslimischen Vereinen standhalten müssen, sonst wird ihnen die Wissenschaftlichkeit gleich einmal abgesprochen.

Der Religionswissenschaftler Ednan Aslan hat in den vergangenen Jahren mit einer Studie über Wiener Kindergärten mit besonderen Bezügen zum Islam und mit einer Islamlandkarte Österreichs heftige Kontroversen innerhalb der islamischen Community ausgelöst. Das mündete in Versuchen, seine wissenschaftliche Reputation zu schädigen. Nun wurde unter seiner Ägide eine Untersuchung gestartet, die über Effekte des islamischen Religionsunterrichts an Österreichs Schulen Aufschluss geben soll.

Neben Wissensfragen über den Islam enthielt der Fragebogen auch Statements, denen die befragten Schüler zustimmen oder die sie ablehnen konnten. Und an diesen Fragen kocht nun die Aufregung der Muslimischen Jugend Österreichs, der Initiative Diskriminierungsfreies Bildungswesen (IDB), des Vereins ZARA- Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit und der Dokustelle Islamfeindlichkeit- und Antimuslimischer Rassismus hoch.

Denn da wurden doch glatt Dinge abgefragt wie "Sollen Frauen für unsittliches Verhalten bestraft werden?" Oder: "Sind Männer Schwächlinge, wenn sie keine Gewalt anwenden?" Daran und an ähnlichen Themen hängen die organisierten Muslime ihre Empörung auf: Rassistisch und tendenziös sei das, ja sogar vorgefertigte Ergebnisse werden der Aslan-Studie unterstellt.

Zu solchen Vorwürfen kommt man nur über ein eigenartiges Verständnis von wissenschaftlichen Untersuchungen. Wenn herausgefunden werden soll, ob der islamische Religionsunterricht an unseren Schulen jene uns mittelalterlich anmutenden Ansichten, die in islamischen Ländern weit verbreitet sind, weiter verfestigt oder nicht, dann muss man nach diesen Ansichten fragen. Und man kann nur Schüler dieser Glaubensrichtung fragen – die sich allerdings "stigmatisiert" fühlen, wenn die anderen Schüler nicht befragt werden. Das ist alles andere als rassistisch – schließlich stand den Schülern frei, mit ja oder nein zu antworten. Und sogar wenn das Ergebnis bestürzend wäre und womöglich eine Mehrheit an Zustimmung ausweist, dann sind es immer noch nicht die Fragen, die rassistisch sind.

Doch die Anti-Diskriminierungswächter wollten entweder gar nicht erst riskieren, dass das Ergebnis auf solche Denkmuster hinweist, die jeder Möglichkeit zu einer Integration in unsere Gesellschaft zuwiderläuft, oder sie befürchteten ein einschlägiges Ergebnis. Also musste die Studie abgedreht werden, bevor womöglich unangenehme Fakten zutage gefördert werden.

Das ist auch geglückt – ein Zuruf und Wissenschaftsminister Martin Polaschek distanziert sich sofort von dem Institut, das er eigentlich vor Angriffen außerwissenschaftlicher Interessen schützen müsste. Die Zeiten, in denen religiöser Glaube die Grenzen der Wissenschaft mit brennenden Scheiterhaufen absteckte, sollten nicht nur für die katholische Kirche vorbei sein. Das sollte auch einem Minister klar sein.

Ein Problem verschwindet nicht dadurch, dass man es nicht benennen darf. Und all die protestierenden Vereinigungen sollten an wissenschaftlichen Hinweisen interessiert sein, dass ihre Religion kein Integrations-Hindernis darstellt. In Linz sind bereits die muslimischen Volksschüler den katholischen zahlenmäßig überlegen – bald wird das überall städtischer Schul-Alltag sein. Und da soll man nicht danach fragen dürfen, wie sich ein Religionsunterricht auf die Werte auswirkt, nach denen wir das Zusammenleben in unserem Land organisieren?

Ednan Aslan bemüht sich seit Jahren, einen Beitrag zu einem besseren Zusammenleben zu leisten. Dafür greift er auch Themen an, die schwierig sind und die ihm seine Glaubensbrüder übelnehmen. Das müsste ihm der Wissenschaftsminister eigentlich hoch anrechnen statt sich wegzuducken. Die Probleme des Zusammenlebens, vor die Österreich gestellt ist, müssen gelöst und nicht verdrängt werden. Davon kann sich auch Polaschek nicht distanzieren.

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